Bewegung mit gewaltigem Einfluss

Tausende feiern 150 Jahre Keswick-Konferenz

Keswick-Konferenz 2025
Sie ist Englands älteste evangelikale Konferenz, und sie zeigt seit 150 Jahren tiefe geistliche Auswirkungen weltweit: Dieses Jahr feierten 14`000 Christen den 150. Geburtstag der Keswick-Konferenz.

Die Gemeinde Keswick (Nordwestengland) ist bekannt für ihre reizvollen Berge, den Lake Derwent und unzählige Wanderwege – wenn es nicht gerade regnet. Seit 150 Jahren ist Keswick aber auch ein Bezugspunkt für Hunderttausende von evangelikalen Christen, die sich vom 14. Juli bis zum 1. August in ihrem traditionellen Festzelt versammelten, um das Wort Gottes zu hören, ihren Glauben zu vertiefen, Einheit zu feiern und Einblicke in die Mission zu erhalten. Dutzende von Themenseminaren, spezielle Abendveranstaltungen, Programme für Kinder und Jugendliche sowie informelle Veranstaltungen, die von Missionswerken und anderen christlichen Organisationen organisiert wurden, widmeten sich in diesem Jahr dem Thema «Transformiert».

Die Teilnahme am Treffen ist von jeher völlig kostenlos (die Teilnehmer müssen nur eine Unterkunft finden), darum feiern viele Familien «Keswick» als ihren Urlaub mit einer Kombination aus geistlichem Input und Aktivitäten im Freien. Nach Angaben der Organisatoren nehmen auch seit Jahren immer mehr jüngere Menschen an dem Kongress teil.

Weltweiter Einfluss

Die Keswick-Bewegung wurde 1875 ins Leben gerufen und hat in etwa fünfzehn Ländern der Welt Initiativen nach ihrem Vorbild hervorgebracht. Alles begann damit, dass Pfarrer Thomas Dundas Hartford-Battersby, angeregt durch Robert Pearsall Smith und seine Frau Hannah Whitall Smith, mit Freunden ein erstes Treffen organisierten, um die «praktische Heiligkeit» unter den Christen zu stärken, an der es ihrer Ansicht nach in der Kirche von England mangelte. An diesem ersten Treffen, das ebenfalls in einem Zelt stattfand, nahmen 400 Personen aus verschiedenen kirchlichen Kreisen teil. Das Motto des der Konferenz lautete: «Alle eins in Christus Jesus». Seitdem fand die Keswick Convention jedes Jahr statt, ausgenommen die Kriegsjahre 1939 bis 1945. Stark vom Methodismus, dem Pietismus und Heiligungsbewegungen geprägt, betonte die Konferenz ein siegreiches, «heiliges Leben» durch völlige Hingabe an Christus und die Kraft des Heiligen Geistes. Prägende Figuren waren unter anderem Andrew Murray, Hudson Taylor, Amy Carmichael, Frances Havergal und W. H. Griffith Thomas.

Seitdem hat die Keswick-Konferenz Hunderttausende von Besuchern geprägt, davon auch immer mehr aus dem Ausland. Albert B. Simpson, Gründer und Leiter der Christian and Missionary Alliance, Dwight L. Moody , Reuben A. Torrey vom Moody Bible Institute und Lewis Chafer und Charles C. Ryrie vom Dallas Theological Seminary wurden massgeblich durch Keswick beeinflusst.

Starke Auswirkungen im deutschsprachigen Raum

Bald begannen auch deutschsprachige evangelikale Leiter «Keswick» zu besuchen und machten zum Teil tiefe Glaubenserfahrungen. Persönlichkeiten wie der Leiter der Pilgermission St. Chrischona, Carl Heinrich Rappard (1837–1909), der reformierten Theologe Otto Stockmayer (1838–1917), Organisator von Heiligungskonferenzen in der Schweiz, Theodor Jellinghaus (1841–1912) mit seinem Buch «Das völlige, gegenwärtige Heil durch Christum», später Adolf Pohl und Ernst Modersohn verbreiteten die Impulse von Keswick im deutschsprachigen pietistischen Raum. Viele Landeskirchliche Gemeinschaften in Deutschland und der Schweiz entstanden nicht zuletzt durch Keswick-Impulse. 

Die Blankenburger Allianzkonferenz, modelliert nach dem Vorbild der Keswick Convention, wurde ab 1886 mit den Themenschwerpunkten Heiligung, Hingabe und Leben aus der Fülle Christi zu einer der wichtigsten Plattformen für Keswick-Gedankengut im deutschen Raum.

Auch die Pilgermission St. Chrischona war als Ausbildungsstätte für Evangelisten und Missionare beeinflusst durch Keswick-Theologie, mit dem Fokus auf ein geheiligtes Leben und die Ausrüstung für Mission. Auch über Bibel- und Glaubenskonferenzen (z. B. Beatenberg, Leuenberg) wurden Lehren mit starker Betonung auf Heiligung gefördert, ebenfalls ganz allgemein über die Evangelische Allianz im D-A-CH-Raum.

«Let Go and Let God»

Ein wesentlicher Gedanke der frühen Keswick-Bewegung lässt sich in dem Satz zusammenfassen: «Lass los und lass Gott machen»: Völlige Hingabe an Jesus befreit vom Krampf, alles selbst machen zu müssen. Da diese Erkenntnis vielen Christen erst in späteren Jahren ihres Glaubens kommt, wurde Keswick bisweilen ein «Zwei-Stufen-Christentum» vorgeworfen. Von reformierter Seite wurde die Bewegung – vor allem bis ca. 1920 – teils kritisiert wegen ihrer Tendenz zu Perfektionismus oder subjektiver Frömmigkeit. Nach 1920 bewegte sich denn auch der Schwerpunkt der Keswick-Konferenz mehr in reformierte Richtung. Aber bis heute finden sich ihre segensreichen Spuren in freikirchlichen und evangelikalen Kontexten, besonders in der Heiligungslehre und der Betonung von geistlichem Wachstum.

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Datum: 08.08.2025
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Evangelical Focus / Evangelium21

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