Geheimgesellschaften, Merowinger und Leonardo da Vincis Code

Inhaltsübersicht:
Aus dem`Abendmahl` von Leonardo Da Vinci.


Wer waren die Templer?

Der Ritterorden wurde 1119 von Hugo von Payens, einem Kreuzfahrer aus der Champagne, gegründet, um den christlichen Pilgern auf dem Weg von Jaffa nach Jerusalem bewaffneten Schutz zu bieten. Der Name rührt von der Unterkunft im „Salomonstempel“ in der 1099 von den Kreuzrittern eroberten Stadt Jerusalem her. 1128 erhielten die Templer in Frankreich ihre Ordensregel; sie gliederten sich in Ritter, dienende Brüder und Kapläne. Bernhard von Clairvaux propagierte den Orden, der bei den zunehmenden Angriffen der Muslime auf die Kreuzfahrerstaaten zur unersetzlichen Elitetruppe wurde. Ab 1149 besass er eigene Burgen.

Ihr Einsatz im Heiligen Land trug den Templern im Westen reiche Schenkungen ein. Ihre Glaubwürdigkeit liess sie zu Pionieren der Geldanlage werden, doch die Macht und der immense Reichtum erregten Neid. Nachdem 1291 mit Akko der letzte Stützpunkt im Heiligen Land gefallen war, liess der tief verschuldete französische König Philipp IV. der Schöne am 13. Oktober 1307 überraschend alle französischen Templer verhaften und ihnen unter Folter unsinnige Geständnisse abpressen. Mit den fabrizierten Anklagen zwang er Papst Clemens V., am Konzil von Vienne 1312 den Orden förmlich aufzuheben, und riss sich den grössten Teil des Templer-Besitzes in Frankreich unter den Nagel. Im Zuge der Vernichtung des Ordens endete der Grossmeister Jacques de Molay wie zahlreiche seiner Ritter auf dem Scheiterhaufen.

Dan Brown behauptet ohne historische Anhaltspunkte, Männer der "Prieuré de Sion" hätten den Templerorden gegründet, um ihr Graben nach einem in den Ruinen des Jerusalemer Tempels verborgenen Schatz zu bemänteln. Der Schatz habe aus Dokumenten bestanden, die bewiesen, dass Jesus und Maria Magdalena verheiratet gewesen seien und eine Tochter gehabt hätten. Darüberhinaus versichert Browns Held Robert Langdon seiner Gefährtin Sophie Neveu, die Templer hätten den Schatz nach neun Jahren gefunden; dieses Wissen habe den Papst gezwungen, dem Orden Eigengesetzlichkeit zuzugestehen. Unrichtig ist Browns Darstellung der Vernichtung der Tempelritter: Nicht der Papst, sondern Philipp der Schöne setzte sie ins Werk.
Mehr zum Thema: Die Tempelritter


Was hat es mit der Prieuré de Sion auf sich?

Das Plot von „Sakrileg“ hängt an dieser Geheimbruderschaft. Sie habe, wird im Thriller enthüllt, über die Jahrhunderte das Geheimnis bewahrt, welches bei seiner Enthüllung die katholische Kirche in ihren Grundfesten erschüttern würde: dass Nachkommen von Jesus und Maria Magdalena in Frankreich leben. An den Kopf des Romans setzt Brown „Fakten und Tatsachen“: dass die Prieuré de Sion 1099 von Gottfried von Bouillon, dem Anführer der Jerusalem-Eroberer, gegründet worden sei und dass ihr Newton und Leonardo da Vinci angehört hätten.

In Tat und Wahrheit hat der französische Royalist Pierre Plantard 1956(!) in Annemasse bei Genf mit einigen Freunden die „Prieuré de Sion“ gegründet, wobei sich Sion auf einen Hügel in der Gegend, nicht auf den Jerusalemer Berg Zion bezieht. Der Verein, der eine Zeitschrift herausgab, wurde bald wieder aufgelöst. In gefälschten Dokumenten legte der eigenbrötlerische Phantast Plantard später seine Abstammung vom 679 ermordeten Merowingerkönig Dagobert II. dar. In diesen „Dossier Secrets“ taucht auch die Behauptung von der Gründung der Prieuré in Jerusalem unmittelbar nach der Eroberung durch die Kreuzritter 1099 auf.

1982 übernahmen Henry Lincoln, Michael Baigent und Richard Leigh in ihrem pseudohistorischen Buch (deutsch „Der Heilige Gral und seine Erben“) mit Plantards Phantastereien auch den auf die Kreuzritter zurückgehenden Stammbaum, den er für die Grossmeister der Prieuré erfunden hatte. Obendrein setzten sie die Behauptung in die Welt, die Geheimgesellschaft bewache noch immer Nachfahren von Jesus und Maria Magdalena, welche als Merowinger Frankreich (450-751) regierten. Und: „Wir sind der Überzeugung, dass die Prieuré die theokratischen Vereinigten Staaten von Europa anstrebt … regiert von einer Dynastie, deren Herkunft auf Jesus zurückgeht“ (Seite 372).
Mehr zum Thema: Die Prieuré de Sion


Was geschah in Rennes-le-Château?
Der Franzose Pierre Plantard, der 1956 in Annemasse bei Genf den Verein „Prieuré de Sion“ gegründet hatte, liess einige Jahre später Pergamente erstellen und der Pariser Nationalbibliothek zugehen. Diese „Dossiers Secrets“, behauptete er, habe Abbé Bérenger Saunière, 1890-1909 Priester von Rennes-le-Château im südfranzösischen Roussillon, bei der Renovation seiner Kirche entdeckt. Das kleine Dorf lag einst im Einflussgebiet der Katharer, der gnostisch angehauchten südfranzösischen Sektenbewegung, die Rom nach 1209 mit dem Schwert (Albigenserkriege) und mit der Inquisition bekämpfte.

