Rom und die Juden: Karfreitagsfürbitte irritiert

Die neue Karfreitagsbitte der katholischen Kirche für die Juden sorgt weiter für Streit. Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone provozierte am Montag den Widerspruch des römischen Oberrabbiners, als er bemerkte, "auf beiden Seiten" gebe es Gebete, die man möglicherweise ändern solle.
Vatikan

Der römische Oberrabbiner Riccardo Di Segni reagierte darauf mit den Worten, Juden hätten niemals von anderen einen Glaubensübertritt verlangt. Kurienkardinal Walter Kasper bekräftigte gegenüber Radio Vatikan, Benedikt XVI. werde die Formulierung nicht mehr ändern. Mit dem Braunschweiger Bischof Friedrich Weber kritisierte erstmals ein Spitzenvertreter der evangelischen Kirche die Neufassung der Karfreitagsfürbitte, die nur für den ausserordentlichen lateinischen Ritus gilt.

Christus der ‚Retter aller Menschen‘

Oberrabbiner Di Segni erklärte, die jüdische Liturgie nehme überhaupt nicht Bezug auf Christen. Entsprechende Texte habe man schon "vor Jahrhunderten, lange vor dem Konzil" geändert. Ein Gespräch zwischen den beiden Religionen müsse die Identität des anderen respektieren.

Anlass der Debatte ist die Anfang Februar veröffentlichte Neufassung der Fürbitte "Pro Iudaeis" in Karfreitagsgottesdiensten nach dem Römischen Messbuch von 1962. Die kürzlich durch Papst Benedikt XVI. neu gefasste Fürbitte in dem ausserordentlichen lateinischen Messritus stiess auf heftige Kritik. In der Bitte heisst es, die Juden sollten Jesus Christus als Retter aller Menschen erkennen. Papst Benedikt XVI. hatte 2007 den alten lateinischen Messritus als ausserordentliche Form wieder zugelassen. Im ordentlichen Ritus von 1970 heisst es lediglich, das jüdische Volk möge "zur Fülle der Erlösung" gelangen.

Kritik auch von evangelischer Seite

Der evangelische Bischof von Braunschweig Friedrich Weber sagte am Sonntagabend, das gewachsene Vertrauen zwischen Katholiken und Juden werde durch die jetzt bestehenden beiden unterschiedlichen Formen des Betens beschädigt. Er beklagte zudem eine mangelnde Kommunikation seitens des Vatikans. Der Catholica-Beauftragter der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) äusserte sich bei einer Veranstaltung zur christlich-jüdischen Woche der Brüderlichkeit.

Im christlich-jüdischen Dialog müsse noch mehr als bisher auf einen respektvollen Umgang geachtet werden, unterstrich Weber, der auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) ist. Die Partner müssten ihre jeweilige Haltung so darstellen, "dass es möglich bleibt, sich in der Unterschiedlichkeit anzuerkennen". Dies setze Kommunikation voraus. "Im Fall der Promulgation der Fürbitte ist dies nicht erfolgt."

Datum: 13.03.2008

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