Wie Basels Katholiken den Gürtel enger schnallen wollen
Die elf katholischen Pfarreien des Kantons Basel-Stadt haben in den letzten Jahren massiv Mitglieder verloren. Von 1990 bis 2006 sank die Mitglieder-Zahl in den Pfarreien im Durchschnitt um fast 33 Prozent. Heute zählt die RKK rund 32.000 Mitglieder. Laut einer Studie des Statistischen Amtes werden es 2020 noch 20.000 sein. Damit steht die RKK bezüglich Mitgliederverlust im schweizweiten Vergleich an der Spitze.
Zwei Hauptgründe: Abwanderung und Kirchenaustritte
Für den Mitgliederverlust gebe es zwei Hauptgründe, erklärt Hermann Wey, Co-Dekanatsleiter in Basel, im Gespräch mit der Presseagentur Kipa. Zum einen sei es die Abwanderung, zum anderen seien es die Kirchenaustritte. Vordergründig würden Kirchenaustritte meist aus finanziellen Gründen geschehen, dies sei aber in den seltensten Fällen die ganze Wahrheit, sagt Wey. In Basel sei die Hemmung, aus der Kirche auszutreten, kleiner als an anderen Orten.
Die sinkende Mitglieder-Zahl führt zu sinkenden Einnahmen. Der Kirchensteuer-Ertrag der RKK, der 2004 noch 76 Prozent des gesamten Ertrages ausmachte, sinkt seit einigen Jahren jährlich um rund 2,22 Prozent. Im vergangen Jahr hinterliessen die Austritte von 795 Personen ein Loch von fast 400.000 Franken. Standen 1995 der Kirche 16,2 Millionen Franken an Steuereinnahmen zu Verfügung, waren es 2005 noch 12 Millionen. 2020 dürften die Steuereinnahmen nach Berechnungen des Statistischen Amtes noch bei knapp 8 Millionen liegen.
Aufwand muss um 30 Prozent reduziert werden
Angesichts dieser Prognose hat der Kirchenrat der RKK entschieden, dass der Aufwand der RKK bis zum Jahr 2015 um 30 Prozent reduziert werden muss. Das heisst, von den aktuellen Ausgaben in Höhe von 16 Millionen müssen 4,5 bis 5 Millionen wegfallen. Diese Sparmassnahmen will der Dekanatsvorstand in einen grösseren Zusammenhang stellen: die "Vision 2015".
Der Dekanatsvorstand überlege zusammen mit der Dekanatsversammlung, wie die katholische Kirche in Basel-Stadt in zehn Jahren inhaltlich und strukturell aussehen soll und ziehe aus dieser "Vision" die entsprechenden Konsequenzen, erläutert Wey. Bei der Vision 2015 erarbeite das Dekanat in einem ersten Schritt die pastoralen Vorgaben. In einem zweiten Schritt passe der Kirchenrat die finanziellen Rahmenbedingungen an diese Vorgaben an, die dann von der Synode zu verabschieden seien.
Seelsorge in der Nähe und nach Zielgruppen
Die grundlegende Stossrichtung bei den pastoralen Vorgaben im Rahmen der Vision 2015 gibt der "Pastorale Entwicklungsplan des Bistums Basel" (PEP) vor.
Laut diesem soll die Pfarreiseelsorge als "Nahbereichspastoral" weiterhin Schwerpunkt bleiben. Neu sollen aber Gruppen, die in der heutigen Gesellschaft von der katholischen Kirche kaum mehr erreicht werden, zum Beispiel die Jugendlichen, ganz gezielt in einem grösseren pastoralen Raum in Form von "zielgruppenorientierter Pastoral" angesprochen werden. Nahbereichspastoral und Zielgruppenorientierte Pastoral sollen unter einer Pastoralraumleitung in einem so genannten Pastoralraum zusammengefasst werden.
Im Auftrag der RKK hat die Regionalleitung von St. Urs unter Sibylle Hardegger von Dezember 2005 bis März 2006 ein pastorales Konzept für Basel-Stadt ausgearbeitet. Auf Basis dieses Konzepts, das den PEP berücksichtigt, erfolgt die weitere Arbeit an der Vision 2015.
Weniger Profis, mehr Ehrenamtliche
Bezüglich der Organisationsstruktur für die RKK schlägt die Regionalleitung die Errichtung von drei Pastoralräumen vor: Grossbasel-Ost, Grossbasel-West und Kleinbasel/Riehen. Laut Wey liegt den Pastoralräumen die Idee zugrunde, dass die Pfarreien pfarreiübergreifend denken und arbeiten sollen und dadurch Synergien geschaffen werden können. Dies könne zum Beispiel bei der Jugend- oder der Sozialarbeit geschehen. Ihre Eigenständigkeit könnten die Pfarreien aber weiterhin behalten, betont Wey.
Einen Schwerpunkt sieht die Regionalleitung künftig in der Gewinnung und Ermächtigung von Freiwilligen. Diesen soll durch Aus- und Weiterbildung "Kompetenz für Freiwillige" vermittelt werden.
Wenn man 30 Prozent einsparen müsse, müsse man auch beim Personal sparen, denn die grössten Ausgaben im Budget der RKK seien die Personalkosten, sagt Wey. Vor allem bei Pensionierten oder Leuten, die durch ihre Arbeit nicht ausgelastet seien, sei durchaus ehrenamtliches Potential vorhanden. Im Bereich des Sakristanendienstes und bei der Wegbegleitung habe man zum Teil schon auf Ehrenamtliche und Freiwillige umgestellt.
Schwerpunkt Kinder- und Jugendbereich
Im Rahmen der Vision 2015 bildet der Kinder- und Jugendbereich einen weiteren Schwerpunkt. Deshalb startet im September ein Vorprojekt zu einer Jugendkirche in Basel, das vorerst auf zwei Jahre befristet ist. Dass im Jugendbereich nachhaltige Arbeit geleistet wird, schätzt Wey als besonders wichtig ein. Mit 16 Jahren sei man Vollmitglied der Kirche und erhalte die Steuerrechnung. Wenn die Kirche nicht auf diese junge Generation zugehe, sei der Weg sehr kurz um aus der Kirche auszutreten.
Der Religionsunterricht an den Schulen kostete die RKK im vergangenen Jahr über 2 Millionen Franken. Über diesen werde im laufenden Prozess deshalb intensiv diskutiert, meint Wey. Die Dekanatsleitung wolle mit dem ökumenischen Religionsunterricht aber grundsätzlich an den Schulen bleiben. Gleichzeitig soll die Katechese in den Pfarreien gestützt werden.
Sparen mit den Reformierten
Die Immobilien der RKK sind eine weitere grosse Kostenstelle. Die Regionalleitung schlägt deshalb vor, mit der Evangelisch-Reformierten Kirche Basel-Stadt (ERK) eine gemeinsame Nutzung von Gebäuden zu prüfen.
Am 23. Mai hat die Dekanatsversammlung beschlossen, dass die Planung und Umsetzung der Vision 2015 in drei Schritten auf 2009, 2012, 2015 hin realisiert wird. Damit wird die Planung mit der Evangelisch-Reformierten Kirche Basel-Stadt (ERK) abgestimmt, welche dieselben Etappen vorsieht.
Eine Chance, dass die Kirche neue Wege zu den Menschen der heutigen Gesellschaft finde, das sehe er in den vielen Schwierigkeiten rund um die Zukunft der RKK, sagt Wey. Grund zur Entmutigung gebe es keinen.
Datum: 13.07.2006
Quelle: Kipa