Plantards Fixierung auf Rennes-le-Château ergab sich daraus, dass Abbé Saunière es geschafft hatte, die Kirche der kleinen Pfarrei zu renovieren und sich eine Villa zu bauen. Woher stammte das Geld? In einem „westgotischen Pfeiler“ seien Pergamente gefunden worden, die den Abbé zu einem Schatz geführt hätten: Dieser Geschichte des Wirtes Noël Corbu, der Gäste anziehen wollte, sass Plantard auf. In Tat und Wahrheit hatte sich der Priester durchs Lesen von Messen bereichert, weshalb er schliesslich abberufen wurde. Der Journalist Jean-Luc Chaumeil entlarvte die “Dossiers Secrets” in den 1980-er Jahren als dreiste Fälschung.


Was ist der Heilige Gral?

1183 suchte Philippe, Graf von Flandern, alle Untertanen in seinem Herrschaftsgebiet, die der sektiererischen Lehre der Katharer anhingen, mit einer brutalen Kampagne auszurotten. Zur selben Zeit beauftragte er den Dichter Chrétien de Troyes, die Geschichte von Perceval (Parsifal) zu verfassen. In dieser Dichtung taucht der Gral zum ersten Mal auf. Er ist ein geheimnisumwitterter Gegenstand, dessen Suche und Gewinn mit Segen verbunden ist. Es geht angeblich um ein in einer kaum zugänglichen Burg bewachtes Gefäss, das Glückseligkeit und ewige Jugend spendet.

Die Legende von der Gralssuche, in der christliche und heidnische Motive aufscheinen, wurde im Mittelalter vielfach ausgesponnen (Sagenkranz von König Artus und der Tafelrunde), weil sie das ritterliche Streben nach der Bewährung im Kampf  und nach dem höchsten Gut versinnbildlichte. In der auf Reliquien versessenen Frömmigkeit des Hochmittelalters wurde der Gral auch als der Kelch beim letzten Abendmahl gedeutet, ohne dass die Kirche dies anerkannte.

800 Jahre nach dem Erscheinen des Gralsmotivs in der europäischen Literatur haben Henry Lincoln, Michael Baigent und Richard Leigh 1982 im Buch „Der Heilige Gral und seine Erben“ eine neue Deutung aufgebracht: San Greal (Heiliger Gral) sei als Sang Réal (=Royal, königliches Blut) zu lesen: „Der Gral schien also nicht nur ein Gefäss gewesen zu sein, in dem das Blut Jesu Christi aufgefangen worden war, sondern war ganz offensichtlich an das Geblüt eines Geschlechts gebunden“ (Seite 277).

Sieben Seiten später wird in knappen Sätzen formuliert: „Maria Magdalena war mit Jesus verheiratet. Dieser Ehe entsprangen ein oder mehrere Kinder. Unmittelbar nach der Kreuzigung Jesu floh Maria Magdalena mit ihrer Nachkommenschaft nach Gallien, wo sie bei den dort existierenden jüdischen Gemeinden wahrscheinlich einen Unterschlupf gefunden haben dürfte…“ Die Nachfahren hätten mit den Franken verbunden und als Merowinger das Land regiert, heisst es weiter. – Diese Deutung von ‚Sangreal’ hat Baigent in seinem neuen Buch „Die Gottesmacher“ wiederaufgenommen und weiterentwickelt. Erschienen ist es (wen wundert’s?) im April 2006...


Findet sich der Gral im „Abendmahl“ von Leonardo da Vinci?
Mit den phantastischen Magdalena-Merowinger-Spekulationen hat Dan Brown in seinem Roman eine esoterische Deutung von Leonardo da Vincis Meisterwerk kombiniert. Danach würde das „Abendmahl“ neben Jesus nicht seinen Jünger Johannes zeigen. „Dass Jesus und Maria Magdalena ein Paar waren, schleudert da Vinci dem Betrachter ... geradezu ins Gesicht“, schreibt der Romancier auf Seite 335. Er geht noch weiter: Das V zwischen den beiden Personen soll – als Gralszeichen –Magdalenas fruchtbaren Mutterschoss und das göttlich Weibliche symbolisieren.

Der Leipziger Kunsthistoriker und Leonardoforscher Franz Zöllner hat in der „Zeit“ entgegnet, dass sich die ungewöhnlichen Lücken des Gemäldes „aus dem simplen Umstand erklären, dass Leonardo die emotionsgeladene Reaktion der Jünger auf die Verratsankündigung Christi möglichst expressiv darzustellen versuchte: ‚Einer von euch wird mich verraten.’ Dadurch zerfallen die Jünger in Gruppen, und so entstehen Lücken zwischen den Figuren.“ Der Leipziger Professor unterstreicht weiter, dass zu Leonardos Zeiten im „Abendmahl“ eine Maria Magdalena nicht unterzubringen war – die künstlerische Freiheit war nicht gegeben. „Der feminin wirkende Johannes hingegen ist nicht ungewöhnlich, er wurde oft als besonders junger, bartloser und und daher weiblich anmutender Typ dargestellt.“

Zöllner kann sich vorstellen, dass Browns Behauptungen als Fragen an Leonardos Bilder Nutzen bringen. „Einzig das Beharren auf Fragen und die Abwehr esoterischer Antworten bieten die Gewähr dafür, dass sich die Kunst- und Bildwissenschaftler unserer Tage nicht unversehens in der Rolle jener weltfremden Trottel wiederfinden, in die Brown die Gelehrten in seinem Thriller gerne schlüpfen lässt.“

Datum: 16.05.2006
Quelle: Jesus.ch

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