Jacob Thiessen: Aus dem Chaco ans Rheinknie

Jacob und Dorothée Thiessen mit Samuel und Marianne

In der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule (STH) in Riehen bei Basel steht nächstes Jahr eine grosse Änderung an. Der Gründer und Rektor Samuel R. Külling, der im Januar 2004 seinen 80. Geburtstag feiern kann, führt seinen Nachfolger, den 39-jährigen Theologen Jacob Thiessen, in die Arbeit ein; die Übergabe des Rektorats soll im Lauf des Jahres geschehen. Die Wahl Thiessens, eines Mennoniten aus Paraguay, der an der STH studiert und promoviert hat, wurde im Winter bekannt. Für die Nachfolge von Professor Külling im Fachbereich Altes Testament ist noch kein Nachfolger gefunden.

Im neusten STH-Bulletin stellt sich Jacob Thiessen selbst vor. Er wurde 1964 geboren und wuchs im Bauerndorf Friedensheim in der 1927 gegründeten Mennonitenkolonie Menno im sauf. Sein Vater wirkte als Pastor in der Region, doch um zu leben, betrieb die Familie auch Landwirtschaft. Thiessen kam, wie er schreibt, „mit 16 Jahren zum persönlichen Glauben an den Herrn Jesus Christus. Zwei Jahre später wurde ich durch meinen Vater getauft.“

Nachdem Thiessen fünf Jahre im kaufmännischen Bereich gearbeitet hatte, besuchte er an einer Abendschule das Gymnasium, belegte Fernbibelkurse und unterrichtete während zwei Jahren an einer Schule für Indianer. Mit 25 Jahren schloss er das Abendgymnasium in Loma Plata ab. 1989-94 durchlief er das fünfjährige Theologiestudium an der STH in Basel. Motiviert durch Professor Erich Mauerhofer, schloss Jacob Thiessen ein Doktoralstudium im Fachbereich Neues Testament am Seminar der STH in Genf an. In diesen Jahren arbeitete er als Lehrassistent an der Hochschule.

In seiner Doktorarbeit analysierte er die grosse Rede des Stephanus, des ersten Märtyrers der Kirche, in der Apostelgeschichte. Am 1. Dezember 1998 verteidigte Thiessen seine Arbeit, die die heilsgeschichtliche Schau des Stephanus herausstellt, und wurde mit Auszeichnung (magna cum laude) promoviert.

1995 heiratete Thiessen die Schweizerin Dorothée Gyger. 1998 wurde dem Ehepaar Samuel, zwei Jahre später Marianne geboren. Jacob Thiessen übernahm nach seinen Studien eine Lehrerstelle an der mennonitischen Bibelschule Loma Plata in Paraguay und auf Anfang 2000 ihre Leitung. Zusammen mit dem Gymnasium bietet die Schule neuerdings ein Gymnasialprogramm mit Schwerpunkt Theologie und Gemeindepädagogik an. Sie hat von Ende Februar bis Mitte November auch Kurse für Gemeindemitarbeiter.

Aufs Jahresende verlässt Thiessen die Schule, deren Studentenzahl stark gestiegen ist. Er bezeichnet den Wechsel nach Basel als „Ruf von Gott“. Doch sei es ihm schwergefallen, den Menschen im Chaco und seinen Mitarbeitern die Neuigkeit mitzuteilen. „Viele bedauern die Entscheidung sehr, weil sie den Bedarf an ausgebildeten Personen im Bereich der Theologie hier vor Ort sehen. Sie schätzen es sehr, dass wir als Absolventen der STH Basel klare biblische Antworten auf die verschiedenen Fragen geben können.“ Die Schule hat als Thiessens Nachfolger Joachim Sawatzky, einen anderen STH-Absolventen, gewählt.

Thiessen wünscht sich, dass noch viele junge Paraguayer in Basel studieren können, um dann in ihrer Heimat zu arbeiten. Zu ihnen sollen auch wieder mehr Männer und Frauen aus dem deutschen Sprachraum stossen. Die Studentenzahlen der STH sind seit den 80er Jahren deutlich gesunken. Die bibeltreue Hochschule könne als Ort der Ausbildung für Dienste im Reich Gottes „für die Gemeinde Jesu ein grosser Segen sein“, schreibt Thiessen. „Dringend brauchen wir und die Menschen um uns herum in einer Welt, die immer orientierungsloser wird, klare Antworten, wie sie uns die Bibel gibt“

Datum: 13.05.2003
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

Werbung
Livenet Service
Werbung