1 Als Jesus die Menschenmenge sah, stieg er auf einen Berg. Nachdem er sich gesetzt hatte, traten seine Jünger zu ihm. 2 Da redete er zu ihnen und begann, sie zu unterweisen: 3 "Glücklich sind, die erkennen, wie arm sie vor Gott sind, denn Gottes Herrschaft und Herrlichkeit gehört ihnen. 4 Glücklich sind die Traurigen, denn Gott wird sie trösten. 5 Glücklich sind, die auf Gewalt verzichten, denn sie werden die ganze Erde besitzen. 6 Glücklich sind, die sich nach Gottes Gerechtigkeit sehnen, denn Gott wird ihre Sehnsucht stillen. 7 Glücklich sind die Barmherzigen, denn Gott wird auch mit ihnen barmherzig sein. 8 Glücklich sind, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott sehen. 9 Glücklich sind, die Frieden stiften, denn Gott wird sie seine Kinder nennen. 10 Glücklich sind, die deshalb verfolgt werden, weil sie Gottes Willen tun. Sie werden mit Gott in seinem Reich leben. 11 Wenn ihr verachtet, verfolgt und zu Unrecht verleumdet werdet, weil ihr mir nachfolgt, dann könnt ihr darüber glücklich sein. 12 Ja, freut euch, denn im Himmel werdet ihr dafür belohnt werden. Genauso haben sie die Propheten früher auch verfolgt." Übersetzung: Hoffnung für Alle Es ist kein Zufall, dass die Bergpredigt am Anfang des Neuen Testaments steht. Ihr Platz zeigt, wie wichtig sie ist. In ihr fasst der König den Charakter und das Verhalten zusammen, das er von seinen Untertanen erwartet. Diese Predigt ist keine Darstellung eines Errettungsplanes. Auch ist ihre Lehre nicht für Menschen bestimmt, die nicht errettet sind. Sie wurde an die Jünger gerichtet (5,1.2), und sollte eine Verfassung darstellen oder, mit anderen Worten, das Gesetzes- und Prinzipiensystem, das für die Untertanen des Königs während seiner Herrschaft gelten sollte. Die Bergpredigt ist für alle diejenigen bestimmt - ob in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft -, die Christus als König anerkennen. Als Christus auf der Erde war, fand sie auf seine Jünger direkte Anwendung. Jetzt, während unser Herr im Himmel regiert, gilt sie für alle, die ihn in ihren Herzen zum König gekrönt haben. Schliesslich wird sie eine Verhaltensanweisung für die Nachfolger Christi in der Trübsalszeit und während seiner Herrschaft auf der Erde sein. Die Predigt hat eine besonders jüdische Prägung, wie man in den Anspielungen auf den Rat (d. h. den Sanhedrin) in 5,22, auf den Altar (5,23.24) und auf Jerusalem (5,35) sehen kann. Doch wäre es falsch zu sagen, dass ihre Lehre sich ausschliesslich auf die gläubigen Israeliten in der Vergangenheit oder Zukunft bezieht. Sie ist für alle bestimmt, die Jesus als König anerkennen. Die Seligpreisungen (5,1-12) 5,1.2 Die Predigt beginnt mit den Seligpreisungen. Diese stellen uns den Idealbürger des Königreiches Christi vor. Die Eigenschaften, die hier beschrieben und empfohlen werden, entsprechen dem Gegenteil der weltlich anerkannten Werte. A. W. Tozer beschreibt sie so: "Eine einigermassen genaue Beschreibung der Menschheit für jemanden, der sie nicht kennt, wäre, wenn man die Seligpreisungen nehmen würde, sie auf den Kopf stellte und sagen würde: Schau, das ist die menschliche Rasse." 