Wie ihr eine Schauspielrolle Heilung brachte
«Ich bin in Japan aufgewachsen», erinnert sich Chrissy Metz. Ihr Vater war bei der US-Navy und sie war das mittlere von fünf Kindern. «Ich erinnere mich, wie wunderschön die Landschaft war. Das Essen war köstlich. Ich ging auf eine Militärschule, hatte aber viele japanische Freunde, und wir machten zahlreiche Campingausflüge.»
Das Land, die Menschen, die Kultur: Alles war von so viel Schönheit, Respekt und Disziplin geprägt, schwärmt Chrissy Metz. «Meine Mutter backte Kuchen. Sie war so etwas wie eine kleine lokale Bäckerin für alle, die amerikanisches Gebäck wollten – das war ziemlich cool.»
«Tragödien werden zu Triumpfen»
Als sie neun Jahre alt war, liessen sich ihre Eltern scheiden. Mutter zog mit der Familie nach Florida, sie heiratete erneut und Chrissy Metz bekam eine weitere, kleine Schwester.
«Wir zogen oft um, sodass ich wirklich jede Grundschule in Gainesville besucht habe. Ich sage gerne: Aus unseren Tragödien werden unsere Triumphe. Ich glaube, genau deshalb bin ich so aufgeschlossen. Ich musste mich immer wieder anpassen – an neue Schulen, neue Klassen, neue Lehrer. Ich liebe Menschen, und diese Fähigkeit, mich einzufügen, hat mir sehr geholfen. Aber leicht war es nicht, das steht fest.»
Diplomatische Unterhalterin
Ihre Oma lebte bei der Familie und sie prägte Chrissys Glauben: «Ihr Glaube war so stark, ihre Beziehung zu Gott so tief, da dachte ich: Das will ich auch. Ich war auf der Suche und bin bis heute dankbar, dass sie mir ein so wunderbares Vorbild war.»
Musik war Chrissys grosse Liebe. «Wir konnten uns aber kein Instrument leisten, also trat ich dem Chor bei. Das veränderte mein Leben. Dort fand ich eine Gemeinschaft. Nach der erneuten Heirat meiner Mutter war meine Kindheit nicht einfach, sondern teils recht turbulent – da wurde die Musik, dieser Chor, zu etwas sehr Wichtigem für mich.»
Und noch ein Talent trat zum Vorschein: «In meiner Familie und in meinem Freundeskreis war ich die diplomatische Unterhalterin. Wenn es Streit gab, lenkte ich mit Witzen, Imitationen oder Albernheiten ab. Ich dachte: Ich will sein wie Jim Carrey, Jack Black und Robin Williams… nur eben als Frau. Dabei merkte ich auch, dass ich, wenn ich Witze machte, Aufmerksamkeit bekam, die mir zu Hause fehlte. Ich fand das toll, aber Schauspielerin wollte ich eigentlich nie werden.»
Das Casting
Ihre Schwester wollte Model werden und sie erfuhr von einem offenen Casting. «Ich begleitete sie. Nach ihrem Vorsprechen fragte die Casting-Leiterin mich: ‘Und du?’ – ‘Ach, ich bin nur ihre Schwester, ihre Begleitung.’ Aber meine Schwester drängte: ‘Chrissy, du singst doch! Sing doch mal!’ Ich sang und die Casting-Leiterin versprach, sich zu melden, wenn Interesse bestünde. Einige Tage später rief sie tatsächlich zurück: ‘Wie wäre es mit Schauspiel?’ Ich winkte ab. Aber sie schlug vor: ‘Dann nimm doch erstmal ein paar Kurse.’»
So fuhr Chrissy Metz jedes Wochenende nach Orlando, zusammen mit anderen, welche die Casting-Leiterin unter Vertrag hatte. «Dann organisierte sie eine Präsentation in Los Angeles. Ich kratzte all mein Geld zusammen, und wir flogen hin. Es war mein erster Aufenthalt in LA. Nach dem Showcase bekamen sieben von uns Rückmeldungen. Eine Agentin wollte mich unter Vertrag nehmen. Ich konnte es kaum glauben – es fühlte sich völlig unwirklich an.» Sie zog für die Pilot-Saison für rund drei Monate nach Los Angeles.
Der Umweg
Dann folgte ein Umweg: Ihre frischgebackene Agentin brauchte eine Assistentin. «Mein Manager meinte: ‘Du solltest für sie arbeiten.’ Ich dachte: ‘Wie bitte? Ich wollte Musik machen, jetzt habe ich eine Schauspiel-Agentin – und soll nicht schauspielern, sondern ihre Assistentin sein? Was läuft hier?’ Ich überlegte sogar, nach Gainesville zurückzukehren. Zwölf Jahre lang schien nichts voranzugehen. Ich fragte mich: ‘Täusche ich mich selbst? Ist das wirklich mein Weg?’»
Dann bekam sie die Rolle in «This Is Us» und ihr Leben änderte sich schlagartig. «Der Erfolg der Serie und das Feedback der Zuschauer berührten mich tief. Themen wie Rassismus, Gewicht, Vaterschaft, Familienbande, Mutter-Tochter- oder Vater-Tochter-Beziehungen – all das fand Resonanz. Für mich war es heilsam, weil ich selbst kein enges Verhältnis zu meinem leiblichen Vater hatte. Durch die Figur des Jack verstand ich erstmals, wie sich ein liebevoller Vater anfühlt – wenn auch nur auf der Leinwand. Das hat mich verändert.»
Dankbarkeitsliste
Für ihr inneres Gleichgewicht tut sie vieles: «An erster Stelle steht mein Glaube: beten, bitten, danken. Ich beginne jeden Tag mit einer Dankbarkeitsliste, noch bevor ich aufstehe. Das Leben ist flüchtig, kostbar, voller Herausforderungen – aber man findet immer mindestens zehn Dinge, für die man dankbar sein kann.»
Chrissy Metz, die 2019 im christlichen Film «Breakthrough» mitspielte, überlegt sich auch, was sie wirklich braucht: «Denn das Leben kann überwältigend sein, und viele Menschen ziehen an einem. Da muss man sich erden. Journaling, Dankbarkeit, Gebet, Musik, Bäder – alles, was die Seele positiv füllt. Manchmal ist das Leben so hektisch, dass man innehalten und zuhören muss: Geschichten, Bibelverse, Impulse – das hilft enorm. Und meine Familie ist mir sehr nah. Besonders meine Schwestern geben mir wertvolle Perspektiven.»
Die Branche sei grossartig, «und ich bin sehr dankbar für das, was ich tun darf. Aber das Leben ist so viel grösser als Hollywood. Daran erinnere ich mich immer wieder. Denn natürlich kenne ich auch die Zweifel: Bin ich gut genug? Habe ich diese Rolle verdient? Doch ich weiss: Was für mich bestimmt ist, wird mich finden – auch wenn ich davor weglaufe. Nicht in meiner, sondern in Gottes Zeit.»
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Datum: 03.10.2025
Autor:
Jesus Calling / Daniel Gerber
Quelle:
Jesus Calling / gekürzte Übersetzung: Jesus.ch