Tolle Musik muss nicht immer laut sein
Livenet.ch: Wie kam es zu dem Projekt "ungewohnt leise"?
Andi Weiss: Seit ein paar Jahren beschäftigt mich die Geschichte des Propheten Elia, der auf den Berg Horeb steigt, auf der Suche nach Gott. Es blitzt, es donnert, es kracht. Aber Gott ist nicht im Sturm, nicht im Blitz, nicht im Donner, und auch nicht im Erdbeben. Die Bibel schreibt: Gott war im "Säuseln des Windes". Das finde ich sehr spannend und habe mich gefragt: Wo ist eigentlich Gott in meinem Leben zu entdecken? Ich suche ihn oft in grossen Wundern und Gebetserhörungen, eben in den lauten Dingen. Und manchmal übersieht man Gott, weil man auf das grosse Wunder hofft. Je länger ich mein Leben und meinen Glauben lebe, desto öfter entdecke ich Gott in den kleinen, leisen Dingen. Ich merke, wie sich Gott "ungewohnt leise" in meinen Alltag einreiht. Diese Entdeckung nehme ich mit in mein Programm. Daraus ist die CD "ungewohnt leise" mit 13 Liedern entstanden.
Warum singst du über Gott?
Ich singe über alles, was mich bewegt: die Liebe das Leben, den Tod... Trotzdem braucht jede Sehnsucht auch ein Zuhause. Ich möchte in meinen Liedern nicht nur Antworten geben, sondern auch bewusst Fragen - auch "An-Fragen" - stellen. Meine Lieder sind weniger ein Gespräch über Gott, sondern mehr ein Gespräch mit ihm. Manchmal ist es auch eine Auseinandersetzung aus zum Beispiel einer Enttäuschung heraus. Aber das gehört zu jeder guten Beziehung dazu. Das ist viel gesünder als eine Funkstille - die es vielleicht aber manchmal auch braucht...
Was heisst "glauben" für dich?
Vertrauen. Blindes Vertrauen. Zu wissen, dass ich nichts weiss. Dietrich Bonhoeffer hat einmal gesagt: "Wenn man völlig darauf verzichtet hat, aus sich selbst etwas zu machen - sei es einen Heiligen oder einen bekehrten Sünder oder einen Kirchenmann, einen Gerechten oder einen Ungerechten, einen Kranken oder Gesunden - und dies nenne ich Diesseitigkeit, nämlich in der Fülle der Aufgaben, Fragen, Erfolge und Misserfolge, Erfahrungen und Ratlosigkeiten leben, - dann wirft man sich Gott ganz in die Arme, dann nimmt man nicht mehr die eigenen Leiden, sondern das Leiden Gottes in der Welt ernst, dann wacht man mit Christus in Gethsemane, und ich denke, das ist Glaube und so wird man ein Mensch, ein Christ." Das glaube ich!
Wie schreibst du Lieder?
Das ist bei mir wie bei einer Schwangerschaft. Mich beschäftigt ein Thema, eine Frage, ein Erlebnis... Wenn die Gedanken lange genug um dieses Thema gekreist sind, dann kommt irgendwann beim Spazierengehen oder unter der Dusche eine Melodie dazu. Meine Lieder sind deshalb auch so wie eigene Kinder, weil ich durch die Songs viel von mir persönlich erzähle.
Welchen Tipp kannst du jungen Musikern geben?
Für mich steht der Inhalt immer über der musikalischen Qualtität. Deshalb ist mein Motto: "Lebe Deine Lieder und besinge Dein Leben!" Das hört sich jetzt nach einer Zigarettenpapierweisheit an, ist aber ernst gemeint. Ich selbst gehe mit diesem Anspruch an meine Musik. Wie schnell packt man theoretische Weisheiten in gängige Melodien und andere Menschen übernehmen diese "Weisheiten" ungeprüft - nur weil die Musik gefällig ist. Deshalb hab ich den Anspruch, die Aussagen meiner Lieder auch wirklich anhand meines Lebens überprüfbar zu machen. Ich glaube, Menschen interessiert nichts so sehr, wie andere Menschen. Ich besinge in meinen Liedern mein Leben oder die Erfahrungen andere Menschen in ihrem Leben. Das macht die Lieder alltagstauglich und menschennah. Und das Wünsche ich mir von guter christlicher Musik.
Link zum Thema: Ins Album reinhören
Mehr zum Thema Lobpreis: Das Livenet-Dossier
Datum: 11.10.2007
Autor: Miriam Hinrichs
Quelle: Livenet.ch