5,3 Die erste Seligpreisung wird über die "Armen im Geist" ausgesprochen. Das bezieht sich nicht auf eine natürliche Eigenschaft, sondern auf einen Zustand, dem man sich absichtlich unterworfen hat. Die Armen im Geist sind die, welche ihre eigene Hilflosigkeit erkannt haben und sich auf Gottes Allmacht verlassen. Sie wissen um ihre geistliche Bedürftigkeit und den Herrn, der ihren Mangel ausfüllt. Diesen Menschen gehört das Reich der Himmel, in dem Selbstzufriedenheit eine Untugend und Eigenlob ein Laster ist. 5,4 Die Trauernden sind glückselig, denn ein Tag des Trostes erwartet sie. Das bezieht sich jedoch nicht auf Trauer, die durch die Wechselfälle des Lebens verursacht ist. Gemeint ist der Schmerz, den man wegen seiner Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus erfährt. Das bedeutet, dass man die Verletzung durch die Sünde mit Jesus teilt. Deshalb gehört dazu nicht nur Schmerz wegen der eigenen Sünde, sondern auch Schmerz wegen des schrecklichen Zustandes der Welt, wegen ihrer Ablehnung des Retters und wegen des Schicksals derer, die seine Barmherzigkeit ablehnen. Diese Trauernden werden an dem Tag getröstet werden, wenn Gott "jede Träne von ihren Augen abwischen" wird (Offb 21,4). Gläubige trauern nur in diesem Leben; für die Ungläubigen ist ihr heutiger Kummer nur ein Vorgeschmack auf den ewigen Schmerz. 5,5 Eine dritte Seligpreisung wird über den Sanftmütigen ausgesprochen: "Sie werden das Land erben." Von Natur aus mögen diese Menschen impulsiv, voller Temperament und schroff sein. Doch indem sie willentlich den Geist Christi annehmen, werden sie demütig oder sanftmütig (vgl. Matth 11,29). Demut beinhaltet die Annahme der Tatsache, dass man eine niedrige Stellung hat. Der Demütige ist sanftmütig und milde, wenn es um ihn selbst geht, obwohl er wie ein Löwe kämpfen mag, wenn es um Gott oder andere geht. Die Demütigen werden nicht schon jetzt die Erde erben; sie werden eher Misshandlung und Enteignung erleben. Aber sie werden wörtlich die Erde erben, wenn Christus, der König, tausend Jahre lang in Frieden und Reichtum herrschen wird. 5,6 Als nächstes werden die selig gepriesen, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten: ihnen wird Sättigung versprochen. Diese Menschen sehnen sich nach Gerechtigkeit in ihrem eigenen Leben. Sie wollen Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit in der Gesellschaft verwirklicht sehen und suchen nach praktischer Heiligung in der Gemeinde. Wie die Menschen, von denen Gamaliel Bradford schreibt, haben sie "einen Durst, den kein irdischer Strom löschen kann und einen Hunger, der sich von Christus ernähren oder sterben muss". Diese Menschen werden in Christi kommendem Königreich überreichlich beschenkt werden: Sie werden gesättigt werden, denn dann wird Gerechtigkeit regieren und und die Korruption wird durch vollkommene Ehrlichkeit ersetzt werden. 5,7 Im Reich unseres Herrn sind die Barmherzigen glückselig, denn ihnen wird Barmherzigkeit widerfahren. Barmherzig sein bedeutet, aktives Mitleid zu empfinden. In einer Hinsicht bedeutet es, dem, der Strafe verdient hat, diese Strafe zu ersparen. Im weiteren Sinne bedeutet es, Notleidenden zu helfen, die sich nicht selbst helfen können. Gott bewies seine Barmherzigkeit, indem er uns die Strafe erspart hat, die wir für unsere Sünden verdient hätten und indem er seine Zuneigung zu uns durch das errettenden Werk Christi zeigte. Wir ahmen Gott nach, wenn wir barmherzig sind. Den Barmherzigen wird Barmherzigkeit widerfahren. Hier spricht Jesus nicht von der Gnade der Errettung, die Gott dem gläubigen Sünder widerfahren lässt. Diese Barmherzigkeit hängt nicht davon ab, ob jemand selbst barmherzig ist - sie ist ein bedingungsloses Geschenk. Unser Herr spricht von der Gnade, die der Christ im täglichen