Begegnung zwischen Araber und Israelis

«Nur ein toter Araber ist ein guter Araber!»

Das stand für Moran Rosenblit fest. Durch einen Selbstmordanschlag eines Palästinensers waren sieben seiner Freunde ums Leben gekommen. Einer seiner besten Freunde heute ist aber ausgerechnet ein früherer arabischer Terrorist.
"Früher hassten sie die jeweils andere Volksgruppe."
"Heute sind sie gute Freunde."

Wäre es bei dem geblieben, was die beiden erlebt hatten – ihr Zusammentreffen hätte in einem brutalen Desaster, ja in einem tödlichen Showdown geendet. Denn:

Taysir Abu Saada war Scharfschütze der PLO. Er hasste die Juden bis aufs Blut, im wahrsten Sinne des Wortes. Für Kommando-Aktionen wurde er nach Israel gesandt. Zudem bildete er für die Arafats PLO 9- bis 13-jährige Jugendliche aus. In seiner Freizeit beschoss er in Jordanien die Häuser und Autos von Christen.

Moran Rosenblit verlor bei einem Anschlag gegen die israelische Armee sieben Freunde, 22 Menschen fanden dabei insgesamt den Tod. Sein Leben damals: Alkohol, Frauen und seine Arbeit als DJ in Nachtklubs. Sechs Monate später – er war gerade unterwegs, um wieder in einem Nachtklub Platten aufzulegen – da hörte er in den Nachrichten von einem Soldaten, der erschossen wurde. Auch der Name des Getöteten wurde genannt: wieder ein Freund von ihm ...

Heute können die beiden in einem Raum sitzen ohne Sicherheitsleute, die sie voreinander beschützen müssten. Wie konnte es dazu kommen?

Daniel Gerber: Moran Rosenblit, wo sind Sie aufgewachsen?
Moran Rosenblit: Ich bin in Israel geboren und habe dort 20 Jahre gelebt. Aufgewachsen bin ich in einem Kibbuz im Norden. Vor sechs Jahren bin ich nun in die Staaten gegangen.

Wurde Ihnen als Kind ein Hass auf arabische Moslems beigebracht? Neulich sah ich ein Bild eines israelischen Soldaten, der einen Siedlerjungen am Steinwerfen hindern will ...
Moran Rosenblit: Meine Eltern erzogen mich dazu, die Leute zu lieben. Ich wuchs nicht in einem Hass gegen meine Nachbarn auf. Ich hatte viele arabische Freunde, mit denen ich zusammen war. Wir gingen zum Beispiel nach Bethlehem und assen dort in einem Restaurant. Mein Hass und meine Wut kamen erst, als ich grösser war und bei einem Selbstmordattentat viele Freunde verloren hatte.

Und wie war das bei Ihnen, Taysir Abu Saada? Hatten Sie Freunde von der anderen Seite oder wurden Sie zum Hass erzogen?
Taysir Abu Saada: Weder noch. Woanders hat es beides gegeben, aber ich selber wuchs als Flüchtling in einem arabischen Land auf, in Saudi-Arabien. Wir wurden immer «palästinensische Flüchtlinge» und «Emigranten» genannt. Das hat mich allmählich verbittert, dass die Israeli mich zu einem Flüchtling gemacht hatten. Das hat in meinem Herzen einen Hass wachsen lassen. So dachte ich, dass ich diesen jüdischen Staat bekämpfen werde.

Ich wuchs als Moslem auf und mochte darum auch die Christen nicht. Als ich die Juden in Israel bekämpfte, tat ich dasselbe auch mit den Christen. Das war für mich normal. Das war eine Indoktrination unter den Moslems, die Juden und Christen zu hassen.

In der Schule, daheim oder beides?
Taysir Abu Saada: Irgendwie gehörte das richtig zum Alltag. Du lebst mit den News, siehst, was passiert, und machst dir selber noch mehr draus. Im Islamunterricht ist viel vom Hass auf die Juden und die Christen die Rede.

Das waren die Jahre als Kind und Jugendlicher. Sie, Moran Rosenblit, hatten damals keine Probleme mit der anderen Seite. Später aber schon. Wie kam das?
Moran Rosenblit: Es war in der Armee, ich war damals 19. Naja, du wachst eines Tages auf und verlierst auf einen Schlag eine Menge Freunde. Und du weisst genau, wer das getan hat. Dann wirst du wütend, hasst sie und hast nicht mehr viel Mitleid mit ihnen.

Einen Tag nach diesem Anschlag kam ich nach Hause und traf einen arabischen Freund. Als ich ihn sah, senkte er den Blick. Er konnte mir nicht in die Augen schauen. Ich sagte zu ihm, er solle aufschauen, und dass das nicht sein Fehler sei. Ich denke, ich konnte unterscheiden zwischen denen, die solche Anschläge machten, und den Arabern, die in Israel leben und arbeiten. Aber du wirst auch eingeholt vom Schmerz und der Realität und machst dir immer weniger draus, wenn ein Araber stirbt. Nach jenem Attentat war für mich nur ein toter Araber ein guter Araber.

Lesen Sie weiter unter:
Teil 2: "Sieben meiner Freunde wurden ermordet!"
Teil 3: Wir sprechen von nur noch einem Blut
Teil 4: Schulter an Schulter mit dem früheren Feind
Teil 5: Ein PLO-Scharfschütze wird Gottes Visitenkarte
Teil 6: "Liebet eure Feinde"

Moran Rosenblit
Lebt in Los Angeles (USA) und führt das Werk «Hope for Israel». «Ziel ist, dass sich die Menschen untereinander und mit Israel aussöhnen. Wir glauben, der einzige Weg dazu ist Jesus, der Messias.» Rosenblit hatte diese Organisation im Jahr 2000 gegründet. Zur Zeit gibt es ein Büro in den USA, ein weiteres ist in Israel geplant.
Internet: www.hope4israel.org

Taysir Abu Saada
Lebt in Missouri (USA) und führt dort das Werk «Hope for Ishmael». Abu Saada ist Gründer und Leiter. Ein weiteres Büro wurde vor kurzem in Malaysia eröffnet, um die Menschen in Malaysia, Indonesien und auf den Philippinen zu erreichen. Auch im Gazastreifen soll eines entstehen. «So können unsere Organisationen übers Kreuz unter unseren Leuten arbeiten.»
Internet: www.hopeforishmael.org

Ansprechpartner der beiden in der Schweiz ist die Hilfsaktion Märtyrerkirche: www.hmk-aem.ch

Datum: 12.05.2005
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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