Kardinal von Teheran

«Der Waffenstillstand ist äusserst fragil»

Zwischen Israel und dem Iran besteht momentan ein fragiler Waffenstillstand
Nach dem Krieg zwischen Israel und dem Iran, der vom 13. bis zum 24. Juni tobte, schildert der Kardinal von Teheran, wie er diese Tage voller Angst und Zerstörung erlebt hat. «Der Waffenstillstand ist äusserst fragil», erklärt er.

Kardinal Dominique Mathieu ist kein Mann, der vor Gefahr zurückschreckt. Der Franziskaner lebte zuvor im Libanon, bevor er 2021 die Leitung des lateinischen Erzbistums Teheran-Isfahan übernahm. Aus nächster Nähe erlebte er in der iranischen Hauptstadt die israelischen Angriffe während des Konflikts mit dem Iran.

In Teheran gibt es keine Schutzbunker und keine Sirenen wie in Israel, die die Bevölkerung vor bevorstehenden Angriffen warnen könnten. «Wir versuchten, Informationen über die betroffenen Stadtteile zu bekommen, indem wir von der Terrasse aus Ausschau hielten, wenn möglich Nachrichten über soziale Netzwerke verfolgten, Freunde und Bekannte anriefen oder genau hinhörten, um aus Geräuschen eine drohende Attacke abzuleiten», berichtet er gegenüber «kath.ch».

Messe täglich gefeiert

Der belgische Kardinal bemühte sich, täglich die Messe zu feiern – soweit es die Anwesenheit einiger verbliebener Gläubiger erlaubte. Den Alltag im Krieg teilte er mit einem afrikanischen Medizinstudenten, der bei ihm Zuflucht fand, nachdem das Universitätswohnheim von einer Drohne getroffen worden war.

Jeden Abend verbrachten die beiden Männer eine Stunde in der Anbetung «mit der Bitte um Frieden in der Welt und in unseren Herzen», so der Kardinal weiter.

Seit dem Waffenstillstand am 24. Juni ist etwa die Hälfte der zuvor geflüchteten Bevölkerung nach Teheran zurückgekehrt. «Die Strassen, die während des Konflikts wie ausgestorben waren, sind wieder voller Leben – als wäre nichts geschehen», berichtet Mathieu.

«Waffenstillstand basiert auf Abschreckung, nicht Abkommen»

Doch der Schein trügt. In einem Beitrag für «Asianews» schreibt Dominique Mathieu: «Der Waffenstillstand, der den sogenannten ‘Zwölf-Tage-Krieg’ beendet hat, ist äusserst fragil. Er basiert derzeit allein auf Abschreckung und nicht auf Abkommen zwischen den Konfliktparteien. Von gegenseitigem Respekt und Vertrauen sind wir weit entfernt. An Versöhnung ist noch nicht zu denken. Nach wie vor gilt das Recht auf Selbstverteidigung – auch in präventiver Form.»

Mit 62 Jahren ist der Kardinal entschlossen, weiter von der Liebe Christi zu zeugen und sich für den Frieden einzusetzen. «In einer Welt, die von Aufrüstung und dem Niedergang der Diplomatie geprägt ist, kann die Kirche für den Frieden wirken, indem sie eine entwaffnete und entwaffnende Friedenshaltung verkörpert», versichert er, in Anlehnung an die Worte von Papst Leo XIV. anlässlich seiner Wahl.

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Datum: 01.07.2025
Autor: Germain Gratien / Daniel Gerber
Quelle: Info Chrétienne / gekürzte Übersetzung: Livenet

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