Hesekiel
– ein Prophet für die Israeliten in der babylonischen Gefangenschaft (1,1–48,35)
Die Führer Israels – verführten Israel zum Götzendienst (7,26–8,12; 9,5-6; 11; 14,1-3; 20,1-3; 22,23-29)
Hesekiels Ehefrau – eine Frau, deren Name nicht genannt wird; sie symbolisiert die künftige Zerstörung des von Israel geliebten Tempels (24,15-27)
Nebukadnezar – König von Babylon; Gott benutzte ihn, um Tyrus, Ägypten und Juda zu erobern (26,7-14; 29,17–30,10)
Hintergrund und Umfeld
Zur Zeit Hesekiels wurde die Welt von der damaligen Supermacht Babylon beherrscht. Nachdem die Weltmächte Assyrien (612-605v. Chr.) und Ägypten (605 v. Chr.) besiegt waren, wandte Nebukadnezar seine Aufmerksamkeit geringeren Staaten zu. Die Niederlage Judas und die Zerstörung Jerusalems fanden in drei Phasen statt. Die erste ereignete sich 605 v. Chr. Die Babylonier eroberten Jerusalem und verschleppten die Kriegsgefangenen, unter denen auch Daniel war, nach Babylon. 598 v. Chr. belagerte Nebukadnezar Jerusalem nochmals. 597 v. Chr. fiel die Stadt, was zu der Gefangennahme von einer Gruppe von 10.000 Juden, zu denen auch Hesekiel gehörte, führte. Die endgültige Zerstörung Jerusalems und die Eroberung Judas einschliesslich der dritten Wegführung geschah dann zehn Jahre später (586 v. Chr.).
Hesekiels Dienst umfasst religiöse, inländische und prophetische Elemente. Geboren unter König Josia, war Hesekiel Zeuge einer echten aber sehr kurzlebigen geistlichen Erweckung, die das ganze Land erfasste. Josias Tod 609 v. Chr. ebnete die Bahn für Judas endgültigen und abgrundtiefen Fall in die Sünde. In den letzten Jahren (609-586v. Chr.) kamen und gingen vier verschiedene Könige (Joahas, Jojakim, Jojachin und Zedekia). Hesekiel erlebte die tragischen Folgen oberflächlicher Religion.
In Babylon angekommen ging das Leben für Hesekiel und die anderen Gefangenen weiter. Sie wurden aber eher wie Immigranten und nicht wie Kriegsgefangene behandelt. Es war ihnen erlaubt, Landwirtschaft zu betreiben und sie genossen auch noch andere Vorzüge. Hesekiel besass ein eigenes Haus (3,24; 20,1). Es gab starke »inländische Versuchungen«, die den Verlust des verheissenen Landes als etwas Geringes darzustellen suchten.
Auf dem Kriegsschauplatz der Propheten kämpfte Hesekiel gegen falsche Propheten, die dem Volk im Namen des Herrn verkündigten, dass Gott Jerusalem nie und nimmer völliger Zerstörung preisgeben würde, und dass sie gewiss bald nach Juda zurückkehren könnten. Sie liessen sich auch durch eindeutige Prophezeiungen, die genau das Gegenteil belegten, nicht von ihrem verführerischen Kurs abbringen. Mit seinen ersten Prophezeiungen konfrontierte Hesekiel das Volk und ihre falsche Hoffnung. Er prophezeite: Jerusalem würde zerstört werden und das Exil würde lange dauern. Im Jahre 586 v. Chr. erreichte Hesekiel die Nachricht der Zerstörung Israels. Danach verlagerte sich das Schwergewicht seiner Botschaft und er machte den Leuten Hoffnung auf die Zeit nach dem Exil. Israel würde wiederhergestellt werden in seinem Heimatland und der endgültige Segen des messianischen Königreichs würde folgen.
