Unsere Kinder verstehen statt verurteilen
«Niemand kann so sehr Ordnung halten wie die Schweizer», stellte Gordon Neufeld auf dem Weg vom Flughafen an den Tagungsort fest. Aber auch Schweizer Kinder würden «chaotisch» geboren. «Ziel der Erziehung ist es, die Ordnung herzustellen, ohne die Beziehung zu zerstören und die Kinder in der Entwicklung zu fördern», betonte Neufeld an einem Seminar am 10. November in Küsnacht. Bedingung dafür sei, in einer festen Bindung mit dem Kind zu leben.
«Alle Kinder haben von klein auf den inneren Wunsch, es uns recht zu machen. Diese Wünsche müssen wir pflegen. Kinder, die eine tiefe Bindung zu Bezugspersonen haben, sind auch einfacher zu leiten. Aber dazu brauchen wir den Zugang zu seinem Herzen, zum ganzen Bewusstsein. Weil das Kind in unserer Nähe bleiben möchte, wird es uns auch alles mitteilen, was es beschäftigt», meinte der weltweit anerkannte Entwicklungspsychologe und Bindungsforscher.
Kinder würden auf dem Beifahrersitz geboren und möchten mit drei oder vier Jahren auf den Lenkersitz wechseln, zog Neufeld einen Vergleich. Hier gehe es darum, «sich einzuklinken und gute Absichten zu fördern.» Korrekturen sollten direkt in der Situation angebracht werden, und nicht erst 48 Stunden später.
Eine goldene Regel
Und warum benehmen sich manche Kinder von selbst gut? «Weil bei ihnen alles gut ablaufen konnte. Ihre Bindungen sind voll entwickelt, ihr Herz ist weich und zart», sagte Neufeld. Ein solches Kind fühle tief, nehme Anteil und meide Ärger. Kinder müssten jedoch den Gefühlen freien Lauf geben können, wütend sein dürfen, Angst haben. Es sei falsch, diese Gefühle zu unterdrücken.
Gordon Neufeld und der Schweizer Pädagoge Heinz Etter gaben den 350 Vätern und Müttern Ratschläge mit auf den Weg. Bevor Eltern korrigierend eingreifen, seien die Bindungsinstinkte zu aktivieren, also Augenkontakt, Lächeln oder Nicken. Eltern könnten dem Kind helfen, in sich die ausgleichenden Gefühle zu aktivieren und ihm in Trauer und Enttäuschung beistehen. Wichtig sei, alles, was Eltern und Kind trennen könnte, zu überbrücken. Ein Kind müsse wissen, dass wir zu ihm halten, egal was auf uns zukomme. Nichts solle uns trennen können. «Behandle die Menschen so, als wären sie, was sie sein sollten. So hilfst du ihnen zu werden, was sie sein könnten».Dieser Leitsatz von Goethe sei auch heute noch aktuell.
Diesen Artikel hat uns freundlicherweise «ideaSpektrum Schweiz» zur Verfügung gestellt.
Datum: 16.11.2012
Autor: Ester Feuz
Quelle: ideaSpektrum Schweiz