Als Sucht ans Licht kam…
Jonathon «Jon» Seidl wuchs in Wisconsin in einer christlichen Familie auf. «Ich kann mich an keine Zeit erinnern, in der ich kein Christ war. Ich wurde mit etwa acht oder neun Jahren getauft.» Doch seine Familie war zugleich liebevoll und dysfunktional.
Als kleiner Junge wurde Jon von seiner älteren Schwester missbraucht. Dieses Erlebnis, zusammen mit weiteren familiären Problemen und einer familiären Vorgeschichte von Suchterkrankungen, liess ihn selbst zu Hause nicht zur Ruhe kommen. Er rang damit, all das irgendwie einzuordnen.
In Wisconsin gehört Alkohol zum Alltag. Das Gesetz erlaubt es Eltern sogar, ihren Kindern Alkohol zu geben, und Minderjährige dürfen in bestimmten Restaurants mit elterlicher Zustimmung Alkohol konsumieren. «In Wisconsin gibt es drei Dinge, die dich durch die langen, bitterkalten Winter bringen: Football der ‘Green Bay Packers’, die Hirschjagdsaison und Alkohol», erklärt Jon Seidl.
Wein mit 14 Jahren
Mit 14 Jahren erlegte er auf einem «Deer Camp» seinen ersten Hirsch. Zur Feier des Tages bot man ihm ein Glas Wein an. Er bemerkte sofort, wie es ihn veränderte. «Die rasenden Gedanken und das Herzklopfen, das für mich normal war, liessen nach. Als Erwachsener sollte ich ausserdem erfahren, dass ich mein ganzes Leben lang mit nichtdiagnostizierter Angst und Zwangsstörungen gelebt hatte. Und dieses flüssige Serum machte, dass ich mich besser fühlte. Es nahm mir meine Sorgen.»
In seiner Jugend trank er nur selten, doch als Erwachsener änderte sich das. Er nutzte Alkohol, um seiner Angst und der Zwangsstörung zu entfliehen. Aus einem gelegentlichen Drink wurde ein täglicher. Aus dem täglichen wurden mehrere. Mit wachsender Toleranz trank Jon Seidl immer mehr, um wenigstens für kurze Zeit seine aufdringlichen Gedanken zum Schweigen zu bringen. Gleichzeitig schrieb er christliche Artikel und Bücher und betete.
Schonungslos ehrlich
«Die Kirche tut sich schwer mit Menschen, deren Heiligungsweg chaotisch verläuft», sagt Jon Seidl, der Chefredaktor von «I am Second» war. «Viele Christen gehen davon aus, dass man nicht mehr sündigt, sobald man Christ geworden ist. Wenn dann doch Sünde ins Leben eines Gläubigen kriecht, ist es leicht zu behaupten, er sei nie wirklich gerettet gewesen oder ein Heuchler. Deshalb verstecken viele Gläubige ihre Sünde und tun so, als sei alles in Ordnung.»
Jon Seidl weigert sich jedoch, das zu tun. In seinem neuen Buch «Confessions of a Christian Alcoholic» beschreibt er schonungslos ehrlich, wie er zum Alkoholiker wurde – und gleichzeitig Jesus liebte.
Jahrelang konnte er problemlos Trinkpausen einlegen, ohne Entzugserscheinungen zu haben. Also redete er sich ein, kein Problem zu haben. Doch seine Frau Brett sagte immer wieder denselben Satz, sobald er anfing zu trinken: «Betrink dich nicht!»
Am Tiefpunkt angelangt
Seinen absoluten Tiefpunkt erreichte Jon während eines Paarwochenendes in Miami. Brett fühlte sich unwohl und wollte sich im Hotelzimmer ausruhen. Jon ging derweil an die Bar, um ein Footballspiel zu schauen.
Ein Drink folgte auf den nächsten, bis er um 1 Uhr morgens betrunken war. Aus Angst, Brett zu enttäuschen, wollte er am Strand «nüchtern werden». Als er aufs Klo musste, ging er ins Wasser. Bis zum Hals im Meer stehend, erleichterte er sich – und bemerkte zu spät, dass er in seinen eigenen Fäkalien schwamm.
In diesem Moment erkannte Jon, wie tief der Alkohol ihn hatte sinken lassen. Er brach in Tränen aus. Später schleppte er sich zurück ins Hotel und fiel ins Bett. Brett ging am nächsten Morgen allein frühstücken. Als Jon aufwachte, überkamen ihn Scham- und Schuldgefühle. Auf Bretts wiederholte Frage, ob er betrunken gewesen sei, antwortete er zunächst mit «Nein».
Auf Jesus und nicht Programm anpeilen
Schliesslich erzählte er ihr die Wahrheit – und ihre Reaktion bewegte ihn: Sie ermutigte ihn, zur Wurzel des Problems vorzudringen, denn sie wusste, dass wenn er das nicht tat, er den Alkohol nur durch etwas anderes ersetzen würde. Jon Seidl suchte einen Therapeuten und er ist bis heute in Behandlung. Seit über zwei Jahren hat er keinen Tropfen mehr angerührt.
Anstatt sich auf ein bestimmtes Abstinenzprogramm zu stützen, sagt Jon: «Ich peilte Jesus an – und fand Nüchternheit. Ich peilte nicht ein bestimmtes Programm an.»
Diese vier Schritte trugen ihn durch die Veränderung:
1. In Christus bleiben: Bewusst Zeit mit Gott zu verbringen, stärkt dein Leben als Christ.
2. Deine wahre Identität finden: Die Identität, die Gott dir gegeben hat, definiert dich.
3. Radikale Verletzlichkeit üben: Echte Beichte ist entscheidend für Heilung.
4. Tun, was Gott dir sagt: Nicht nur hören, sondern gehorchen.
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Datum: 19.11.2025
Autor:
Angell Vasko / Daniel Gerber
Quelle:
CBN / Übersetzung: Jesus.ch