Familien von hohen Prämien entlasten

Intensivstation
Gerd Weisensee
Konstantin Beck
Reto Witschi

Wie lange noch müssen Familien in kargen Bergtälern die Deluxe-Gesundheitskosten von Städtern bezahlen? Am dritten „Fokustag für die Familie“ am Freitag, 25. August, in Bern ging es um Sinn und Grenzen von ‚Solidarität’. Die Teilnehmenden erörterten, wie Familien von den hohen Krankenkassenprämien entlastet und im Gesundheitswesen Anreize zur Kostenminderung geschaffen werden können.

Die ständig steigenden Krankenkassenprämien belasten besonders Familien mit mehreren Kindern. Eine Ursache dafür ist die uneinheitlich gehandhabte Prämienverbilligung in den Kantonen. Der von der Koalition für die Familie organisierte Fokustag beschäftigte sich deshalb auch grundsätzlich mit Vorschlägen zur Senkung der Kosten im Gesundheitswesen.

HMOs und Netzwerke von Ärzten

Drei Experten aus Krankenversicherungen machten dazu Vorschläge. Der Gesundheitsökonom Konstantin Beck, Privatdozent an der Universität Zürich, hat ein Modell zum verbesserten Risikoausgleich erarbeitet, das inzwischen vom Ständerat aufgenommen worden ist. Darauf aufbauend hat der Chefstatistiker bei der CSS-Versicherung Modelle für HMOs und Ärztenetzwerke entwickelt, die den Versicherten Prämienrabatte von 20 % und mehr ermöglichen. Sie haben inzwischen auch Praxisreife erlangt und sich bewährt. Weil in diesen Modellen die Ärzte ein Interesse an einer optimalen und kostengünstigen Behandlung haben, habe das Beratungsgespräch eine hohen Stellenwert, betonte Beck, und berücksichtige auch kostengünstige und präventive Massnahmen.

Die Kosten von Medikamenten gemindert

Einen andern Schwerpunkt zur Kostensenkung hat die Assura eingeschlagen, wie Reto Witschi von der Assura-Direktion erklärte. Seine Versicherung betreibe eine konsequente Kostenkontrolle, was zu erheblichen Einsparungen geführt habe. Seit die Assura auch die Apothekerrechnungen nicht mehr direkt bezahle, sondern sie mit den Versicherten abrechne, hätten sich Kostenreduktionen bei Medikamenten von rund 30 % ergeben. Ausserdem gehe die Assura konsequent gegen die „schwarzen Schafe“ vor und setze wenn nötig auch juristische Mittel ein. Auch Witschi sprach sich für die Förderung von „Managed Care“-Modellen aus.

Freiwilligen Verzicht ermöglichen

Gerd J. Weisensee, Direktor der Versicherungsagentur Pro Life, erklärte, dass das Modell eines freiwilligen Verzichts – bei der Pro Life namentlich auf Leistungen aus Abtreibungen –markant niedrigere Versicherungsleistungen zur Folge habe. Allerdings stehe das Modell des freiwilligen Verzichts unter politischem Beschuss, auch wenn es sowohl das Eidgenössische Versicherungsgericht wie der Bundesrat bestätigt hätten.

Weisensee sprach sich auch für einen schrittweisen Abbau des Risikoausgleichs aus. Es müsse wieder möglich sein, das ländliche Gegenden wie zum Beispiel Bergtäler eine eigene und sehr kostengünstige Versicherung betreiben könnten, welche nicht die Anspruchshaltung der Stadtbewohner subventionieren müsse, wie es unter dem geltenden KVG der Fall sei. Dies erfordere eine Neudefinition des geltenden Solidaritätsprinzips, das Schwächen aufweise. Auch die Pro Life Kunden subventionieren Versicherte mit höheren Ansprüchen an die Krankenversicherung.

Eigenverantwortung belohnen

In einem Podiumsgespräch, an denen auch die Nationalräte Walter Donzé (EVP BE) und Markus Wäfler (EDU ZH) teilnahmen, wurde eine stärkere Eigenverantwortung und deren Belohnung durch das KVG gefordert. Die Kassen sollten die Möglichkeit haben, Module der Grundversicherung anzubieten, welche die Versicherten ja nach ihrem Lebensstil auswählen könnten. Versicherte, welche sich bei medizinischen Leistungen zurückhielten, könnten so profitieren.

Markus Wäfler bemängelte, dass die Kassen einerseits teure und jahrelange Drogensubstitutionsprogramme bezahlen müssten, während für ausstiegsorientierte Therapien keine Leistungen vorgesehen seien. Auch Walter Donzé forderte einen Leistungskatalog, der sich auf das Notwendige beschränke. Dazu müssten die Versicherer mehr Freiheit erhalten.

Eltern von Kinderprämien befreien

In einer von der Koalition für die Familie (KfF) verabschiedeten Erklärung wird schliesslich die generelle Befreiung der Eltern von den Kinderprämien gefordert. Damit würde die Gesellschaft zu einem Lastenausgleich zwischen Eltern und Kinderlosen beitragen und eine Vorinvestition in die künftige Generation leisten.

Dem überkonfessionellen Netzwerk „Koalition für die Familie“ gehören familienorientierte Politiker und Leiter von christlichen und Familienorganisationen an. Die „Koalition für die Familie“ setzt sich für staatliche Massnahmen zugunsten der Familie ein. Unter Familie wird die durch eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft von Frau und Mann verstanden, die gemeinsam das Leben an die nächste Generation weiter geben.

Datum: 29.08.2006
Autor: Fritz Imhof

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