Der Philosoph Martin Heidegger (1889-1976), der nicht vom Glauben her argumentierte, stellte dennoch richtig fest: "Ist Jesus von Nazareth von den Toten auferstanden, dann ist jede naturwissenschaftliche Erkenntnis vorletztlich", denn diese kann dann niemals der Weisheit letzter Schluß sein. So scheitert auch jeder Versuch, die Auferstehung Jesu biologisch, medizinisch oder sonstwie wissenschaftlich erklären zu wollen. Wir leben in einer dreidimensional begrenzten Welt, die außerdem einer linear ablaufenden Zeit unterworfen ist. Bei Gott aber gilt das keineswegs: "Er wohnt in einem Licht, da niemand zukommen kann" (1. Timotheus 6,16), d. h. er lebt in höheren Dimensionen, die zwar unsere Welt durchdringen, aber nicht umgekehrt. Nach dem Tod ist Jesus mit einem Leib auferstanden, der unsere einengenden Grenzen nicht mehr kennt und darum nicht mehr an die dritte Dimension gebunden ist. Verschlossene Türen waren für ihn kein Hindernis (Johannes 20,19), und er konnte nach Belieben in unserer Dimension erscheinen und wieder in die göttliche hinüberwechseln: "Danach ist er (= Jesus) gesehen worden von mehr als 500 Brüdern auf einmal" (1. Korinther 15,6). Im griechischen Grundtext ist das Geschehnis noch genauer ausgedrückt: "Er ist sichtbar (= für unsere Dimension) gemacht worden." So gilt es, in Klarheit und Gewißheit zu predigen, daß Jesus wahrhaftig auferstanden ist und damit den endgültigen Sieg über Tod und Teufel errungen hat und daß dies die Basis unserer Errettung ist (1. Korinther 15,17). Die erstaunlichen Ostergeschichten neu erzählen: So staunen auch "Heiden" Die Botschaft von der Auferweckung Jesu durch Gott ist zu allen Zeiten auf Mauern des Unverständnisses gestoßen. Schon die Jünger waren irritiert und überrascht. Lukas berichtet, daß die Frauen die Botschaft des Engels: "Er ist nicht hier - er ist auferstanden" den Aposteln sagten und deren Reaktion war ablehnend. "Und es erschienen ihnen diese Worte, als wär's ein Geschwätz, und sie glaubten ihnen nicht." Jesu Auferweckung durch Gott am Ostermorgen ist ungeheuerlich. Sie sprengt alle menschliche Erfahrung. Wie können wir sie trotzdem weitergeben - sowohl im sich immer mehr säkularisierenden Westen als auch im weitgehend säkularisierten Osten Deutschlands? Ganz einfach: wir erzählen die Ostergeschichten neu. Wir lassen uns auch überraschen von der Ungeheuerlichkeit des Geschehens. Wir fragen mit, wir zweifeln mit, wir staunen mit und wir bekennen mit den ersten Jüngerinnen und Jüngern: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden. Ob das ein säkular lebender Mensch begreift? Viele verdrängen ja selbst die Wirklichkeit des Todes. Sie stürzen sich in die Arbeit, in die Freizeitangebote, in das kulturelle Leben, um nicht eine Minute zu versäumen. Hier ist der erste Anknüpfungspunkt unserer Verkündigung, daß wir mit unserem Zeugnis die scheinbare Wirklichkeit des immerwährenden Lebendigseins stören und auf die Begrenztheit unseres Lebens aufmerksam machen. Der nächste Schritt ist, von der Wirklichkeit des ewigen Gottes zu reden, der sich uns zuwendet, uns sucht und unzerstörbares Leben geben will. Die Jesusgeschichten neu erzählen, das ist der Weg, um auch Ostern zu verkündigen. Und diese Geschichten sind hautnah an uns dran. Lazarus, der Freund Jesu, wird mit seiner Geschichte zur brisanten Realität. Thomas, der Zweifler, wird zum Beispiel für Glauben trotz aller Bedenken. Die Frauen am Grab als die ersten Osterzeugen stehen zwischen Erschrecken und Glauben. Die Osterverkündigung ist ganz nah, wenn sie am biblischen Wort orientierte Verkündigung ist. Und gerade säkulare Menschen lernen mitzustaunen, wenn ihnen die überraschende und packende Realität des Bibelwortes begegnet. Denn dieses Wort ist nicht "Geschwätz", wie selbst die Jünger zweifelten. Es hat die schöpferische Sprengkraft der Auferstehung in sich, die aus Tod neues Leben und lebendigen Glauben machen kann.
Der Informatiker Werner Gitt ist Direktor und Professor bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig.
Datum: 16.04.2002
Autor: Herrmann Traum