Büsst die Schweiz wie die UBS?

Danken und beten mag angezeigt sein – aber Busse tun? Das UBS-Debakel wirft ein grelles Licht auf den eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag. Und hilft uns vielleicht, ihn 2008 bussfertig zu begehen.
Dunkle Wolken am Wirtschaftshimmel...
Das UBS-Debakel wirft ein grelles Licht auf den eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag.
Haben Schweizerinnen und Schweizer auch auf anderen Ebenen an diesem Bettag 2008 besonderen Anlass zur Busse? (Bild: fotohansi - Fotolia.com)

Die UBS büsst für ihre Fehler. An der Börse ist der Wert des Schweizer Banken-Flaggschiffs innert Monaten auf einen Bruchteil gesunken. Im dramatischen Kurszerfall der letzten Tage wirkt sich der Verlust an Vertrauen aus, den die Bank durch ihr ebenso aggressives wie unvorsichtiges Gebaren in den USA erlitt. Tausende von Mitarbeitern erleben andere Zeiten: Was sie in Form von (gesperrten) Aktien erhielten, ist nur mehr wenig wert. Die Kaderleute und Chefs büssen auch. Der lang gefeierte Erfolgsarchitekt Ospel konnte sich nicht halten. Sein Geschäftsmodell ist passé. Jahre nachdem die UBS ihre Kleinkunden verächtlich zur Seite gestossen hat, sind es nun die unspektakulären Teile des Geschäfts, welche das Unternehmen stabilisieren.

Vertrauen als kostbarstes Kapital

Mit der Bank der drei Schlüssel büsst die Schweiz. Der Wohlstand des Landes beruht auch auf den Unsummen Geld, welche Leute aus aller Herren Ländern – und mancher Länder Herren – ihren Bankern zur Verwaltung überlassen. Dass wir mit anvertrautem Gut sorgfältig umgehen, es nicht verschleudern, sondern (mittels Bankgeheimnis) sorgfältig bewahren und mehren, wird uns international zugute gehalten. Dieses Ansehen, ein Gut von unschätzbarem Wert, hat bei der Achterbahnfahrt der letzten Monate Beulen und Kratzer abbekommen. Von Heulen und Zähneklappern ist noch wenig zu spüren. Büssen liegt uns nicht. Die Frage „Überlebt die UBS?“ in den Zeitungsspalten zeigt immerhin: Mitten im Gleichmut des gepolsterten helvetischen Lebens schiesst Besorgnis auf.

Busse heisst Umkehren

Büssen ist zahlen für Fehler, für Vergehen gegen Regeln, Gebote und Standards. Hinter diesem alltäglichen Wortsinn (die meisten Bussen können wir gut wegstecken) steckt die katholische Busspraxis, die aus dem Mittelalter stammt. Doch der Kern der Sache liegt tiefer. Am Beispiel der UBS lässt er sich erahnen: Sie zahlt nicht nur einen schmerzhaften Preis für die Verwegenheit ihrer Chefs und US-Hasardeure; sie muss dabei glaubwürdig Reue zeigen, muss sich mit neuen Köpfen anders ausrichten, wenn der Vertrauensverlust nicht fortwährend würgen soll. Echte Reue, glaubwürdige Umkehr und Neuausrichtung machen Busse aus.

Jesus trat in die Öffentlichkeit mit dem Aufruf, Busse zu tun angesichts der Ankunft von Gottes Herrschaft – und sich auf seine Zusagen einzulassen. Das ist der Sinn der Worte: „Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ (Die Bibel, Markus, Kapitel 1, Vers 15). Vor ihm hatte Johannes der Täufer zur Umkehr aufgerufen. Beide stehen in der Tradition der Propheten des Alten Testaments, welche das Volk der Israeliten aufgefordert hatten, das Abwegige ihres Handels einzugestehen, zum Gott ihrer Väter umzukehren und nach seinen frei machenden Geboten zu leben.

„Herr, möge dein Zorn sich abwenden!“

In besonderen Momenten der israelitischen Geschichte gab es Männer, die stellvertretend für alle sich um diese Umkehr in Busse bemühten. Diese Männer legten im Gebet ihre Verfehlungen, die Sünden des Volks und gar jene ihrer Vorfahren Gott vor und baten um Vergebung – aufgrund der Erfahrung, dass Gott barmherzig ist. Daniel, von Jerusalem nach Babel deportiert, flehte in einem ergreifenden Gebet (Die Bibel, Daniel, Kapitel 9, Verse 4-19) zu Gott. „Du, Herr, bist im Recht, uns aber steht die Schande ins Gesicht geschrieben…weil wir gegen dich gesündigt haben. Beim Herrn, unserem Gott, ist das Erbarmen und die Vergebung; gegen ihn haben wir uns aufgelehnt. Und auf die Stimme des Herrn, unseres Gottes, haben wir nicht gehört, so dass wir nach seinen Weisungen gelebt hätten… Wir haben gesündigt, haben gefrevelt! Herr, möge doch, wie es all deinen gerechten Taten entspricht, deine Wut und dein Zorn sich abwenden von deiner Stadt Jerusalem…“

