Obama und das Gebet des Pastors

Rick Warren
Barack Obama während dem Gebet von Rick Warren bei der Amtseinsetzung.

Zur Amtseinsetzung des Präsidenten der USA gehört eine Anrufung Gottes. Der Saddleback-Pastor Rick Warren verband in seinem bemerkenswerten Gebet vor dem Kapitol in Washington Glaubensbekenntnis und Dank mit Busse und Bitte.

Angesichts des globalen Medien-Interesses könnten die viereinhalb Minuten das öffentlichste Gebet sein, das je gesprochen wurde. Die einzigartige ethnische und religiöse Vielfalt der USA (der Obama in seiner Rede mit der Erwähnung der Nicht-Glaubenden Rechnung trug) macht ein solches Gebet zu einem Hochseilakt.

Namentliche Fürbitte für alle Verantwortlichen

Rick Warren, der im Sommer die beiden Kandidaten in seiner kalifornischen Kirche befragt hatte, rief Gott eingangs als Schöpfer und Herr der Geschichte an, der sich liebevoll um alle Menschen kümmert.

Warren dankte für sein Land und den historischen Moment, da der erste Nicht-Weisse an seine Spitze trete. Er bat für Barack Obama um „die Weisheit, uns mit Demut zu führen, um die Energie, uns integer zu führen, um das Mitgefühl, uns grosszügig zu führen“. Gott möge ihn und seine Familie, Vizepräsident Biden und alle gewählten Politiker segnen.

Busse

Es folgten – vor globalem Publikum – eine christliche Selbstbeschreibung der USA und ihrer Ideale und Bitten um Vergebung. Die Amerikaner sollten sich bewusst sein, dass ihre Verpflichtung auf Freiheit und Gerechtigkeit für alle sie eine, nicht Hautfarbe, Religion oder Blutsbande. Die Selbstbezogenheit, den Hochmut und das Versagen der Menschen sprach Warren in knappen, scharfen Sätzen aus, dreimal: Vergib uns!

Gerechtigkeit zuerst

Er machte deutlich, dass die tiefe Krise verantwortungsbewusstes Handeln, Demut und Anstand erfordert. Implizit rief er die Christen und alle anderen Bürger des Landes auf, miteinander auf eine „gerechtere, gesündere und wohlhabendere Nation und einen friedlichen Planeten“ hinzuarbeiten.

Jesus – auch für Muslime

Die Bitten richtete Warren an Gott im Namen von Jesus, den er vierfach aussprach: in Aramäisch, Arabisch (Sprache des Koran und der arabischen Christen), Spanisch, der Sprache der Zuwanderer aus dem Süden, und Englisch. Und brachte dabei auch zum Ausdruck, dass Jesus sein eigenes Leben verwandelt hatte. Die Invocation schloss Warren, der unter Zeitdruck das Ganze ablas, mit dem Unser-Vater-Gebet.

Der Auftritt von Robinson nicht ausgestrahlt

Im Vorfeld der Amtseinsetzung hatte es geheissen, neben Warren werde auch der homosexuelle anglikanische Bischof Gene Robinson ein Gebet sprechen. So wolle der Demokrat Obama seiner Wählerschaft Rechnung tragen, die ethische Standpunkte des Evangelikalen Warren ablehnt. Robinson trat am Sonntag beim Lincoln Memorial auf, in der Veranstaltung, welche die Feierlichkeiten zur Amtseinsetzung eröffnete - kurz bevor Beyonce, U2, Pete Seeger und Bruce Springsteen Begeisterungsstürme entfachten. Die TV-Übertragung vom Event enthielt das Gebet nicht - laut den Organisatoren ein Irrtum.

Robinson eröffnete sein politisches Gebet (ebenfalls gut vier Minuten lang) mit der Anrede "O Gott, den wir vielfältig verstehen" (O God of our many understandings). Er bat: "Segne uns mit Freiheit von blosser Toleranz, lass echten Respekt an ihre Stelle treten, so dass wir unsere Unterschiede warm umfassen." Weiter bat er, Gott möge die Nation "mit Zorn segnen - Zorn gegen Diskriminierung, im In- und Ausland, von Flüchtlingen und Immigranten, von Frauen und Farbigen, Schwulen, Lesben, bisexuellen und transsexuellen Menschen". Und weiter: "Segne uns mit Mitgefühl und Grosszügigkeit, im Wissen darum, dass der Gott jeder Religion uns richtet aufgrund der Art und Weise, wie wir für die Verletzlichsten gesorgt haben."

Links zum Thema:
Das Gebet von Rick Warren
Der Auftritt von Gene Robinson

Datum: 23.01.2009
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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