Grosse Auswirkungen auf Landes- und Freikirchen
Aufgrund umfangreicher Analysen und Expertengespräche hat swissfuture unter der Leitung des Zukunftsforschers Georges T. Roos vier Zukunftsszenarien aufgrund der vom Bundesamt für Statistik errechneten Bevölkerungsszenarien entwickelt und dabei den möglichen Wertewandel in der Schweiz 2030 beschrieben.
1. Szenario: Die Ego-Schweiz
Das erste Szenario (9.5 Mio. Einwohner) geht davon aus, dass die Schweiz über die nächsten Jahre einen spürbaren Wohlstandszuwachs verzeichnen kann. Obwohl nicht in der EU, ist die Schweiz mit den alten und neuen Wirtschaftsmächten der Welt in bestem Einvernehmen. Wettbewerb, Globalisierung, extensive Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien sind Merkmale dieses ersten Szenarios. Die Forscher erwarten in einer solchen Schweiz ein Werte-Set, das lockere Bindungen bevorzugt: Sei es familiär, zum eigenen Land oder zum Arbeitgeber. Sie erwarten Werte, die eine hohe Selbstverantwortung verlangen und gesellschaftliche und ökonomische Auf- und Abstiege akzeptieren.
2. Szenario: Die Clash-Schweiz
Das zweite Szenario (8.7 Mio.) geht davon aus, dass über die nächsten zwanzig Jahre der Wohlstand in der Schweiz deutlich gesunken sein wird. Auch der EU-Beitritt konnte den ökonomischen Niedergang nicht aufhalten, denn die EU hat sich mit der Schuldenkrise und der Osterweiterung übernommen.
Die Schweiz hat eine grosse Zuwanderung an schlecht integrierbaren Migranten hinnehmen müssen - aus Randgebieten der erweiterten EU ebenso wie aus Kriegsgebieten aus anderen Kontinenten. Die Forscher erwarten für eine solche Schweiz, dass tiefe Gräben aufbrechen, deren Konflikte nicht selten ideologisch aufgeheizt sind. Die Polarisierung in der Politik führt zur Erstarrung. Angst und Verunsicherung sind weit verbreitet und nähren Missgunst und Misstrauen.
3. Szenario: Die Balance-Schweiz
Das dritte Szenario (9.5 Mio.) geht wie 'Ego' von der Annahme aus, dass der Wohlstand in der Schweiz angewachsen sein wird. Die geglückte Integration der Schweiz in die EU hat dieses Land zu einem Forschungs- und Innovationsszentrum Europas gemacht. Der Wohlstandszugewinn wird allerdings anders investiert als in Ego: Die Sozialwerke wurden den demografischen Entwicklungen angepasst, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Qualität von Quartieren und Wohnvierteln verbessert.
Die Forscher erwarten unter diesen Annahmen ein Werte-Set, das sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltig ist, die Work-Life-Balance hoch hält und zu einer Renaissance des bürgerschaftlichen Engagements führt.
4. Szenario: Die Bio-Control-Schweiz
Das vierte Szenario (7.9 Mio) geht wie Clash von einem Wohlstandsverlust aus. Die Schweiz ist politisch und ökonomisch isoliert. Anders als in Clash, kapituliert die Politik aber nicht vor der Krise, sondern versucht, sie zu gestalten. Gesellschaftliche Probleme wie Jugendgewalt, Volksgesundheit, Bildungschancen werden mit einem Bündel von präventiven und repressiven Mitteln angepackt.
Die Forscher erwarten unter diesen Annahmen eine Schweiz, die ihren Sonderfall hoch hält und gar mit dem Autarkie-Mythos liebäugelt; eine Schweiz, in der in Kauf genommen wird, dass die persönliche Freiheit zurückstehen muss zugunsten eines guten Funktionierens der Gesellschaft, in der die Menschen aber auch ängstlich falsche Lebensstile zu vermeiden suchen.
Grosse Auswirkungen auf Landes- und Freikirchen
Die detaillierte Beschreibung der vier Szenarien quer durch die gesellschaftlichen Bereiche enthält auch ein Kapitel über Religion und Kirchen (PDF 1, siehe unten), das die Varianten der Entwicklungen in diesem Bereich beschreibt, je nachdem welches Szenario sich durchsetzen wird. Zur Präsentation der Studie in Zürich haben der Zukunftsforscher Andreas A. Walker und Markus Müller, Direktor der Pilgermisson St. Chrischona, in einem kurzen Kommentar (PDF 2, siehe unten) Stellung bezogen.
Die Studie wurde unter der Leitung des Zukunftsforschers Georges T. Roos erstellt. Parallel dazu entstanden vier Vertiefungsstudien, welche die Folgen der vier Szenarien für bestimmte Fragen umfassender darstellen.
Webseite:
weiterdenken.ch – Homepage von Andreas Walker
Datum: 29.06.2011
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet / ideaspektrum