Züchtigen Christen Kinder mit der Rute?
Die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA) bestätigt in einer Stellungnahme zum Artikel in «20 Minuten», dass viele christliche Eltern Erziehungshilfe in Ratgeberbüchern und in der Bibel suchen. Christliche Eltern wollten wissen, was die Bibel zum Thema sage. Sie verweist dazu auf eine Rezension zum kritisierten Buch, verfasst von Felix Studer, Dozent am Theologisch-Diakonischen Seminar Aarau (TDS). Für ihn sind Tedd Tripps Ansichten zu «Zucht und Rute» sowohl aus «pädagogischer als auch aus theologischer Sicht als gefährlich und schädlich zu beurteilen».
Erziehungsstil prägt Gottesverständnis
Studers Hauptkritik an Tripps Aussagen lautet: «Wenn Eltern die Verantwortung der Glaubenserziehung wahrnehmen wollen, so gehört dazu wesentlich die Prägung eines gesunden Gottesverständnisses. Wird Gott aber, wie bei Tripp, verkündet als der, welcher Kinder bestraft oder gar von den Eltern verlangt, ihre Kinder zu schlagen, so werden diese Kinder später als Jugendliche das krank machende Gottesbild ablehnen müssen.» Häufig führe dies zur völligen Distanzierung vom Glauben der Eltern, warnt Studer. Betroffene Kinder litten manchmal ein Leben lang unter der Blockade, Gott ständig wegen irgendeines Verhaltens zu missfallen.
«Christen sind befreit zu ermutigendem Handeln, und dies gilt in besonderem Mass für die Kindererziehung», betont der Rezensent. Paulus fordere im Kolosserbrief (Kapitel 3, Vers 21) die Väter auf, ihre Kinder nicht zum Zorn zu reizen, «damit sie nicht mutlos werden» so der TDS-Dozent. «Konsequente Ermahnung soll nicht auf das Brechen des Willens, sondern auf Ermutigung und Einsicht hinzielen.»
Das Kind «züchtigen»?
Eindeutig ist auch die Haltung von Hannelore Kürzdörfer, Dozentin am Theologischen Seminar St. Chrischona (tsc). Im Chrischona Panorama schreibt sie mit Hinweis auf die Bibel: «Hinter dem biblischen Begriff ‚Züchtigung’ sehe ich das Wort ‚erziehen’. Mir ist im Alten Testament und Neuen Testament keine Stelle bekannt, die besagt, dass Erziehung nur aus Strafe, sprich Prügelstrafe besteht. Ganz im Gegenteil.
Die Dozentin verweist auf einige konkrete biblische Aussagen:
«Reizt euere Kinder nicht, damit sie nicht mutlos werden» (Kolosserbrief, Kapitel 3, Vers 21);
«Ihr Väter, reizt euere Kinder nicht zum Zorn» (Epheserbrief, Kapitel 6, Vers 4);
«Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht» (Matthäusevangelium, Kapitel 19, Vers 14).
Bibel hat das Wohl des Kindes im Auge
«Das heisst doch», so die Autorin: «Betrügt sie nicht um Gott oder den Glauben.» Die biblischen Aussagen haben, so Hannelore Kürzdörfer, «allesamt das Wohl des Kindes im Blick und sagen eindeutig und klar, dass Gott den Gehorsam der Kinder will. Strafe wird dabei bejaht, sie soll aber eingebettet sein in eine Beziehung des Vertrauens, der Barmherzigkeit und der Liebe.»
Zum Thema:
Familie: Eltern wollen wieder erziehen
Datum: 04.05.2011
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet / SEA