Zu grosse Geschenke tun Kindern nicht gut
Es ist nicht sinnvoll, wenn Eltern ihre eigenen Bedürfnisse immer zurückstellen und Kindern jeden Wunsch erfüllen. Das erklärte der Wiener Psychotherapeut und Autor Hans-Otto Thomashoff im Interview der Tageszeitung «Die Welt». Viele Eltern strampelten sich pausenlos ab, um ihre Kinder glücklich zu machen. Sie müssten diesen aber auch vor Augen führen, dass Elternsein auch mühsam ist.
Wenn Eltern ihren Kindern jeden Wunsch erfüllten, würden diese immer fordernder. «Sie entwickeln sich zu verwöhnten Narzissten, die erwarten, dass immer alle nach ihrer Pfeife tanzen, und denen die Gefühle anderer egal sind», sagte Thomashoff. Dauerhaftes Verwöhnen führe zu neurotischer Unsicherheit und Schwäche: «Wer immer alles bekommt, lernt nie, dass er gelegentlich berechtigte Wut in sich spürt. Und so lernt er auch nie, sich dort, wo es angebracht wäre, durchsetzen zu können.»
Selbstinszenierung der Eltern
Diese Kinder flüchteten dann ins «Hotel Mama», weil die Anforderungen der Erwachsenenwelt sie überforderten. Wichtig für das Wohlbefinden sei die eigene Stressempfindlichkeit. Ganz entscheidend für gesunde Stressresistenz sei eine frühe sichere Bindung zwischen Eltern und Kind. Dies komme der Psyche der Kinder ein ganzes Leben lang zugute, verweist Thomashoff auf Ergebnisse der Hirnforschung.
Bei der Auswahl der Geschenke müssten Eltern «selbst wissen, was sie für richtig halten». Ein übertriebenes Verwöhnen der Kinder sei viel zu oft eine «Selbstinszenierung der Eltern». Sie versuchten mit grossen Geschenken einen Mangel an Zeit wettzumachen. Viele wollten «angeheizt» durch die Werbung «die besseren Eltern für die perfekten Vorzeigekinder sein». Aber wirklich gute Eltern sollten ernstnehmen, was sie ihren Kindern vermittelten.
Mit übertriebenen Geschenken täten die Eltern ihren Kindern nichts Gutes. Konsum fühle sich häufig für den Moment gut an, sei aber auf Dauer kurzlebig und stressig. Er belaste die psychische und sogar die körperliche Gesundheit, erklärte Thomashoff. Daraus entstehe ein negativer Kreislauf, weil man denke, immer mehr zu brauchen: «Es entsteht eine Eigendynamik, die leicht der Kontrolle entgleiten kann.»
Für erfülltes Leben braucht es sichere Bindungen
Thomashoff empfiehlt den Eltern, den Kindern Beispiele von Menschen zu zeigen, «die kaum das Nötigste zum Leben haben», und sie dann nach ihren Gefühlen zu fragen. Das «angeborene Mitgefühl wird ihm zu denken geben». Daraus ergebe sich eine Basis für ein Gespräch darüber, was im Leben wichtig sei: teuere Geschenk etwa oder eher andere Werte wie liebevolles Miteinander oder Gesundheit. «Am Ende des Tages werden unsere Kinder die Werte übernehmen, die wir ihnen vorleben – nicht was wir ihnen vorbeten.»
Verantwortlich für ein erfülltes Leben seien an erster Stelle «sichere Bindungen in guten Beziehungen, gefolgt von der Möglichkeit, aktiv selbst etwas zu bewirken, einem Grundgefühl von Stimmigkeit und zu guter Letzt einem gesunden Stresshaushalt». Wer seine eigenen Gefühle ehrlich im Spiegel erkenne, könne Kindern beibringen, wie das wirkliche Leben funktioniert.
Weihnachtsfeiertage seien auch eine Zeit der Konflikte. Thomashoff plädiert im Umgang mit hochkochenden Gefühlen dafür, bei allen Beteiligten die «Situation zu deeskalieren, das Drama herunterzufahren». Es gehe neurologisch hauptsächlich darum, «die wütenden Gefühle anderer nicht auf uns überschwappen zu lassen». Thomashoff hat in diesem Jahr das Buch «Damit aus kleinen Ärschen keine grossen werden» verfasst. Er zeigt auf Basis der modernen Hirnforschung und mit Fallbeispielen, wie Eltern ihren Kindern gute Vorbilder sein können.
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Datum: 17.12.2018
Autor: Johannes Blöcher-Weil
Quelle: PRO Medienmagazin | www.pro-medienmagazin.de