Weissmachen und schwarzmalen
Was dieser Emmentaler produziert, ist alles andere als Käse. Josef Jenni startete das legendäre Solarauto-Rennen durch die ganze Schweiz und entwickelte das «Oil of Emmental», eine umweltschonende Methode, mit Holz zu heizen. Sein jüngster Coup: Weisse Dächer, die den Gletscherrückgang teilweise kompensieren können.
Josef Jenni, Sie streichen das Dach Ihrer Produktionsstätte weiss. Ist es jetzt drinnen kühler?
Josef Jenni: Ja, es ist möglich, dass es im Sommer hier drinnen etwas kühler sein wird. Das Gebäude ist aber bereits gut isoliert. Zum Energiesparen wäre der Anstrich nicht nötig gewesen. Ich verstehe ihn vielmehr als Mahnmal gegen die Klimaerwärmung.
Eine Stadt mit lauter weissen Dächern würde also ähnlich wirken wie ein Gletscher und könnte den ein Stück weit ersetzen?
Ja, sicher. Das würde in diesem Gebiet eine kleine Abkühlung bewirken, das ist so. Genau müsste ich das aber noch ausrechnen.
Dann sind die weissen Dächer eine neue Pioniertat von Ihnen?
Nein, das ist nur ein Anstoss, um die Leute wachzurütteln und sie zum Denken anzuregen.
Sie sprechen von einem Horror-Szenario. Malen Sie nun schwarz, indem Sie weiss malen?
Ja, man kann das so anschauen.
Eine riesige Stadt wie Los Angeles, die über 100 Kilometer lang ist, würde die einen Gletscher wettmachen?
Das kann schon sein, aber es ist eine traurige Methode. Um die globale Temperatur um etwa ein halbes Grad zu senken, müssten zwei bis drei Prozent der dunklen Erdoberfläche durch weisse Flächen ersetzt werden. In der Schweiz sind etwa ein Prozent der Oberfläche Häuser und zwei Prozent Strassen. – Es ist noch nicht alles genau durchdacht, aber an dieser Stelle setze ich an.
Die Hurrikans vom vergangenen Jahr in Amerika bremsen den Ölmarkt. Aber die Unternehmen versuchen alles, um mit dem gleichen Verbrauch wie bis anhin weiterzufahren. Sie erkennen nicht, dass wegen der Energie, die wir verbrauchen, immer mehr und immere stärkere Hurrikans kommen. Wir sollten also weniger Energie verbrauchen.
Im Herbst 2007 bewerben Sie sich für den Nationalrat. Bringt Ihnen Ihr Massnahmenpaket dafür politische Vorteile?
Das Anmalen ist keine eigentliche Massnahme, sondern es geht darum, verschiedenes in den Alltag umzusetzen, so dass es normal wird. Auf dem Land bedeutet das: die Häuser besser dämmen, Sonnenenergie nutzen und mit Holz nachheizen, wo das nötig ist. Und in der Stadt bedeutet es, ebenfalls die Häuser besser dämmen und, wo möglich, Solarenergie und Tiefenwärme nutzen.
Sie sind Christ und Sie setzen sich für die Schöpfung ein. Ist das ein christlicher Auftrag?
Ich bin der Meinung, als Christ hat man hier die besseren Voraussetzungen, weil einen diese Ereignisse weniger niederschlagen. Man hat eine Hoffnung, die nicht einfach davon abhängt, wie es einem auf der Erde geht, eine Grundlage, an der man sich orientieren kann, und nicht immer nur den Eigennutz im Blickfeld hat. An der Ausrichtung am Eigennutz des einzelnen geht die Welt zu Grunde.
Sie haben die «Tour de Sol» ins Laufen gebracht. Es gibt mittlerweile eine ganze Serie von Rundstreckenrennen mit Solarautos. Was meinen Sie dazu?
Ich wusste nichts davon. In der Türkei wurde ein solches Rennen gefahren, ja. Diese Modelle zeigen uns die Fahrzeuge der Zukunft. Die müssen mit einem halben Liter Treibstoff auf 100 Kilometer auskommen und nicht mit zehn Litern. Solarautos zeigen, dass man sich auch mit sehr wenig Energie fortbewegen kann.
Weiterführende Links:
Ein Emmentaler läuft der Ölindustrie den Rang ab
Goldener Baustein 2005 verliehen
Wo gibt’s Öl im Emmental?
Vermindern weisse Flächen auf der Erde den Treibhauseffekt?
Von Josef Jenni, Solarpionier und Nationalratskandidat der EVP
Unser Planet bildet eine Oberfläche, die die Sonne mit einer unvorstellbar grossen Strahlungsleistung bescheint. Sie ist damit ein einziger Sonnenkollektor. Teile der Erdoberfläche funktionieren als geradezu ideale Absorber und wärmen sich bei Sonnenschein auf, wie zum Beispiel dunkle Gesteine oder ein Strassenbelag. Andere reflektieren die einfallenden Strahlen mehr oder weniger vollständig, wie zum Beispiel Schnee und Gletscheroberflächen.
Dunkle Oberflächen geben die Wärmeenergie dadurch ab, dass sie ihre Umgebung erwärmen (den Erdboden oder die Luft) oder dass sie langwellige infrarote Wärmestrahlung aussenden. Diese langwellige Strahlung kann nun unsere Atmosphäre nicht mehr ungehindert verlassen, sondern sie wird in den Luftschichten der Atmosphäre reflektiert und von ihnen absorbiert.
