«Habt ihr die grossen Herzsteine gesehen?»
Verschiedene Dinge kamen zusammen, das Leben war im Umbruch, Marina litt unter Schmerz und quälenden Fragen. Veränderte Lebensumstände – in der Familie mit den erwachsen werdenden Kindern, aber auch im weiteren Umfeld – gaben Marina das Gefühl von Einsamkeit. Einiges galt es zu verarbeiten und sich mit neuen Situationen zu versöhnen. Das war nicht einfach. Dazu kam, dass sie von lieben Menschen verletzt worden war; ihnen galt es zu vergeben – inmitten von Schmerz. Zutiefst in ihrem Herzen sehnte sich Marina nach einer himmlischen Umarmung, einem Zeichen, dass Gott sie sieht.
Sie wollte vergeben, fand aber nicht die Kraft
«Ich fühlte mich sehr tief verletzt», blickt Marina zurück. «Und ich bat Gott intensiv, mir dabei zu helfen, diesen Menschen zu vergeben.» In dieser Zeit des Leidens und Ringens hatte sie die Gelegenheit, mit ihrem Mann nach Israel zu reisen, wo ihnen ein Reiseführer das Land zeigte. Dabei kamen sie auch an den See Genezareth, den Ort, wo Jesus Petrus dreimal fragte, ob er ihn liebt. Der Reiseführer erzählte die Geschichte und betonte die Vergebung, die Petrus von Jesus zuteilgeworden war. «Das ist ein prädestinierter Ort, um Dinge loszulassen», so der Reiseführer.
Tief war Marina angesprochen: Sie wollte vergeben, sie wollte loslassen. Doch sie konnte die Kraft dafür nicht aufbringen. «Ich sagte Gott: Ich kann das nicht alleine tun. Du musst mir helfen.» Sie sehnte sich danach, jedem Menschen wieder frei begegnen zu können.
«Ich möchte einen Herzstein finden»
Als symbolische Handlung packte Marina einen Stein und warf ihn – so weit sie konnte – in den See. «Damit drückte ich aus, dass ich all das Vergangene hier lassen wollte.» Während sie noch dort stand, sagte sie zu Gott: «Ich möchte jetzt noch einen Herzstein finden, den ich mit nach Hause nehmen kann.» Es sollte ein Symbol dafür sein, dass die Sache vergeben und ihr Herz frei ist. Und für sie wäre der Stein eine persönliche Erinnerung an Gottes Liebe. In der Folge begann sie den Strand akribisch nach einem Stein abzusuchen, der auch nur ansatzweise die Form eines Herzes hatte. Doch sie fand keinen. Während sie noch verbissen suchte, hörte sie die Stimme des Reiseführers: «Kommt bitte zurück. Wir müssen weiterfahren.»
Marina war enttäuscht. Während sie zum Tourbus zurückkehrte war ihr, als hätte Gott ihr dieses Zeichen verwehrt. Auf einem grossen Stein stehend hielt sie einen Augenblick inne und drückte Gott ihre Gefühle aus: «Für dich wäre es ein Kleines gewesen! Und du weisst, wie sehr ich ein solches Liebeszeichen gerade gebraucht hätte!» Der innere Schrei zu Gott vermischte sich mit Enttäuschung, Trauer und auch Wut. «In diesem Augenblick war ich schon ein bisschen sauer auf Gott.» Dieser Moment, als Marina auf dem Steinblock stand, sollte aber in wenigen Augenblicken für sie eine ganz andere Bedeutung gewinnen.
Gott will viel mehr geben!
Während Marina noch mit ihren Gefühlen kämpfte, hörte sie den Reiseführer fragen: «Habt ihr die grossen Herzsteine gesehen?» Sie war wie elektrisiert und rannte zum Reiseführer. Was sie dort sah, überwältigte sie. Der Stein, auf dem sie gerade eben noch gestanden war, hatte eine deutliche Herzform – genauso wie die anderen grossen Steine, auf denen sie zuvor gegangen war.
«Da flossen bei mir die Tränen!» Marina war hin und weg. Sie hatte sich nach einem kleinen Herzstein gesehnt, der ihr Gottes Liebe versichern sollte. Stattdessen stand sie auf einem Felsblock in Form eines Herzens. Da berührte Gottes Reden Marinas Herz: «Ich gebe dir soviel mehr!» Er gab ihr mehr als einen kleinen Stein zur Erinnerung. Sie durfte erkennen, dass Gottes überschwängliche Liebe der Fels ist, auf dem sie stehen kann. Und so war es wirklich. Gottes Liebe trug sie die folgende Zeit hindurch; sie konnte allen Menschen offen und frei begegnen und ein Ja zu ihrer Situation finden.
Selbst Jahre später ist Marina bei der Erinnerung an jenen Tag noch emotional berührt. Ja, sie ist überwältigt von dem Gott, der ihr inmitten ihrer Lebenskrisen und den Herausforderungen des Alltags so nahe ist und ihr seine Liebe auf so eindrückliche Weise versichert hatte.
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Datum: 17.11.2025
Autor:
Markus Richner-Mai
Quelle:
Livenet