«Laufen – um Gottes Willen!»
Als Pastor Bertolt Kark-Carlson vor über zehn Jahren auf die Ostsee-Insel Fehmarn kam, wog er 76 Kilo. Ein Jahr später waren es nach zahlreichen Geburtstagen, Taufen und Ehejubiläen zehn Kilo mehr. «Hier sind sechs oder sieben Gänge bei einer festlichen Kaffeetafel nichts Ungewöhnliches. Das geht von süss bis herzhaft», sagt er. Bei guten Vorsätzen zum Abnehmen wollte es der Pastor jedoch nicht belassen; er begann mit dem Laufen. Inzwischen trainiert er eine christliche Laufgruppe, die zum sechsten Mal beim Fehmarnlauf starten will. Ihr Motto: «Laufen – um Gottes Willen!»
Von sechs bis sechzig
«Bewegung muss mehr sein, als die Bibel zur Kirche und wieder zurück zu tragen», sagte sich der evangelische Theologe damals und besann sich auf seine sportlichen Wurzeln. Als Junge hatte er im Boxring trainiert und als Gymnasiast Ruderregatten gewonnen. Dann probierte er es mit Judo und legte den damaligen schottischen Vizemeister auf die Matte. Für sein Leben lernte der Familienvater beim Sport auch die Disziplin, sich selbst zu beherrschen.
Seit fünf Jahren trainieren die christlichen Freizeitläufer nun für den alljährlichen Fehmarnlauf am 15. September. Inzwischen treffen sich jeden Freitag 40 Läuferinnen und Läufer am Pastorat Landkirchen zur Andacht. Die Jüngsten sind sechs, die Ältesten 60 Jahre alt. Nach der Andacht wird trainiert, um sich auf fünf oder zehn Kilometer zu steigern. Zum Abschluss segnet der Pastor die christlichen Läufer.
Selbstüberwindung
Auch eine Nordic-Walking-Gruppe ist mittlerweile dabei. Herzstück bleibt aber der Lauf. Susanne David, Raumpflegerin der Gemeinde, macht mit. «Unser Pastor hat mich überredet», erzählt die 46-jährige. Auch der sechsjährige Felix Koralewski ist aktiv: «Meine Mutter hat mich mitgenommen, die läuft auch mit.» Jeanne Lafrenz (56) ist Mitglied im Kirchengemeinderat: «Es kommen auch viele, die sonst mit der Kirche nicht so in Berührung kommen würden.»
Druck möchte der Pastor beim Training nicht aufbauen. «Uns ist die Gemeinschaft wichtig.» Es geht mit kurzen Distanzen los, und es wird darauf geachtet, dass keiner auf der Strecke bleibt. «Die Starken ziehen die Schwachen mit. Davon schreibt der Apostel Paulus schon im Römerbrief», weiss Kark-Carlson. Er sieht im sportlichen Wettlauf Parallelen zum Unterwegssein im Glauben: «Wie im Sport gehört dazu manchmal Selbstüberwindung.» Seit einem Jahr ist er auch Sportbeauftragter des Kirchenkreises Ostholstein.
«Laufen – um Gottes Willen!»
Den Segen tragen die christlichen Läuferinnen in orangefarbenen T-Shirts mit der Aufschrift «Laufen – um Gottes Willen!» weiter. Damit waren sie unter anderem beim Marathon in Lübeck, Berlin und Stockholm unterwegs.
«Viele schmunzeln, wenn sie an der Strecke unsere Botschaft sehen», sagt Kark-Carlson. Oft kommen die christlichen Läufer darüber mit anderen Läufern und Zuschauern ins Gespräch.» Auch irdische Lorbeeren haben die christlichen Sportler errungen. Beim Fehmarnlauf standen einige von ihnen schon oben auf dem Siegerpodest.
Datum: 27.07.2012
Autor: Stefan Döbler
Quelle: Epd