Die Rettung für den christlichen Buchhandel?
Die betroffenen Buchhändler und Verleger sind sich in ihrer Meinung grundsätzlich einig. Seit knapp fünf Jahren gibt es in der deutschsprachigen Schweiz keine verbindlichen Bücherpreise mehr. Bis Mai 2007 wurden die Buchhändler von den Verlagen vertraglich verpflichtet, die Preise einzuhalten. Ein langer Rechtsstreit führte schliesslich zum Verbot dieser brancheninternen Absprache. Mit gravierenden Folgen, wie EVP-Nationalrätin Marianne Streiff erklärt: Bereits 13 Prozent der Buchhandlungen hätten schliessen müssen. Eine Preisbindung verhindere, dass nur Bestseller billig verkauft werden, während alle anderen Bücher teurer würden.
Für den Kampagnenleiter gegen die Preisbindung, Matthias Leitner (FDP), funktioniert der Buchmarkt dagegen problemlos. Der Staat müsse schon sehr gute Gründe haben, um in den Markt einzugreifen. Doch genau das soll jetzt geschehen. Mit dem «Bundesgesetz über die Buchpreisbindung» vom 18. März 2011 soll der Buchpreis staatlich kontrolliert werden. Das Referendum gegen die Vorlage liess nicht lange auf sich warten. Die Migros sammelte als treibende Kraft die meisten Unterschriften.
Hohe Mieten, kleine Gewinne
Lars Lepphoff, Geschäftsleiter des Blaukreuz-Verlages, bestätigt die Beobachtung, dass schon einige kleinere Buchhandlungen verschwunden seien. Besonders treffe dies für ländliche Regionen zu. «Die Leute sind heute mobil. Sie kaufen dort ein, wo es billiger ist, oder beziehen die Bücher über den Online-Handel.»
Aufgrund des hart umkämpften Marktes gebe es nur noch wenige unabhängige Schweizer Verlage. Im christlichen Bereich habe die Vielfalt der Verlage und Händler deutlich abgenommen. Das hängt für Lepphoff jedoch nicht nur mit der fehlenden Preisbindung zusammen. Mit Büchern könne man grundsätzlich nicht viel Geld verdienen. Die Mieten seien hoch, die Gewinnmargen klein.
Wie jeder Verlag müsse auch Blaukreuz unpopuläre Bücher über die Topseller subventionieren. Die Buchpreisbindung würde er aber begrüssen: «Feste Preise geben dem Kunden eine gewisse Sicherheit.» Es käme dann nicht mehr darauf an, wo das Buch letztlich gekauft würde.
Beratung beim Fachhändler
Auch Esther Blumenthal, Leiterin «Haus der Bibel» in Basel, denkt, dass der christliche Buchhandel von der Buchpreisbindung profitieren würde. «Kleine Läden können eben nicht die grosse Masse einkaufen und den Preis auf diese Weise senken.»
Um ihre Stammkundschaft macht sie sich keine Sorgen. «Menschen, die bewusst Bücher lesen, wollen meistens auch Beratung und kommen darum zum Fachhändler.» Aber die Situation ist auch für Blumenthal nicht einfach. «Durch die neuen Medien ist das Buch grundsätzlich nicht mehr so stark gefragt wie früher.»
Es geht ums Überleben
Der Brunnen Verlag mit seinen angeschlossenen Bibelpanorama-Buchhandlungen ist der unangefochtene Marktführer in der christlichen Szene. Seit dem Fall der Preisbindung habe man immer wieder versucht, den Kunden attraktive Angebote zu machen, erklärt Thomas Morhard, Leiter von Bibelpanorama.
Die eigene Stellung habe man aber nicht unnötig ausgenutzt und auf harten Preiskampf verzichtet. Der Brunnen Verlag sei Ansprechpartner für alle christlichen Buchhandlungen in der Schweiz.
Das grösste Problem sei, dass deren Sortiment auch im säkularen Handel bezogen wird - besonders über das Internet. Einzelne Artikel werden hier dauerhaft bis zu 30 Prozent günstiger angeboten. Da könne man natürlich nicht mithalten. «Für den christlichen Buchhandel mit seiner vergleichsweise kleinen Zielgruppe geht es ums Überleben», meint Morhard.
Die Zukunft ist ungewiss
In den nächsten Jahren werde es gravierende Veränderungen geben. Die digitale Revolution macht auch vor der Buchbranche nicht halt. Morhard ist erstaunt, wie viele Menschen, ob jung oder alt, im Zug sitzen und Bücher oder Zeitschriften über das iPad lesen. «Früher oder später wird die Veränderung kommen. Man muss sich einfach darauf einstellen.» Dass das eventuell nicht ganz einfach wird, zeigt das Musikgeschäft. Hier sind die Umsätze in den letzten Jahren um bis zu 25 Prozent eingebrochen.
In der Buchpreisbindung sieht aber auch Thomas Morhard eine Hilfe. Allerdings hat er die Befürchtung, dass die Preisüberwacher dann versuchen werden, den Buchpreis in der Schweiz möglichst tief zu halten.
Der allgemeine Tenor zeigt aber: Ein fester Buchpreis kann ein gewisses Mass an Stabilität bewirken. Das Ausbleiben des Preiskampfes dürfte besonders kleinen Läden helfen und die Vielfalt des Angebots günstig beeinflussen.
Grundzüge der Gesetzesvorlage
Der Verlag oder der Importeur legt den Buchpreis fest; Preisüberwacher haben die Möglichkeit der Intervention, wenn es eine missbräuchliche Preisüberhöhung gibt; gewisse Rabatte auf den Fixpreis werden möglich sein; die Preisbindung läuft nach einer bestimmten Mindestdauer aus.
Der Gesetzestext sorgt jedoch für Verwirrung, ob auch der Onlinehandel von der Preisbindung betroffen ist. Explizit werden nur «gewerbsmässig» eingeführte Bücher aus dem Ausland erwähnt. Private Einkäufe, etwa bei Amazon, würden dann nicht unter das Gesetz fallen.
Diesen Artikel hat uns «Idea Spektrum Schweiz» zur Verfügung gestellt.
Webseite:
Livenet-Buchshop
Datum: 09.02.2012
Autor: Christof Bauernfeind
Quelle: ideaschweiz