Schlüssellehren im Buch Hesekiel
Die Aufgabe der Engel – sie führen auf unterschiedliche Art und Weise Gottes Pläne und Absichten hinter den Kulissen aus und veranschaulichen dadurch die Herrlichkeit Gottes (1,5-25; 10,1-22), indem sie das Böse zerstören (1Mo 19,12-13) und Gott anbeten (5Mo 32,43; Jes 6,2-4; Offb 4,6-8)
Die Sündhaftigkeit Israels (2,3-7; 5,6; 8,9.10; 9,9; 1Sam 8,7.8; 2Kö 21,16; Ps 10,11; 94,7; Jes 6,9; 29,15; Jer 3,25; Mi 3,1-3; 7,3; Joh 3,20.21; Apg 13,24; Offb 2,14)
Gottes Wesen im Buch Hesekiel
Gott ist herrlich – 1,28; 3,12.23; 9,3; 10,4.18-19; 11,23; 43,4.5; 44,4
Gott ist heilig – 1,26-28; 8 – 11; 43,1-7
Gott ist gerecht – 18,25.29; 33,17.20
Gott ist langmütig – 20,17
Gott ist vorhersehend – 28,2-10
Gott ist zornig – 7,19
Christus im Buch Hesekiel
Israels Triumph durch das Werk des Messias wird an mehreren Stellen im Buch Hesekiel illustriert. Christus wird dargestellt als »ein Ästlein von dem Wipfel des hohen Zedernbaumes« (17,22-24). Diese messianische Prophetie verdeutlicht Christi Abstammung von der königlichen Linie Davids. Der Zweig, ein Sinnbild, das in der Schrift immer wieder für den Messias verwendet wird, zeigt, wie Christus als »zartes Reis«, das auf dem Berg Israel gepflanzt wird (34,23-24; 37,24-25; Jes 4,2; Jer 23,5; 33,15; Sach 3,8; 6,12). Hesekiel beschreibt dann Christus, wie er in Gestalt einer »majestätischen Zeder« wächst, um Israel Schutz in seinem Schatten zu bieten.
Christus wird auch als Hirte, der über seine Schafe wacht, beschrieben (34,11-31). Hesekiel schildert aber auch, wie der Hirte Gericht übt über alle, die sein Volk schlecht behandeln (34,17-24; Mt 25,31-46).
Schlüsselworte im Buch Hesekiel
Menschensohn: Hebräisch ben´adam – 2,1; 3,17; 12,18; 21,2; 29,18; 39,17; 44,5; 47,6 – wird über einhundertmal im Bezug auf Hesekiel verwendet. Dieser Begriff unterstreicht einerseits den Unterschied zwischen Gott dem Schöpfer und seinem Geschöpf, andererseits wird Hesekiel als ein repräsentatives Mitglied des menschlichen Geschlechts identifiziert. Hesekiels Leben diente den in der babylonischen Gefangenschaft lebenden Hebräern als Gegenstandslektion (vgl. 1,3; 3,4-7). Hesekiel wurde durch Wort und Tat zum »Zeichen« für das Haus Israel gemacht (12,6). Auch Jesus wurde Menschensohn genannt, denn auch er war eine repräsentative Figur – der »letzte Adam«, ein lebensspendender Geist (Mt 8,20; 1Kor 15,45). Der Titel Menschensohn spielt auch auf Daniels Vision, wo er ein himmlisches Wesen »gleich dem Menschensohn« sah, an (Dan 7,13). Insofern beleuchtet dieser Titel das Geheimnis der Inkarnation, Christus, ganz Mensch und ganz Gott. Als Gott-Mensch wurde Jesus der sündhaften Menschheit zu einem herrlichen Zeichen gesetzt (Lk 2,34).