Leben braucht und von der Barmherzigkeit in der Zukunft, wenn unsere Werke beurteilt werden (1. Kor 3,12-15). Wenn man nicht barmherzig gewesen ist, dann wird man auch keine Barmherzigkeit empfangen, d. h. dass der Lohn entsprechend niedriger ausfallen wird. 5,8 Denen, die reinen Herzens sind, wird die Zusage gegeben, dass sie Gott schauen werden. Ein Mensch hat ein reines Herz, wenn er keine falschen Motive hat, wenn seine Gedanken heilig sind und sein Gewissen rein ist. Der Ausdruck "sie werden Gott schauen" kann in verschiedener Weise verstanden werden. Erstens schauen die, die reinen Herzens sind, Gott in der Gemeinschaft des Wortes und des Geistes. Zweitens wird ihnen manchmal eine übernatürliche Erscheinung unseres Herrn zuteil. Drittens werden sie Gott in der Person Jesu schauen, wenn er wiederkommt. Viertens werden sie Gott in der Ewigkeit schauen. 5,9 Eine Seligpreisung wird über die Friedensstifter ausgesprochen: "Sie werden Söhne Gottes heissen." Man beachte, dass der Herr hier nicht von friedlichen Menschen oder denen redet, die den Frieden lieben. Er spricht von denen, die sich aktiv für den Frieden einsetzen. Die natürliche Haltung ist, sich nicht einzumischen. Der göttliche Ansatz ist, zu handeln, um Frieden zu schaffen, auch wenn das bedeutet, dass man sich damit Beschimpfungen und Verleumdungen einhandelt. Friedensstifter werden Söhne Gottes genannt werden. Hier haben wir also nicht die Weise, wie sie zu Söhnen Gottes wurden - das kann nur durch das Annehmen Christi als persönlichen Retter geschehen. Indem sie Frieden stiften, zeigen die Gläubigen, dass sie Söhne Gottes sind, und Gott wird sie eines Tages als Menschen anerkennen, die zu seiner Familie gehören und ihm ähnlich sind. 5,10 Die nächste Seligpreisung beschäftigt sich mit den Verfolgten, die nicht wegen ihrer eigenen Vergehen, sondern "um Gerechtigkeit willen" verfolgt werden. Das Reich Gottes ist den Gläubigen versprochen, die wegen ihres richtigen Handelns leiden müssen. Ihr reines Leben verdammt die gottlose Welt und bringt ihre Feindschaft zum Vorschein. Die Menschen hassen ein gerechtes Leben, weil es ihre eigene Ungerechtigkeit hervortreten lässt. 5,11 Diese letzte Seligpreisung scheint eine Wiederholung der vorhergehenden zu sein. Wie auch immer, es gibt einen Unterschied. Im vorhergehenden Vers wird jemand verfolgt, weil er gerecht ist, hier dagegen um Christi willen. Der Herr wusste, dass seine Jünger misshandelt werden würden, weil sie ihm verbunden und treu sind. Die Geschichte hat dies bestätigt: Von Anfang an hat die Welt die Nachfolger Jesu verfolgt, ins Gefängnis geworfen und getötet. 5,12 Um Christi willen zu leiden ist ein grosses Vorrecht, das uns freuen sollte. Ein grosser Lohn erwartet diejenigen, die wie die Propheten Drangsal leiden müssen. Diese Sprecher des alttestamentlichen Gottes blieben trotz Verfolgung treu. Alle, die ihren hingebungsvollen Mut nachahmen, werden ihre gegenwärtige Freude und zukünftige Erhöhung teilen. Die Seligpreisungen zeichnen uns ein Portrait des idealen Bürgers in Christi Königreich. Man beachte die Betonung von Gerechtigkeit (V. 6), Frieden (V. 9) und Freude (V. 12). Paulus hatte sicherlich diese Stelle im Gedächtnis als er schrieb: "Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist" (Röm 14,17).Die Bergpredigt - Massstäbe, die herausfordern
Wen Jesus glücklich nennt
Kommentar
Datum: 30.12.2007
Quelle: Kommentar zum Neuen Testament - William McDonald