Päivi Räsänen: Nicht Hass-, sondern Liebesrede
In Berlin schilderte Räsänen ihre Erfahrungen vor 1000 Teilnehmern aus 56 Ländern am Europäischen Kongress für Evangelisation, der vom 27. bis zum 30. Mai stattfand. Ihr Fall ist immer noch vor dem höchsten finnischen Gericht hängig. Räsänen, engagierte Christin und Ärztin, wartet auf einen Bescheid – «der kann jeden Tag kommen», sagt sie. Trotz der zermürbenden Wartezeit und der öffentlichen Aufmerksamkeit, die der Fall ihr beschert hat, verliert sie nie ihr Lächeln.
«Der Prozess hat einen Sinn»
In einem exklusiven Interview mit «Evangelical Focus» beschreibt Räsänen, was die wiederholten Anklagen und Gerichtsverhandlungen mit ihr gemacht haben. Ehrlich gibt sie zu: «Es gab sicherlich auch einige dunkle Momente. Aber im Grossen und Ganzen hatte ich wirklich das Gefühl, dass dies in Gottes Hand lag.» Der Grund für ihre Zuversicht: «Dieser lange Prozess hatte einen Sinn. Er hat mir viele Möglichkeiten eröffnet, die Lehren der Bibel und die Botschaft des Evangeliums mit den Menschen in Finnland zu teilen – auch in den säkularen Medien.»
Diese Medien haben den Räsänen-Prozess selbst zu einem «Bibel-Prozess» erklärt. «Es geht nicht nur um mich – es geht darum, ob die Bibel noch öffentlich verteidigt werden kann» erklärt Räsänen. «Im Kern geht es um die Frage: Können wir der Bibel noch vertrauen? Nicht nur in Bezug auf Geschlecht oder Ehe, sondern auch in Bezug auf die Erlösung. Können wir darauf vertrauen, dass Jesus für unsere Sünden gestorben ist und dass er der einzige Weg zum ewigen Leben ist?»
Von sich selbst bekennt sie: «Erstaunlicherweise hat mir dieser Prozess mehr Freude und ein tieferes Bewusstsein für Gottes Güte gebracht als Leid. Ich hatte die Gelegenheit, öffentlich über die Grundlagen unserer Freiheiten zu sprechen – Redefreiheit und Religionsfreiheit –, die zunehmend bedroht sind.»
«Einen derartigen Fall hatten wir noch nie»
Zur Bedeutung ihres Falls erklärt Räsänen: «Dieser Fall ist ein juristischer Präzedenzfall in Finnland – und möglicherweise auch in Europa. Einen derartigen Fall hatten wir noch nie. Er ist nicht nur für Christen wichtig, sondern für jeden, der die Freiheit schätzt, seinen tiefen Glauben, seine Überzeugungen oder seinen Glauben auszudrücken.»
Es gibt zwei Möglichkeiten: «Wenn ich vor dem Obersten Gerichtshof gewinne, wird das die Menschen ermutigen, ihre Freiheiten mutiger zu nutzen. Im Moment ist die grösste Bedrohung für diese Freiheiten die Selbstzensur – die Menschen haben Angst, ihre Meinung zu sagen. Wenn ich verliere, wäre es tatsächlich illegal, öffentlich mit der Bibel übereinzustimmen, insbesondere mit Römer Kapitel 1. Das wäre eine ernsthafte Veränderung, möglicherweise sogar der Beginn einer Art von Verfolgung für bibelgläubige Christen.»
Die Freiheiten nutzen!
Räsänen sieht eine der grössten Herausforderungen im «Missbrauch von Gesetzen gegen Hassreden». Diese Gesetze würden zunehmend gegen Christen angewandt. Aber: «Was ich gesagt habe, ist keine Hassrede – es ist eine Rede der Liebe. Gott ist Liebe, und sein Wort spricht die Wahrheit in Liebe.»
Ihre Beobachtung ist allerdings: «Mächtige LGBT-Lobbygruppen nehmen Einfluss auf die Politik auf höchster Ebene in Europa. Sie arbeiten aktiv daran, die Freiheit der Christen einzuschränken, biblische Ansichten zu äussern – über Ehe, Geschlecht, die Heiligkeit des Lebens am Anfang und am Ende des Lebens und vieles mehr.»
Ihr Aufruf an Christen: «Ja, ich sehe eine echte Bedrohung für die Freiheit. Deshalb ermutige ich Christen immer dazu, von den Rechten Gebrauch zu machen, die wir noch haben: Redefreiheit, Religionsfreiheit. Je mehr wir schweigen, desto mehr schrumpft unser Raum zum Sprechen. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns weiterhin zu Wort melden.»
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Datum: 18.06.2025
Autor:
Reinhold Scharnowski
Quelle:
Livenet / Evangelical Focus