Götzen: Hebräisch gillulim – 6,4; 8,10; 14,6; 20,24; 23,30; 36,18; 44,10 – ist mit einem Verb, das »rollen« bedeutet, verwandt (1Mo 29,3; Jos 10,18). Das Wort bezieht sich auf »formlose Dinge« wie Steine oder Baumstämme aus denen Götzen gefertigt wurden (6,9; 20,39; 22,3; 1Kö 21,26). Der Prophet Hesekiel benutzt dieses Wort ca. vierzigmal, um Götzen zu beschreiben. Er redet immer verächtlich über sie, weil diese falschen Götter Israel vom wahren und lebendigen Gott weggeführt hatten (14,5). Das Wort gullulim ist vielleicht auch mit einem ähnlichen hebr. Begriff, der »Mistkügelchen« bedeutet, verwandt. Spätere jüdische Kommentatoren machten sich über gullulim lustig und bezeichneten sie als »Mistgötzen«, d.h. sie waren genauso wertlos wie Mist oder Dreck.
Herrlichkeit: Hebräisch kabod – 1,28; 3,23; 9,3; 10,18; 31,18; 43,2; 44,4 – stammt von einem hebr. Verb, das den Wert oder das Gewicht von etwas angab. Es kann sich auf etwas Negatives beziehen wie z.B. im Fall von Sodom. Dort beschreibt es das Mass der Sünde, das dazu führte, dass die ganze Stadt der völligen Zerstörung wert geachtet wurde (1Mo 18,20). Meistens finden wir das Wort aber im Zusammenhang mit Grösse und Pracht (1Mo 31,1). Als Substantiv wird es manchmal mit Ehre übersetzt (1Kö 3,13). Gottes Herrlichkeit wird im AT als Wolke (2Mo 24,15-18), die den Tempel erfüllt (1Kö 8,11), beschrieben. Die angemessene Reaktion auf Gottes Herrlichkeit ist sich niederzuwerfen wie Hesekiel es tat (3,23; 43,3).
Gliederung
Prophezeiungen über den Untergang Jerusalems (1,1 – 24,27)
- Vorbereitung und Beauftragung Hesekiels (1,1 – 3,27)
- Verkündigung von Jerusalems Verurteilung (4,1 – 24,27)
Prophezeiungen über Vergeltung an den Nationen (25,1 – 32,32)
- Ammon (25,1-7)
- Moab (25,8-11)
- Edom (25,12-14)
- Philistäa (25,15-17)
- Tyrus (26,1 – 28,19)
- Sidon(28,20-24)
- Exkurs: Die Wiederherstellung Israels (28,25-26)
- Ägypten (29,1 – 32,32)
Vorkehrungen für Israels Busse (33,1-33)
Prophezeiungen über Israels Wiederherstellung (34,1 – 48,35)
- Wiederversammlung Israels ins Land (34,1 – 37,28)
- Entfernung der Feinde Israels aus dem Land (38,1 – 39,29)
- Wiedereinführung des wahren Gottesdienstes in Israel (40,1 – 46,24)
- Neuverteilung des Landes Israel (47,1 – 48,35)
Zur gleichen Zeit an einem anderen Ort auf der Erde …
Aesop, ein ehemaliger Sklave aus Phrygien, verfasst seine berühmten Fabeln. Griechische Siedler bringen den Olivenbaum nach Italien.
Häufig auftauchende Fragen
1. Wenn wir Hesekiel lesen, stellt sich uns oft folgende Frage: Beschreibt er mit seinen Worten buchstäbliche Begebenheiten oder verbirgt sich dahinter eher ein symbolischer Sinn, eine Idee oder ein Prinzip? Können wir anhand einiger Beispiele im Buch Hesekiel die Unterschiede aufzeigen?
Hesekiels Leben, seine Erfahrungen und Taten stellten für sein Publikum lehrreiche Lektionen dar. Bei einigen handelte es sich um Visionen mit einer ganz spezifischen Bedeutung. In den ersten drei Kapiteln des Buches wird uns z.B. von einer sehr ausführlichen Vision berichtet. Er sah einen Sturmwind, himmlische Wesen und eine essbare Schriftrolle; gleichzeitig wurde er auch in den prophetischen Dienst berufen.
