Handy gefährlich wie Zigarette?

Smartphone ausschalten - glücklicher leben

Die ständige Nutzung digitaler Medien ruiniert die Gesundheit. «Das Smartphone ist heute das, was vor 70 Jahren die Zigarette war», sagt der deutsche Gehirnforscher Prof. Manfred Spitzer und rät zu drastischen Massnahmen, vor allem bei jungen Menschen. Das berichtet die Agentur idea.
Eine Frau die mit Laptop und Handy online ist, währenddem sie isst
Prof. Manfred Spitzer

«Damals wusste keiner, wie gefährlich Rauchen ist, und als man es dann wusste, hat es noch mehr als ein halbes Jahrhundert gedauert, bis die Menschen etwas geändert haben», sagte der 56-jährige Professor in einem Interview mit «Bild am Sonntag». Nach seinen Worten sind Smartphones für zehn Prozent aller Unfälle verantwortlich. Sie würden den Blutdruck erhöhen, was zum Schlaganfall führen könne, würden Stress auslösen, der das Risiko für Infektionen und Krebs erhöhe. Spitzer: «Wenn Sie die Wahrscheinlichkeiten auf die Bevölkerung hochrechnen, kommen Sie auf eine Menge Tote.»

Nach seinen Angaben sind vor allem die Gefahren für Kinder und Jugendliche gross, denn ihre Gehirne seien noch im Wachstum und würden durch Online-Aktivitäten massiv in ihrer Entwicklung gestört. Eine aktuelle US-Studie zeige: «Jugendliche, die im Mittel 25 Stunden pro Woche im Internet aktiv sind, haben ein dreifach erhöhtes Risiko für Bluthochdruck, verglichen mit Jugendlichen, die im Mittel vier Stunden surfen.»

Anzahl der Cybersüchtigen steigt rasant

Junge Menschen schauten pro Tag im Schnitt 150-mal auf ihr Handy und könnten sich schlechter konzentrieren und Lerninhalte im Gedächtnis behalten. In Südkorea wurde bereits 2007 der Begriff «Digitale Demenz» eingeführt: Junge Erwachsene konzentrieren sich immer weniger, merken sich nichts mehr, haben Probleme mit dem Lesen von Texten, sind müde und motivationslos und stumpfen emotional ab. Da die Betroffenen angaben, Computer und Internet exzessiv zu nutzen – Korea ist das Land mit der wahrscheinlich höchsten Mediatisierung überhaupt – haben die Ärzte einen kausalen Zusammenhang hergestellt. Im Jahre 2012 waren es zwölf Prozent der jungen Menschen in Südkorea, die als internet- und computersüchtig galten; in seinem neuen Buch beziffert Spitzer diese Rate heute bereits auf 25%.

In Deutschland werden etwa 8 Prozent der jungen Menschen als cybersüchtig betrachtet, 2012 waren es noch 4 Prozent gewesen. Spitzer beschreibt die Anzeichen dafür: «Man kann das Handy nicht weglegen, obwohl man das will. Man wird nervös, wenn man gezwungen wird, es zu tun.» Verzichte der Nutzer auf den Konsum, erhöhe sich sein Puls, bekomme er Panik, könne an nichts anderes mehr denken und werde aggressiv: «Das sind ähnliche Auswirkungen wie bei Alkoholikern, denen man die Flasche wegnimmt.» 

Digitale Abstinenz

Spitzer rät deshalb Eltern, ihren Kindern weder Smartphone, Laptop oder Playstation zu kaufen. Erwachsenen rät er hin und wieder zu digitalem Fasten: «Das Handy mal für ein paar Stunden aus lassen – oder im Urlaub auch mal eine ganze Woche – ist ein Weg zu einem glücklicheren Leben und zu schönen Erlebnissen – in der wirklichen Welt.»

Am 2. November erscheint das neue Buch des Psychiaters. Es trägt den Titel «Cyberkrank! Wie das digitalisierte Leben unsere Gesellschaft ruiniert» (Droemer Verlag).

 

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Datum: 27.10.2015
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / idea

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