Schon vorher hatte Jesaja einen Knecht Gottes prophezeit, der die Sünden vieler auf sich nehmen würde (Die Bibel, Jesaja, Kapitel 53, Verse 5 und 12). Einige Jahrzehnte nach Jeremia wurde deportierten Israeliten die Rückkehr in ihr Land erlaubt. Einer ihrer Anführer, Esra, kam wegen der Halbherzigkeit der Leute ebenfalls vor Gott (Die Bibel, Esra, Kapitel 9, Verse 6-15). Er begann sein Bussgebet mit den Worten: „Mein Gott, ich schäme mich, und ich scheue mich, mein Angesicht zu dir zu erheben, mein Gott. Denn unsere Verschuldungen sind zahlreich geworden, sind uns über den Kopf gewachsen, und bis zum Himmel ist unsere Schuld angewachsen…“

Die Krise wächst uns über den Kopf

Heute wachsen die finanziellen Schuldenberge bis zum Himmel – und zudem vernichtet die Angst an der Börse zwischendurch im Minutentakt Milliardenwerte. Wenn die abwegige Entwicklung der Finanzmärkte erkannt wird*, scheinen doch die Akteure von einem Neuanfang weit entfernt. Das bestätigt, was auch der Bibel zu entnehmen ist: Busse (so radikal wie sie als Umkehr nötig wäre) kann nicht einfach projektiert, angepeilt und durchgeführt werden. Das Machtdenken der Macher hält sie noch im Abwärtsstrudel gefangen – wie alle Sünde von Gefangenschaft gezeichnet ist. Das heisst: Ein Neuanfang ist Geschenk. Ein Geschenk indes, um das wir ringen können. Der Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag ist der Tag, dies im Horizont des ganzen Landes zu tun.

Erziehung, Armee, Bundespolitik

Haben Schweizerinnen und Schweizer auch auf anderen Ebenen an diesem Bettag 2008 besonderen Anlass zur Busse? Die Finanzturbulenzen können als Gleichnis genommen werden. In der Unfähigkeit von Eltern in der Erziehung ihrer Kinder, in Besäufnissen und Vandalismus tritt die Schattenseite unserer Konsum-versessenen Laissez-faire-Gesellschaft zutage. Der Unmut über Leerlauf und mangelnde Verantwortlichkeit in der Armee ist verbreitet. Die eidgenössische Politik leidet unter den Verhärtungen, Gifteleien und Polarisierungen der letzten achtzehn Monate, des Wahlkampfs, der Abwahl und ihren Folgen. Die Autorität des Bundesrates leidet unter Extravaganzen (Iran!) seiner Mitglieder..

Echte Eidgenossen sind Christen dann, wenn sie stellvertretend fürs Volk hinstehen und Jesus Christus die Probleme darlegen, mit der Bitte um einen Neuanfang aus dem Geist des Reiches Gottes. Neuanfang nach seinen Weisungen – in der Politik, in der Armee, im Erziehungs- und im Gesundheitswesen, in Banken und Industrie… In Gottes Augen ist keine Schuld zu gross, kein System zu verworren. Mit der Busse geht die Tür zur Hoffnung auf – nicht weil wir Besseres verdient hätten, sondern weil Gott voll Erbarmen ist und es gut mit uns meint.

* Ohne die Gier der Marktteilnehmer zu erwähnen, beschreibt der Wirtschaftskorrespondent der NZZ in Washington die Finanzkrise als gefährliches Kippen vom Extrem des hemmungslosen Schuldenmachens ins Gegenteil: „Letztlich liegt die Crux im US-Finanzsystem in der riesigen Zahl von Wertpapieren, deren wahren Wert niemand mehr kennt und welche die Fnanzinstitute zu einem extrem vorsichtigen Kreditmanagment zwingen. Dadurch droht die Bereitstellung von Krediten für Unternehmen und Haushalte auszutrocknen, mit verheerenden Folgen für die Realwirtschaft“ (NZZ vom 18.9.08).

Link zum Thema: Das Dossier zum Feiertag

Datum: 19.09.2008
Autor: Peter Schmid
Quelle: Jesus.ch

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