Bei der zurzeit heftig geführten Debatte kämen wesentliche ethische Fragen kaum zur Sprache, kritisierte der Ethiker Dr. Bernd Wannenwetsch von der Universität Oxford. Er betonte die gesellschaftskritische und beobachtende Aufgabe der christlichen Ethik speziell in den aktuellen Diskussionen über die Sterbehilfe. Sie müsse die Hintergründe dieser Debatten ausleuchten und die theologische Rede vom Menschen angesichts von Leiden, Sterben und Tod in die Diskussion einbringen. Dabei wandte sich Wannenwetsch gegen das moderne Bild vom Menschen, dessen Leben das ist, was er daraus macht und gegen eine von daher missverstandene "Kunst des Sterbens". "Der Tod ist nicht Spiegel unseres Lebens und angesichts des Todes gibt es keine Könnerschaft", sagte Wannenwetsch. Wie wichtig eine ganzheitliche Betreuung unheilbar Kranker und Sterbender ist, zeigte Pfarrerin Martina Holder-Franz aus Muhen an einem Beispiel aus ihrer Seelsorgepraxis auf. Medizinische Hilfe, soziale und familiäre Unterstützung, sowie spirituelle Begleitung hatten hier Hand in Hand gespielt und einer Krebspatientin ein Sterben in Würde ermöglicht. "Palliative Begleitung schwerkranker und sterbender Menschen heisst interdisziplinäre Zusammenarbeit", betonte Holder-Franz unter Berufung auf die englische Ärztin und Sozialarbeiterin Cicely Saunders (1918-2005), die neben Elisabeth Kübler-Ross als Begründerin der modernen Hospizbewegung und Palliativmedizin gilt. Bei der "Palliative Care", der "lindernden Betreuung" von Patienten (im Unterschied zur vorbeugenden oder heilenden Behandlung), gehe es darum, mit allen medizinischen Möglichkeiten schwerkranken Menschen so beizustehen, dass sie bis zuletzt Lebensqualität erfahren können. "Sterben kann ein würdevoller Prozess sein, für den es neben dem sinnvollen Einsatz von Medikamenten Zeit, Nähe, Fantasie und Hingabe braucht", sagte Holder-Franz. "Hinter den Diskussionen um ein Recht auf Sterbehilfe stehen ökonomische Interessen", behauptete Dr. Frank Mathwig, Beauftragter für Ethik des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds (SEK). "Die Diskussion um ein Recht auf Palliative Care wird nicht geführt." Das SEK-Positionspapier "Das Sterben leben. Entscheidungen am Lebensende aus evangelischer Sicht", das demnächst veröffentlicht wird, möchte er als Diskussionsbeitrag in der Debatte um Sterbehilfe und Suizidbeihilfe verstanden wissen. Es spricht sich für ein Recht auf Palliative Care, aber gegen einen Rechtsanspruch auf Suizidbeihilfe bzw. Sterbehilfe aus.Seelsorge im Rahmen des neuen palliativen Pflegekonzeptes
Kein Recht auf Sterbehilfe
Datum: 08.11.2007
Quelle: Kipa