Christen in Niger reagieren auf die Attacken der Islamisten
Der afrikanische Staat Niger in der mittleren Sahelzone galt in den letzten Jahren als Oase des Religionsfriedens. In den Nachbarstaaten Nigeria, Burkina Faso und Mali wüteten die schulfeindlichen Kindesentführer von Boko Haram und verschiedene Dschijadisten, die mit Al-Kaida oder dem «Islamischen Staat» (IS) liiert waren. Niger gelangte aber erst 2020 auf den Weltverfolgungsindex von Christen und belegte dabei nur den 50. Platz. Umso schlimmer hat nun das Neue Jahr mit einem Überfall auf zwei weitgehend christliche Dörfer begonnen.
Mit über 100 Todesopfern ist das der schlimmste Terrorakt seit den antichristlichen Ausschreitungen vom Januar 2015. Damals wurden in dem zu 96 Prozent muslimischen Niger 72 Kirchen und Bibelzentren niedergebrannt. Eine Reaktion auf die islamfeindliche Welle in Europa nach dem Anschlag auf das Pariser Magazin «Charlie Hebdo», das Mohammed verhöhnt hatte. Die Brandlegungen waren aber nicht spontan, sondern zentral von der salafistischen Bewegung «Yan Izala» organisiert. Bei ihnen waren daher auch nur zehn Todesopfer zu beklagen.
Missionsärztinnen bedroht
Entscheidend zur Wiederberuhigung der Lage hat dann der betont menschenfreundliche, auf medinizische und soziale Hilfe ausgerichtete Charakter der christlichen Verkündigung in Niger beigetragen. Die wichtigste Rolle spielte dabei schon seit Jahrzehnten das evangelische Missionswerk SIM /Serving in Mission mit seinen Spitälern und Ambulanzen. Unterschwellig gerieten die freikirchlichen Missionsärztinnen jedoch zunehmend ins Visier der Terrorgruppen. Diese wurden im letzten Jahrzehnt von Kriminellen unterwandert, die mit Drogen Geschäfte machten.
Sie drängten einer chronisch kranken Bevölkerung Morphium und Kokain in meist für sie erschwinglicher, stark verdünnter Form als Allheilmittel auf. SIM war dabei für sie eine Konkurrenz, zu der sie den Hilfesuchenden den Weg versperrten. Damit hat sich die jetzige Katastrophe im Doppeldorf Tchombangou-Zaroumdareye angebahnt. Christliche Jugendliche bildeten dort nach dem Vorbild der anti-islamistischen Miliz in der Zentralafrikanischen Republik eine bewaffnete «Heimwehr». Nachdem sie die Drogen-Terroristen mehrmals zurückgeschlagen hatten, schritten diese zur Rache.
Tausende auf der Flucht Richtung Europa
Bei ihrem Angriff auf Motorrädern ging es ihnen nicht um Zerstörung von Kirchen und Hilfsstellen, sondern einfach um Massenmord. Der löste in der ganzen umliegenden Region Tillabéry eine Fluchtbewegung aus. Damit gerieten zehntausende Menschen aber erst recht in die Fänge der kriminellen Islamisten. Neben dem Drogenhandel verdienen sie nämlich besonders am Menschenschmuggel Richtung Libyen und Mittelmeerküste. Auf den alten Karawanenwegen, wo einst die Sklavenzüge dahinwankten, wird heute wieder «Schwarzes Elfenbein» mit Lastwagen durch die Sahara gekarrt.
Damit entchristlichen sie das einstige Hoffnungsgebiet der Verkündigung Jesu in der afrikanischen Sahelzone. Zu Tausenden gehen Christen von den Ufern des Niger in libyschen Lagern und auf kaum seetüchtigen Booten vor dem Hoffnungsland Italien zugrunde. Darum kümmert sich die französisch geführte EU-Streitmacht im Süden der Sahara jedoch am wenigsten. Ihr geht es hauptsächlich darum, die pro-westlichen Regierungen zwischen Senegal und dem Tschad vor einer islamistischen Machtübernahme zu bewahren. Was bisher unter immer grösseren Opfern auch gelungen ist.
Besonnene Reaktion der Christen
Die erste Reaktion der Christen von Niger auf das Blutbad zum Jahresanfang war daher erst recht die Zuflucht zu bewaffneter Selbsthilfe. Doch konnten sich die Einsichtigen durchsetzen: Am Epiphanias-Tag wurde in den Kirchen und Hausgemeinden von Tillabéry um Wachstum im Glauben gebetet, um Jesus in dieser Prüfung zu vertrauen und nachzufolgen sowie mutige, doch gewaltlose Wege zu finden, um in Niger ein christliches Zeugnis zu sein. Die Gebete von Baptisten und Pfingstchristen sowie Katholiken erflehten Gottes Schutz in dieser Bedrängnis, aber auch die Bekehrung ihrer Verfolger.
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Datum: 08.01.2021
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet