Arbeitsplätze für Frauen

«Chancen schaffen und Verletzlichkeit bekämpfen»

Sabine und Damian Jutzi
Dass er sich je für Näherinnen in Südafrika einsetzen würde, hat Damian Jutzi nicht geahnt. Doch seit zwei Jahren leben er und seine Frau Sabine in Kapstadt, wo sie Arbeitsplätze schaffen für Frauen, die Opfer von Menschenhandel und Gewalt wurden.

«An der Hochzeit einer gemeinsamen Freundin im August 2022 sind auch bei uns die ersten Funken gesprungen», erzählt Damian Jutzi. Der 29-Jährige stammt aus Schönried im Saanenland, seine gleichaltrige Frau Sabine ist in Wichtrach aufgewachsen. Der Betriebsökonom hat schon während seines Studiums mit dem Gedanken gespielt, sich mal für eine NGO zu engagieren. Seine neue Bekannte war damals schon ein paar Schritte weiter. Sie beantrage vier Tage nach dem Kennenlernen in Bern ihr Visum, um nach Südafrika auszuwandern. Sie hatte schon ein Austauschsemester in Kapstadt verbracht, und damals führten die Vergewaltigung und der Mord an einer Studentin zu starken Protesten auf dem Campus und im ganzen Land. Sabine fragte Gott: «Was könnte ich beitragen, um Teil der Lösung zu werden?» Das Bild einer Nähmaschine blitzte vor ihrem inneren Auge auf. Einordnen konnte sie es damals noch nicht. Aber die Liebe zu Südafrika und den Menschen in Not, denen sie dort begegnet war, blieb.

Hobby wird zum Zweitberuf

Im Januar 2023 zog Sabine dann nach Kapstadt, um sich in einem Schulprojekt für Jugendliche aus den Townships zu engagieren. Kurz nach ihrer Ankunft erfuhr sie, dass dies nicht zustande kommt. Was nun? Sie meldete sich bei einem Schutzhaus für Überlebende von Menschenhandel, das sie noch aus ihrer Studienzeit kannte. Auf die Frage, ob sie auch kreative Fähigkeiten einbringen könne, meinte sie: «Ja, ich kann nähen.» Die Antwort von Madison Barefield, der Gründerin von «Not I But We» (dt. Nicht ich, sondern wir), kam innerhalb von 15 Minuten, und sie bezeichnete Sabine als Gebetserhörung.

Das Sozialunternehmen schafft trauma-informierte Arbeitsplätze für Überlebende von Menschenhandel und Gewalt an Frauen. Die Frauen lernen hier gegen Ende oder nach dem Austritt aus dem Schutzhaus nähen, um sich damit den Lebensunterhalt zu verdienen. Der externe Nähkurs, den die Frauen bei «Not I But We» bisher besucht hatten, war keine nachhaltige Lösung, und so übernahm Sabine das Training für die Frauen, die neu dazu stossen.

Auch für Sabine war das die Antwort auf ihre Gebete. Hier konnte sie als Sozialarbeiterin auch ihr Hobby Nähen einsetzen. Sie bekam Einblick in die Arbeit der Organisation und gewann die innere Gewissheit, dass Gott sie hierhergeführt hatte.

Gemeinsam statt allein

Eine der Frauen bei der Arbeit

Bei Damian stiess Sabine mit ihrem Anliegen auf offene Ohren. Während ihrer Fernbeziehung plante er, nach seinem Studium mal ein halbes Jahr im Land zu verbringen, um zu sehen, ob Gott auch für ihn eine Aufgabe parat hat. Das erste Projekt erwies sich nicht als passend. Als er im Dezember 2023 ein paar Tage im Nähatelier, in dem Sabine arbeitet, mithalf, fragten ihn zwei Frauen aus dem Projekt, ob er nicht beitragen könne, ihr Unternehmen zu vergrössern. «Wir möchten noch mehr Arbeitsplätze schaffen, aber wir brauchen jemanden, der das Organisatorische übernimmt!», stellten sie klar. Für ihn war das auch eine Führung Gottes.

Und so starteten Sabine und er nach ihrer Hochzeit und den Flitterwochen 2024 ihr gemeinsames Engagement. Ihr Gehalt wird von einem Freundeskreis zusammengetragen, die Sozialleistungen organisiert die Schweizerische Missions-Gemeinschaft (SMG). «So müssen wir nur die Löhne für die Frauen und die Betriebskosten erwirtschaften», hält Damian fest. Mit Madison zusammen gehören sie nun zur Geschäftsleitung.

Stoffresten ein neues Leben geben

Einheimische Kleidermanufakturen liefern ihnen kostenlos Leinen- und andere Stoffreste, aus denen neue Kleidung und Accessoires hergestellt werden. Faire Arbeitsbedingungen sind für die Unternehmer selbstverständlich: «Es kann nicht sein, dass man Kleider billig kaufen kann, weil die Arbeiterinnen nicht angemessen bezahlt werden». Die Bibelstelle aus Jesaja Kapitel 1, Vers 17 ist ihnen dabei Richtlinie: «Lernt wieder, Gutes zu tun! Sorgt für Recht und Gerechtigkeit, tretet den Gewalttätern entgegen und verhelft den Waisen und Witwen zu ihrem Recht!»

Das Team steht zu seinem christlichen Glauben, lebt nach dessen Werten, das wissen ihre Mitarbeiterinnen. In Südafrika sei es selbstverständlicher, über seinen Glauben zu reden, erklärt Damian. Bisher verkauften sie zollfrei vor allem in die USA, wo Madison herkommt. Durch die neuen Zölle wird dieser Vertriebszweig nun sehr belastet. Damian stellt fest: «Es wäre grossartig, wenn wir in der Schweiz unseren Kundenstamm vergrössern könnten.» Er möchte den Slogan des Unternehmens weiter umsetzen: «Chancen schaffen. Verletzlichkeit verringern.»

Zur Website:
Not I but We

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Datum: 12.08.2025
Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: Livenet

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