Gottes-Modul entdeckt?

Menschliches Hirn mit spirituellem Wecker?
Vilayanur Ramachandran

Geschieht das „An-Gott-Denken“ freiwillig, oder ist es von Gott selbst bestimmt? Gehirnforscher machen nun ein sogenanntes „Gottes-Modul“ im Hirn für spirituelle Gedanken verantwortlich.

Denken geschieht im Kopf, und „An-Gott-Denken“ auch. Soweit herrscht Einigkeit in der Wissenschaft. Heftig diskutiert wird jedoch, inwieweit der Mensch selbst bestimmt an Gott zu denken oder ob dies von Gott vorgegeben wird. Amerikanische Hirnforscher und Radiologen versuchten nun mit modernen bildgebenden Verfahren Abläufe im Gehirn während des Betens oder Meditierens nachzuvollziehen.

So identifizierte der Neurologe Vilayanur Ramachandran von der University of California in San Diego eine Region im Gehirn, die er als Gottes-Modul bezeichnet. Dieses Gottes-Modul steht seiner Meinung nach in enger Verbindung mit spirituellen Gedanken. Ramachandran beobachtete bei Epilepsiepatienten im Schläfenbereich unkontrollierte elektrische Erregungen während ihrer Anfälle. Die Betroffenen selbst berichteten von „spirituellen Visionen“ und anderen intensiven religiösen Erfahrungen.

„Ein Gefühlsreichtum, den sich alle Glaubensrichtungen in ihren Ritualen zu Nutze machen“, meint Andrew Newberg, Radiologe an der University of Pennsylvania in Philadelphia. Die Abläufe einer religiösen Zeremonie unterschieden sich so sehr von Alltagsituationen, dass das Gehirn ihnen automatisch den Stempel „besonders bedeutend“ verpasst. Newberg interessiert sich speziell für jenen Bewusstseinszustand, von dem die Gläubigen fast aller Religionen berichten: dem mystischen Gefühl, eins zu werden mit dem Universum.

„Zu Versuchszwecken machte Newberg bei meditierenden buddhistischen Mönchen radiologische Schnappschüsse ihrer Gehirntätigkeit. Das Ergebnis: Das in den Scheitellappen befindliche „Orientierungs-Assoziations-Areal“ (OAA) war bei allen Versuchsteilnehmern besonders inaktiv. Die Aufgabe dieser Hirnregion ist es, uns die physischen Grenzen unseres Körpers zu vermitteln, sowie Informationen über Zeit und Raum weiterzugeben. Wird nun ein Teil dieser Funktionen inaktiv, wie es während einer Meditation der Fall ist, so schwindet der Bezug zu Zeit und Raum. Es entsteht dadurch eine Erfahrung, die als Gefühl der Ewigkeit und Endlosigkeit beschrieben wird.

Was diese neurobiologischen Erkenntnisse freilich über die Realität Gottes und die Echtheit Transzendenter Erfahrungen besagen, bleibt offen.

Datum: 28.04.2002
Quelle: ORF

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