Missionar Stendal: «Gott tut etwas und die Rebellen sind Teil davon»
Seit einem halben Jahrhundert wütet der Bürgerkrieg in Kolumbien, zuletzt flachte er ab. Gegenüber dem christlichen Werk «Open Doors» sagte Ivan Marquez, Hauptunterhändler der Aufständischen, den Kämpfern sei freigestellt, der Religion ihrer Wahl nachzugehen. Guerilleros der FARC können also heute Christen werden, ohne dafür umgebracht zu werden.
Diese «Kommandantes» pflegen eine unerwartete Freundschaft: Nämlich zu Russell Martin Stendal, einem Missionar, den die Gruppe für rund fünf Monate verschleppt hatte.
«Apostel des Friedens»
Sein grosser Wunsch war, dass seine Kidnapper über Jesus Christus informiert werden. So gründete er «Colombia for Christ». Wenn der Glaube angenommen wird, könne das die Herzen der Kämpfer verändern und dies alleine werde die Gewalt beenden, dachte Stendal.
An der Spitze sei die christliche Botschaft inzwischen durchgedrungen. Ivan Marquez bezeichnet Russell als «ein Apostel des Friedens, dessen Worte ein günstiges Umfeld schaffen, um die Suche nach Frieden voranzubringen, der uns auf unserer Reise auf der Suche nach einer politischen Lösung für den kolumbianischen Konflikt ermutigt.»
Russel lebt seit seiner Kindheit in Kolumbien, er war Kind von Linguisten von Wycliffe-Bibelübersetzern. Verschiedentlich geriet er zwischen die Fronten von Staat, linken Rebellen und rechten Paramilitärs – bereits bei allen sass er schon hinter Gittern, doch vor kurzem sagte die Staatsanwältin, die sich mit ihm beschäftigte, er sei ein Segen für Kolumbien und keine Bedrohung.
Kriegsende in Sicht
Die kommunistisch-atheistische FARC finanzierte sich unter anderem durch Drogenhandel und Erpressung. Insbesondere protestantische Kirchen sahen sie als ideologische Bedrohung. Deshalb wurden christliche Gemeinden von ihnen bedroht, manche zerstört und etliche Jugendliche aus christlichen Gemeinden wurden entführt und als Kindersoldaten rekrutiert.
Inzwischen ist die alte Führungsgarde der Gruppe tot und der Kalte Krieg vorbei. Zeichen der Offenheit gegenüber den Christen sind wahrzunehmen. Zudem scheint die Gruppe davon abzukommen, ihre Ziele mit Gewalt durchzusetzen.
Aktuell fordern die Rebellen Land für die Armen, Sitze im Parlament und Straffreiheit, wenn sie die Waffen abgeben. Die Kolumbianer wünschen sich einerseits, dass die Verbrechen gesühnt werden und andererseits, dass der Krieg zu Ende geht.
Keine Morde mehr
In etlichen Gebieten hatte die FARC die Rolle des Staats gespielt, in etlichen Gegenden des zerklüfteten Urwald- und Berggebietes hatten Bewohner nie eine institutionalisierte Obrigkeit gekannt. Unter anderem ist auch das religiöse Leben in einem Edikt geregelt: «Evangelisationskapellen werden nur in Kreisstädten gebaut», lautet ein Punkt und ein anderer: «Pastoren und Priester werden ihre Messen nur in Kirchen in Kreisstädten feiern.»
Im Jahr 2014 ereigneten sich mehrere Übergriffe auf Christen – aufgrund deren Glaubens. Laut Stendal ist der Versuch, Kinder zu indoktrinieren und zu rekrutieren immer noch verbreitet. Religiös motivierte FARC-Morde habe es seit 2009 nicht mehr gegeben, aber Predigtverbote und Kirchenschliessungen.
Änderung setzt ein
Stendal sagt, dass er gesehen habe, wie hunderte FARC-Mitglieder Christen wurden. Typischerweise trete eine Änderung der Handlungen ein. Untaten werden beispielsweise ausgelassen und sie werben für ihren neuen Glauben.
Er sei optimistisch, weil er bemerke, wie Gott auf allen Seiten des Konflikts Herzen verwandle. «Sie haben uns empfangen, und Gott hat seinen Fuss in der Tür. Gott tut in Kolumbien eindeutig etwas, was sich auf die ganze Welt auswirken wird, und einige Rebellen sind Teil davon.»
Datum: 04.03.2015
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / Open Doors