Ende eines jungen Politikers

Öffentliches Leben war «fake»

Für den deutschen Politiker Simon Vaut (SPD) endete seine Karriere, bevor sie richtig begann. Für eine Kandidatur erfand er eine Freundin und einen Wohnort. Jetzt ist das Vertrauen verspielt.
Simon Vaut

Letztes Jahr wurde Simon Vaut zum Spitzenkandidaten der SPD in Brandenburg für die Europawahl im Mai bestimmt. In seiner Bewerbungsrede sagte der heute 41-Jährige, dass ihn die Liebe von Berlin nach Brandenburg geführt habe und stellte seine Freundin vor. Doch das war alles gelogen.

Setzt sich gegen Favoritin des Ministerpräsidenten durch

Vaut lebte nie in Brandenburg und kannte die «Freundin» zwar, aber sie hatten wohl kein engeres Verhältnis. Die Frau war eine Bekannte und lebte nicht in Brandenburg, sondern in Berlin. Vaut wollte wohl mit seinen Lügen eine besondere Verbundenheit mit Brandenburg dokumentieren, um so seine Wahlchancen zu verbessern. Das gelang ihm auch, denn er setzte sich als Spitzenkandidat gegen die Favoritin des Ministerpräsidenten von Brandenburg durch.

Lügengebäude stürzt ein

Für einige Zeit konnte Vaut so Wahlkampf machen. Doch dann gab es immer wieder Rückfragen zu seinem Wohnort. Zunächst hatte Vaut eine Adresse erfunden, später denkt er sich Beziehungsprobleme aus, um so bei einer Bekannten unterzukommen. Die überlässt ihm ein Zimmer und bringt sein Namensschild an der Tür an. Doch lange hält auch dieses Lügengebäude nicht und Journalisten recherchieren die tatsächlichen Lebensverhältnisse.

«Es fängt mit einer harmlosen Unwahrheit an»

Im Interview mit der Zeitschrift «Spiegel» bekennt Vaut, dass er in sein frisiertes Leben hineingeschlittert sei. «Es fängt mit einer harmlosen Unwahrheit an, und dann verstrickt man sich darin.» Weiter sagt er gegenüber dem Magazin, dass der Kampf um die Spitzenkandidatur sich wie ein WM-Finale angefühlt habe. Er habe sich da in etwas hineingesteigert.

Simon Vaut entschuldigt sich vorbehaltslos. Sein Verhalten kann oder will er nicht genauer erklären. Trotz der Lügen habe er sich aus Überzeugung für seine Partei und den Wahlkampf engagiert. «Meine Inszenierungen waren fake. Mein Engagement für Europa und die Sozialdemokratie war und ist hingegen real.» Vaut ist Mitarbeiter des Bundeswirtschaftsministeriums. Möglicherweise haben die Lügen auch Auswirkungen auf seinen Beamtenstatus, der in diesen Tagen auf den Weg gebracht werden sollte.

«Ich bedaure mein Verhalten zutiefst»

Auf seiner Facebook-Seite ist Simon Vaut sichtlich darum bemüht, den Scherbenhaufen aufzuräumen. Er schreibt dort: «Nach den Berichterstattungen der letzten Tage möchte ich nun selbst Stellung nehmen. Die Vorwürfe treffen zu. Ich habe nie, anders als ich es angegeben habe, in Brandenburg an der Havel gelebt. Ich wohnte und wohne in Berlin. Ich bedaure mein Verhalten zutiefst.»

Und weiter schreibt Vaut: «In den letzten Tagen habe ich bei vielen Menschen persönlich um Verzeihung gebeten Entschuldigen möchte ich mich auch bei allen hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der SPD in Brandenburg und den ehrenamtlich engagierten Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, bei den vielen Unterstützerinnen und Unterstützern sowie bei den unzähligen tollen Menschen, die ich durch meine Kandidatur habe kennenlernen dürfen. Mir ist bewusst, dass ich viele Menschen sehr enttäuscht habe. Von den persönlichen Verletzungen gar nicht zu reden.»

Zum Thema:
ChristNetForum in Biel: Alles Fake? Wahrheit in Politik und Medien
Selber schuld!: Ist die Lüge attraktiver als die Wahrheit?
Schon vor vielen Jahren: Die erste Fake News der Geschichte

Datum: 02.04.2019
Autor: Norbert Abt
Quelle: Der Spiegel / Livenet

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung