"Über Kirchtürme steht auch nichts in der Bibel"

Christine Maier im "Club"-Studio.
Roland-Bernhard Trauffer
Saïda Keller-Messahli
Geri Müller

Das Thema der Diskussionssendung „Der Club“ im Schweizer Fernsehen hiess „Minarett-Verbot: Spiel mit dem Feuer?“ Die Brisanz des Themas trat aber weniger durch Sachargumente ans Licht, sondern mehr durch persönliche Angriffe unter den Gesprächsteilnehmern.

Unter der Leitung der phasenweise irritiert wirkenden Christine Maier diskutierten Nationalrat Ulrich Schlüer, Initiant der Volksinitiative „Gegen den Bau von Minaretten“, Nationalrat Christian Waber, Co-Initiant „Gegen den Bau von Minaretten“, Roland-Bernhard Trauffer, Generalvikar Bistum Basel, Saïda Keller-Messahli, Präsidentin Forum für einen fortschrittlichen Islam, Farhad Afshar, Präsident Koordination Islamischer Organisationen Schweiz KIOS und Nationalrat Geri Müller von den Grünen.

Weshalb die ganze Aufregung?

Nach einer ersten Positionierung der Gesprächsteilnehmer, inklusive eines Exkurses über die Geschichte des Kirchturms vorgetragen vom Dominikaner Trauffer, stand so viel fest: Weder Minarette noch Moscheen sind vom Koran vorgegebene, unverzichtbare Bestandteile des Islam. Wozu also die Debatte? Kommt die Initiative zustande, erhält die Schweizer Bevölkerung die Möglichkeit, zur Minarettfrage Stellung zu nehmen.

„Symbol für politische Ansprüche“

Ulrich Schlüer wollte die Minarette nicht als „Gebetstürme“ bezeichnet wissen, sondern mit ihnen würden gesellschaftliche politische Ansprüche symbolisiert, die der Islam verbreite und im Widerspruch stünden zur schweizerisch-freiheitlichen Ordnung. Schlüer betonte, dass mit der Initiative gegen den Minarettbau eine wichtige Diskussion lanciert werden soll. Man wolle Freiheit, Demokratie und Verfassungsrechte bewahren und stärken und alle Tendenzen unterbinden, diese mit dem islamischen Rechtsverständnis der Scharia zu untergraben.

„Minarette als Ausdruck islamischer Identität“

„Es geht gar nicht um Minarette, Kopftücher oder Scharia, sondern darum, dass eine Religionsgemeinschaft an den Rand gedrängt wird“, konterte Farhad Afshar und bezeichnete Moscheen und Minarette als „Ausdruck islamischer Identität“. Bis heute versammelten sich die rund 350000 Muslime in der Schweiz vorwiegend in Fabriken und Garagen. Afshar selbst setzt sich für den Bau eines islamischen Zentrums in Bern ein.

Das Wort "Minarett" sei mit der arabischen Bezeichnung für Leuchtturm verwandt, erklärte Saïda Keller. Und wie im Christentum sei das Licht ein Symbol für Gott. Das Minarett solle zeigen, wo sich ein Gebets-Ort befinde. Eingeführt worden seien die Minarette im 8. Jahrhundert in Syrien – inspiriert von den dortigen Kirchtürmen.

"Über Kirchtürme steht auch nichts in der Bibel", stellte Roland-Bernhard Trauffer klar. Die Kirchtürme hätten sich aus Wachtürmen entwickelt und seien sehr wohl auch ein Symbol der Macht gewesen. Daraus habe sich im 13. Jahrhundert die Ablehnung der Kirchtürme durch die Bettelorden ergeben.

„Bevölkerung muss ein Ja dazu haben“

Die für einen emanzipierten Islam kämpfende Saida Keller-Messahli meinte, dass Minarettbauten am Ort von der umliegenden Bevölkerung getragen und bejaht werden müssten. Sie sieht die Problematik einer wachsenden islamischen Gesellschaft durchaus und bekannte, dass man „in der islamischen Welt nicht überall sagen und schreiben darf, was man will“. Deshalb fordere sie eine Lesart des Koran, die mit Demokratie und Menschenrechten kompatibel sei. Dies gerade angesichts der von ihr eingestandenen Realität, dass jener Islam, der weder Menschenrechte noch Demokratie anerkenne, im Vormarsch sei.

"Eine Diskussion eröffnet man aber nicht mit einem Verbot", sagte Saïda Keller. Die Gegner betonten, die Initianten verunmöglichten den Dialog dadurch, dass sie ein solches Scheinproblem aufgriffen, statt die wirklich wichtigen Fragen zu diskutieren.

"Was bietet Ihr an?"

Trauffer versuchte solche Fragen mehrmals anzusprechen, jedoch mit mässigem Erfolg: Die Frage sei, was im Innern der Moscheen geschehe und ob die muslimischen Gemeinschaften dies selbst kontrollieren könnten. Was gibt es für Hilfe etwa bei Zwangsheirat? "Was bietet Ihr an?", fragte er die Vertreter der Muslime.

„Islam öffentlich-rechtlich anerkennen“

Der Aussage von Frau Keller-Messahli, es gebe nicht den "einen" Islam, widersprach Afshar deutlich. Wohl gebe es unterschiedliche Auslegungen, aber nur „einen existentiellen Sinn“. Der Berner Soziologe gestand ein, dass die Muslime in der Schweiz ein „Demokratie- und Legitimationsdefizit“ hätten. Als problematisch bezeichnete Afshar den Umstand, dass im Fastenmonat Ramadan Imame aus dem Ausland in die Schweiz kämen, um zu predigen. Grund dafür sei, dass in der Schweiz islamische Theologen fehlen, weil an den Universitäten keine Imame ausgebildet würden. Deshalb fordert er die öffentliche-rechtliche Anerkennung des Islam in der Schweiz.

Brisant wurde es auf einem anderen Schauplatz, nämlich zwischen Christian Waber, der sich als „Nachfolger von Jesus Christus“ bekannte und dem katholischen Generalvikar Trauffer. Dieser verwehrte sich dagegen, dass Waber im Namen der Christen rede, was dieser so auch gar nicht tat. Trotzdem zeigte sich Trauffer sichtlich wütend, entschuldigte sich sogar beim Muslim Afshar für Aussagen von Waber und Schlüer und versuchte indirekt zu sagen, dass seine katholische Kirche die Stimme der Christen vertrete.

Nicht Gleiches mit Gleichem vergelten

Trauffer vertrat den Standpunkt, dass dem Unrecht, das in islamischen Staaten gegenüber Minderheiten herrscht, nicht durch Unrecht in der Schweiz begegnet werden dürfe. Da kann man ihm folgen. Wäre es Unrecht, wenn die Mehrheit der Schweizerinnern und Schweizer sagen würde, wir wollen keine Minarette im Land?

Geschickt versuchte Farhad Afshar mit dem Jesus-Minarett der Omajaden-Moschee in Damaskus einzuflechten, dass der Islam den christlichen Religionsgründer sehr wohl anerkanne, ja sogar mit dessen Wiederkunft rechne.

Es war keineswegs Generalvikar Trauffer, der darauf reagierte, sondern EDU-Nationalrat Christian Waber. Er betonte, dass Jesus Christus Gottes Sohn sei. Das wird vom Koran aber als Unmöglichkeit, ja Gotteslästerung, bezeichnet. An diesem Punkt gestand auch der Vertreter der katholischen Kirche ein, dass er in diesem Bereich viele Anfragen an den Islam habe. Diese wolle er aber im Dialog klären und nicht mit Verboten.

Hintergrundinfos fehlten

In der ganzen Diskussion wurde nie so richtig klar, worin denn die Problematik des Islam liegt. Da hätten die TV-Zuschauer mehr Hintergrund benötigt. Etwa jene deutlichen Aussagen wie sie ehemalige Muslime in Deutschland machen. So schreibt der türkischstämmige Deutsche Arzu Toker: „Toleranz und Frieden sind für den Islam lediglich Mittel, die man im Krieg als List einsetzen kann.

Der für seine Aussage, der Islam sei keine Religion, sondern „eine Kriegserklärung an die christliche und andersgläubige Welt“ hart attackierte Christian Waber, bekam nicht die Gelegenheit, sein Votum zu begründen. Er hätte dazu den Koran zur Hand nehmen müssen. Denn an vielen Stellen im Koran rechtfertigt Mohammed – bzw. nach muslimischer Vorstellung Allah – die Gewalt gegen Andersgläubige; sie sind des Todes (beispielsweis Sure 47, 4; 2, 191; 4, 89), sollen unterworfen werden (Sure 9, 29), dürfen vertrieben und enteignet werden (Sure 59).

Der Ex-Muslim Arzu Toker schreibt: „Der Islam ist eine Religion, die die Welt als Kriegsschauplatz ansieht – und zwar solange, bis die gesamte Menschheit islamisch ist.

Wo bleibt die Distanzierung?

Wollten die Vertreter der Muslime in der Schweiz von der Öffentlichkeit als Dialogpartner anerkannt werden, müssten sie sich da nicht klar von solchen Versen distanzieren? Hier steckt die Brisanz hinter der Minarettfrage. Die Diskussion um die Gestalt des Islam in der Schweiz geht auf jeden Fall weiter.

Ausführlicher kann dieser Beitrag unter Minarett-Initiative im TV-Talk nachgelesen werden.

Die Sendung wird auf SF 1 am Samstag, 26. Mai, 14.10 Uhr, nochmals ausgestrahlt.

Quellen: factum/Kipa/Livenet

Datum: 25.05.2007
Autor: Rolf Höneisen

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