60 Jahre Open Doors

«Wir feiern nicht Verfolgung, sondern Treue»

Redner aus Nordkorea und Nigeria lieferten einen aufrüttelnden Einblick in die Lage der verfolgten Christen in ihrer Heimat. Dies anlässlich der 60-Jahre-Jubiläumsfeier von Open Doors in der Bärenmatte in Suhr, zu der rund 350 Besucher erschienen waren.
Johan Companjen am Open Doors Tag in Suhr vor einem Bild vom «Schmuggler Gottes», Brother Andrew mit dem Käfer, in dem die ersten Bibeln geschmuggelt wurden.
Prof. Dr. Rainer Rothfuss
Johan Companjen

Aus erster Hand berichtete Professor Rainer Rothfuss über den Islamischen Staat IS. Rothfuss, der interreligiöse Konflikte erforscht, hielt fest, dass «es legitim ist, sich vor allem für Christen einzusetzen, da bis zu 85 Prozent der weltweit religiös Verfolgten Christen sind». Der IS habe die Welt überrascht, als er im letzten Jahr ausgerufen wurde. «Doch seine Vorläufer gehen weit zurück.» Der Geltungsanspruch vom Kalifat wirke für viele IS-Mitglieder motivierend, zum Beispiel für Anschläge. «Laut IS wurden mit den Flüchtlingen 4'000 Dschihadisten eingeschleust, mit dem Auftrag, in Europa Terroranschläge zu verüben.»

Bei seinem Besuch im Irak stellte er fest, wie gross der Exodus von Christen aus dem einst christlichen Land und der Wiege der Christenheit ist. «Der IS erkennt die Christen überhaupt nicht an. Noch schlimmer ist die Situation für die Jesiden, die als 'Götzenanbeter' diffamiert werden. Bei den Jesiden werden die Männer meist sofort umgebracht und die Frauen und Kinder als Sklaven missbraucht oder weiterverkauft.»

«Sie gehen durch schwere Zeiten»

Immer wieder wird Nigeria von Anschlägen durch Extremisten – meistens durch Anhänger der «Boko Haram»-Sekte verübt – heimgesucht. Der Nigerianer Dr. Yakubu Joseph setzt sich in seiner Heimat für Glaubensfreiheit ein. «Beim Betreten der Kirche werden Sicherheitschecks durchgeführt. Seit die Gottesdienste sicherer geworden sind, greift Boko Haram christliche Dörfer und Familien an.» Eineinhalb Millionen Menschen, vorwiegend Christen, sind aus dem Norden Nigerias in andere Landesteile geflohen und leben da in Flüchtlingscamps.

Joseph beobachtet darüber hinaus: «Es ist kein Zufall, dass Christen zum Hauptangriffsziel geworden sind, denn Boko Haram steht für 'westliche Bildung ist Sünde'. Und Christen werden als westlich beeinflusst angesehen.» Erst vor kurzem sprach Joseph mit einigen Eltern von den entführten Mädchen aus Chibok. Er berichtet: «Sie halten an ihrem Glauben fest – aber sie fragen sich, warum das ihnen geschehen ist. Sie gehen durch schwere Zeiten.»

Den Verachteten gedient

Johan Companjen, früherer Leiter von Open Doors International und langjähriger Weggefährte von Bruder Andrew («der Schmuggler Gottes») berichtete aus der Pionierzeit des christlichen Werks: «Andrew hörte auf einer Bibelschule, dass in Osteuropa und Russland keine Christen leben würden. Ihm wurde gesagt, dass dort einzig Atheisten zuhause seien.» Doch er reiste hin und fand Christen vor, die ihren Glauben im Versteckten lebten – ihr Wunsch nach Bibeln war gross. Bruder Andrew begann, welche hinter den Eisernen Vorhang zu schmuggeln. Dies war der Beginn von Open Doors.

Die Arbeit des Werks ist Marc Jost, Berner Grossratspräsident (EVP) und Leiter der Schweizerischen Evangelischen Allianz, ein Anliegen. In seinem Grusswort erklärte er: «Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass Open Doors einer der wichtigsten Partner in der SEA-Arbeitsgemeinschaft für Religionsfreit ist. Durch die Informationsarbeit, insbesondere durch den Weltverfolgungsindex, hat das Werk dazu beigetragen, dass die Verfolgung in der breiten Öffentlichkeit ein Thema geworden ist.

Noch 20 Tage zu leben

Kim Yong-Sook (Name geändert) war nach einem misslungenen Fluchtversuch dem Tod durch Hunger und Entkräftung in einem nordkoreanischen Gefängnis nahe. Sie beschreibt die unmenschlichen Verhältnisse auf eindringliche Weise: «Die Verhungernden baten nicht um Fleisch, sondern um Gemüse. Davon versprachen sie sich Vitamine. Einmal pro Woche durften wir kurz an die Sonne gehen. Ich sah meinen Mann jeweils von Weitem. Seine letzten Worte waren: 'Geht es dir gut?'. Die Woche danach habe ich ihn nicht mehr gesehen. Er ist an Hunger gestorben. Wir waren wegen dem Hunger geflohen – für dieses Verbrechen wurden wir eingesperrt. Das ist die Realität in Nordkorea», erinnert sie sich.

Die Wächter fragten Kim, wie lange sie denke, dass sie noch leben würde. Kim rechnete mit 20 Tagen. Sie wurde vorher freigelassen. Es gelang ihr, zu überleben, zu Kräften zu kommen und mit ihrer Familie nach China und später nach Südkorea zu fliehen. «Es gibt keine Worte, um die Lage in Nordkorea zu beschreiben. Ich wünsche mir, dass das Unmögliche möglich wird und Nord- und Südkorea wieder vereinigt werden», schliesst Kim ihren Bericht.

«Wir feiern nicht die Verfolgung»

Heute versorgt Open Doors in rund 60 Ländern Christen, die wegen ihrem Glauben benachteiligt oder verfolgt werden, mit Bibeln und christlicher Literatur. Zudem werden Gemeindeleiter ausgebildet und die Familien gefangener oder ermordeter Christen unterstützt. Bekannt ist das Werk zudem für den jährlich publizierten Weltverfolgungsindex.

«Es sind nicht 60 Jahre Verfolgung, die wir feiern, sondern die Treue Gottes, die er in unserem Dienst erwiesen hat», hielt Eric Lecomte, Leiter von Open Doors Schweiz, in seiner Ansprache fest. «Nie zuvor hatten wir weltweit so viele Krisensituationen wie heute. Ohne Gottes Beistand würden uns diese vielfältigen Herausforderungen überfordern, aber mit seiner Hilfe wird das Unmögliche möglich.»

Zur Webseite:
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Datum: 16.09.2015
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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