Thema Einsamkeit

Sommerblues statt Lebensfreude

Kahler Baum inmitten eines blühenden Feldes
Im «grauen November» erwischt es viele, aber mitten im Sommer solltest du doch Freude pur erleben, oder? Warum das nicht stimmt und Einsamkeit und Sommerblues gerade jetzt zuschlagen.

Die Farbe der Depression ist grau. Und momentan ist alles blau, golden, hell und sonnig. Gute Laune ist Programm und die Wie-geht-es-dir-Frage heisst entweder: «Warst du schon im Urlaub?» oder «Fährst du noch?» Kaum jemand bringt die aktuelle Jahreszeit mit Einsamkeit und depressiver Stimmung in Verbindung. Dabei leiden vier bis sechs Prozent der Bevölkerung an einer sogenannten Sommerdepression. Der Sonnenschein wirkt für sie wie blanker Hohn, weil sie sich trotzdem niedergeschlagen, traurig und oft auch einsam fühlen. Warum ist das so? Und kann man etwas dagegen tun?

SAD im Sommer

«Sad» heisst traurig, aber als Abkürzung steht es für Seasonal Affective Disorder bzw. eine saisonal-affektive Störung. Hierzu gehört auch die bekannte Winterdepression, bei der die Dunkelheit auf die Psyche schlägt, bestimmte Botenstoffe im Körper beeinflusst und damit für den Novemberblues sorgt – inklusive Gewichtszunahme und dauernder Müdigkeit. Da die Umgebungsfaktoren im Sommer völlig anders sind, liegt es nahe, dass auch die Folgen andere sind: tatsächlich leiden Betroffene eher unter Appetitlosigkeit und Schlafmangel. Allerdings erfahren sie dabei ebenfalls eine depressive Episode. Und viele leiden doppelt darunter, weil sie wegen des guten Wetters nicht ernstgenommen werden.

Körperliche und soziale Ursachen

Mitauslöser einer Sommerdepression können verschobene Schlaf-Wach-Rhythmen sein. Der Tag ist lang, die Nacht ist kurz, das im Dunkeln ausgeschüttete Schlafhormon Melatonin wird weniger und unregelmässiger gebildet und wirft deinen Tagesablauf durcheinander. Das erklärt nicht alles, aber immerhin einiges. Deine Erwartungshaltung spielt ebenfalls eine wichtige Rolle: Es ist nun einmal Sommer, da sollten Spass und Sport den Alltag ausmachen. Da sollte alles eine Spur leichter gehen – inklusive gelebter Gemeinschaft. Leider geschieht genau das weder auf Knopfdruck noch nach dem Kalender.

Thema Einsamkeit

Dazu kommt oft noch der Faktor Einsamkeit. Wenn deine Freunde im Urlaub sind und du nicht weisst, mit wem du deine Zeit verbringen kannst, dann fühlst du dich einsam, auch wenn es scheinbar nicht in die Saison passt. Ausserdem gehen viele Gemeinschaftsangebote im Sommer in den Pausen-Modus: vom Fussballverein über den Tanzkurs bis hin zu den meisten Gemeindeveranstaltungen. Die Wissenschaft definiert Einsamkeit übrigens als subjektives Empfinden, das auftritt, wenn unsere zwischenmenschlichen Beziehungen nicht dem entsprechen, was wir uns wünschen. Und das kannst du natürlich auch im Sommer erleben, wenn der Widerspruch zwischen dem gefühlten Grau in dir und der sonnigen Welt draussen besonders schwer auszuhalten ist.

Schritte Richtung Hilfe

Wenn du von so etwas wie einer Sommerdepression betroffen bist, dann ist es ein erster Schritt zu erkennen, dass es so etwas gibt und du darunter leidest – und du nicht allein damit bist. Der nächste Schritt ist dann, bestehende Hilfsangebote zu nutzen. Wenn du im Sommer besonders viele Verliebte oder gemeinsam Urlaubende siehst, dann verstärkt das dein Einsamkeitsgefühl schneller als sonst. Nimm das nicht hin, sondern such dir Hilfe! Das Gute ist, dass die Hilfsangebote von Kirchen, Telefonseelsorge oder Internetplattformen keine Sommerpause haben. Nicht alles lässt sich durch ein Gespräch abstellen, aber vieles wird dadurch bereits besser. Es ist eine der zentralen Aufgaben von Kirchen und Gemeinden, Gemeinschaft zu stiften. Dazu gehören diejenigen, die sie suchen und einfordern genauso wie diejenigen, die Angebote dafür schaffen.

Wichtig ist es in jedem Fall, das Ganze ernst zu nehmen, denn Sommerdepression hört sich ein wenig an wie Sommergrippe – nicht echt und leicht im Verlauf. Vorsicht! Die Suizidrate ist nicht im November am höchsten, sondern im Juni. Das bedeutet nicht, dass jeder Sommerblues tragisch enden müsste, aber es unterstreicht, dass du dich nicht damit zurückziehen solltest. Schäme dich nicht für Einsamkeit oder Depression. Sprich mit Menschen darüber und mach’s wie David, der biblische König, und rede auch mit Gott: «Wende dich zu mir und sei mir gnädig, denn ich bin einsam und elend!»

Zum Thema:
Mitten aus dem Leben: Echte Lebensfreude entdecken  
#notjustsad: Depression hat viele Gesichter
Impulstag gegen Einsamkeit: «Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei» 

Datum: 20.08.2025
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

Werbung
Livenet Service
Werbung