Hesekiel führte auch einige ungewöhnliche und höchstsymbolische Handlungen aus, mit dem Ziel, seine Botschaft zu verdeutlichen oder eine Warnung zu vermitteln. In Hes. 4,1-3 wird er angewiesen, etwas auf einen Ziegelstein zu zeichnen und eine Eisenpfanne zu benutzen, um die dem Volk Israel drohende Gefahr darzustellen. Weitere Gegenstandslektionen waren: symbolische Schlafhaltung (4,4-8), das Herstellen und Backen von Belagerungsbrot (4,9-17) und das Abschneiden und Verbrennen der Haare (5,1-4). Gott befahl Hesekiel, dem Volk auch tragische Begebenheiten aus seinem persönlichen Leben auf diese Art und Weise zu vermitteln. Der Prophet erfuhr vom bevorstehenden Tod seiner Frau und Gott teilte ihm in dieser Situation mit, dass sein Verlust eine wichtige Botschaft, die das Volk hören musste, darstellen würde. Genauso wie es Hesekiel untersagt war zu trauern, durfte auch das Volk beim entgültigen »Tod« Jerusalems nicht trauern. »Und so wird Hesekiel für euch ein Zeichen sein; ihr werdet genauso handeln, wie er gehandelt hat; und wenn es eintreffen wird, werdet ihr erkennen, dass ich GOTT, der Herr bin« (24,24).
Hesekiel vermittelt seine Botschaft auf eindrückliche und einzigartige Weise. Er will dadurch den gewaltigen Gegensatz zwischen seiner klaren Botschaft, und der vorsätzlichen Ablehnung derselben durch das Volk veranschaulichen. Sein Dienst entzog jeder vermeintlichen Entschuldigung die Grundlage.
2. Besteht ein Widerspruch zwischen Hes 18,1-20, wo die Verantwortlichkeit des Einzelnen bezüglich Sünde betont wird, und Hes 21,6-12, wo Gott sowohl den »Gerechten wie den Gottlosen« richtet (V. 9)?
Die spezifischen Umstände dieser zwei Passagen sind ziemlich unterschiedlicher Natur. Die Erste spricht von den persönlichen Folgen und der Verantwortung, die jeder in seinem Leben zu tragen hat. Keine Entschuldigung und kein »Schuld in die Schuhe schieben« wird uns der persönlichen Verantwortung vor Gott entheben. Die Zweite behandelt die kollektiven Folgen, die ein Leben in einer gefallenen Welt mit sich bringt. Als Gott sich dazu entschloss, Babylon als Zuchtrute zu benutzen, tat er das im vollen Bewusstsein, dass sowohl der Gerechte, wie der Gottlose darunter zu leiden hätten. Die Gesellschaftszugehörigkeit einer Person kann bewirken, dass sie, ohne persönlich dazu beigetragen zu haben, Vorteile geniessen oder unter Nachteilen, die die gesamte Gesellschaft betreffen, zu leiden hat.
Die Verse aus Hes. 18,1-20 zeigen auf, wie Gott prinzipiell handelt; schlussendlich wird nämlich jeder nach seinen Werken gerichtet. Jeder wird für seine Taten und sein Leben zur Verantwortung gezogen. Nur wer »in Christus« ist, kann diesem Tag mit Hoffnung in die Augen blicken.
Kurzstudium zum Buch Hesekiel/einige Fragen
- Hesekiel erhielt während seines prophetischen Dienstes einige besonders erinnerungswürdige Visionen. Welche?
- Wie beschreibt bzw. veranschaulicht Hesekiel Gottes Heiligkeit?
- Welcher Unterschied besteht zwischen den falschen Hoffnungen, die Hesekiels Zeitgenossen dem Volk verkaufen wollten, und der Verheissung auf Wiederherstellung, so wie er sie predigte?
- Wie lauteten die vernichtenden Gerichtsworte Hesekiels an die Führer Israels?
- Wie betont Hesekiel die Wichtigkeit der Anbetung?
Datum: 08.06.2007
Autor: John MacArthur
Quelle: Basisinformationen zur Bibel