Dieser natürliche Treibhauseffekt bremst Temperaturschwankungen und schafft erst ein Klima, das Leben auf der Erde ermöglicht. Das Gleichgewicht im ganzen System ist fein abgestimmt und wohl noch lange nicht endgültig erforscht.
Die Klimaproblematik unserer Generation entsteht vor allem durch die erhöhte Konzentration von CO2 und anderen Treibhausgasen in der Atmosphäre. Sie halten die Wärmestrahlung, die von der Erdoberfläche wieder abgegeben wird, stärker zurück, so dass die Temperatur steigt.
Weisse Flächen schlucken weniger Energie
Mittlerweile weiss jedes Kind, dass ein Sonnenkollektor schwarz sein muss, damit er möglichst viel Energie aufnehmen und damit Wärme produzieren kann. Im sichtbaren Licht stecken rund 45 Prozent der Gesamtenergie des Sonnenlichts. Schwarze Flächen absorbieren diesen sichtbaren Teil vollständig. Anders gesagt: Wir sehen eine Fläche dann schwarz, wenn sie keine sichtbare Strahlung zurückwirft.
Weisse Flächen auf der Erdoberfläche heizen sich bei Sonneneinstrahlung weniger auf, da sie den Lichtanteil dieser Strahlung mindestens teilweise reflektieren. Der verlässt dann unsere Atmosphäre praktisch ungehindert, abgesehen von Wolken, die bei Sonnenschein aber rar sind. Dieses zurückgeworfene Licht erhöht daher nicht die Temperatur unserer Atmosphäre. Massive weiträumige Schneefälle können das Klima der betreffenden Gegend recht stark beeinflussen. Wenn hingegen die natürlichen weissen Oberflächen wie Gletscher- und Schneedecken weiter abnehmen, hat das entsprechend gegenteilige Folgen.
Weisse Flächen schlucken kein CO2. Aber sie tragen dazu bei, dass das Kohlendioxyd, das bereits in der Atmosphäre vorhanden ist, sich weniger stark auswirkt.
Versuch einer quantitativen Beurteilung
Die Globalstrahlung (gesamte solare Energiemenge auf der Erdoberfläche) beträgt in unseren Breiten rund 1300 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (1300 kWh/m²a). Ein Quadratmeter einer weissen, waagerecht liegenden Fläche nimmt pro Jahr ca. 300 kWh weniger solare Wärmeenergie auf als eine schwarze. Weisse Flächen bleiben allerdings nicht lange rein weiss, und nicht immer sind sie von der Sonne beschienen. Wir reduzieren die Menge also schätzungsweise um den Faktor 2. Damit bleibt als Richtwert ein «Energieverlust» von 150 kWh/m²a.
Wird also zum Beispiel eine Dachfläche von 100 m² mit weissem statt dunkelbraunem Eternit eingedeckt, so verbleiben jährlich 15 MWh weniger in der Atmosphäre.
Die abgestrahlte Energie kompensiert die Auswirkungen der Wärme, die zum Beispiel beim Verbrennen von 1500 Litern Heizöl entsteht. Um die Wärmeabstrahlung des Jahres-Bruttoenergieverbrauchs der Schweiz zu kompensieren (Jahr 2002: 1,2 x 106 TJ = 333`000 Mio. kWh), müssten 2200 km², also 5 Prozent der Landesfläche, weiss statt dunkel sein. Dies wäre etwa das Doppelte der Fläche, die benötigt würde, wenn man unseren Energiebedarf nur über Sonnenkollektoren decken wollte.
Beim Verbrennen von Heizöl oder Kohle beeinträchtigt vor allem der Ausstoss von CO2 das Klima. Wenn die globale Temperatur um ca. 0,5° C zurückgehen soll, müsste man die Sonneneinstrahlung um ca. 0,7 Prozent senken. Das bedeutet, dass auf etwa 2 bis 3 Prozent der Erdoberfläche dunkle Flächen durch weisse ersetzt werden müssten. Sind diese Flächen sonnenexponiert (Äquator, Süddächer) oder bestehen sie aus Spiegeln, dann dürften auch 1 bis 2 Prozent ausreichen. Zum Vergleich: In der Schweiz machen Dachflächen etwa 1 Prozent und Strassen gut 2 Prozent der Gesamtfläche aus. Die Globalstrahlung auf der Fläche der Schweiz beträgt dabei 191 Mio. TJ; der Bruttoenergieverbrauch von 1,2 Mio. TJ entspricht 0,6 Prozent der Globalstrahlung.
Fazit
Erstellen von weissen Flächen ist reine Symptombekämpfung, aber immerhin eine gar nicht so abwegige Möglichkeit, die Erdtemperatur aktiv zu senken. Es ist eine Massnahme, die relativ einfach und schnell realisierbar ist (Dachflächen einfärben, Bodenflächen hell statt schwarz). Dächer weiss zu streichen ist sicher einfacher, als den Erdölverbrauch zu halbieren.
Möglichst schnell deutlich weniger fossile Energieträger zu verbrennen ist aber effektiver und vor allem langfristig wirksamer. Das kann durch Massnahmen wie Energiespartechniken, Wärmeerzeugung mit Sonnenkollektoren oder Erdwärmenutzung zur Stromerzeugung oder Beheizung unserer Städte erreicht werden.
Unser weisses Dach betrachte ich in diesem Zusammenhang als einen ernsthaften Beitrag zum Thema, aber auch als Mahnzeichen dafür, dass im Umweltbereich wirklich etwas passieren muss.
Website: www.jenni.ch
Datum: 15.06.2006
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch