Gott sei Erntedank
Erntedank ist einer der ältesten Bräuche überhaupt. Der christliche Brauch lässt sich – möglicherweise durch das jüdische Sukkot (Laubhüttenfest) nach 3. Mose Kapitel 23, Verse 33-44 beeinflusst – bis ins 3. Jahrhundert zurückverfolgen. Man feierte einen besonderen Gottesdienst, nachdem die Ernte eingefahren und die Wintervorräte gesichert waren. In der Schweiz sind Erntedankfeste vor allem im Zuge der Nahrungsmittelversorgung während des Zweiten Weltkriegs aufgekommen. Mit diesem christlichen Fest dankt die Kirchgemeinde Gott für die Gaben der Ernte. Es werden Obst, Gemüse und Getreide sowie die Früchte zum Altar gebracht, um Dankbarkeit auszudrücken und eine Tradition des Teilens und der Verantwortung für die Schöpfung zu fördern.
Sehnsucht nach Glück und Zufriedenheit
Das Erntedankfest ist ein guter Moment, um sich zu fragen: Was habe ich eigentlich täglich zum Leben? Was brauche ich wirklich? Diese Fragen helfen, um Menschen auf ihrer Suche nach einem erfüllten Leben abzuholen und mit demjenigen in Kontakt zu bringen, der ihre Sehnsucht nach Glück und Zufriedenheit nachhaltig stillen kann: Gott, dem Schöpfer allen Lebens. Es tut gut, sich gelegentlich bewusst zu machen, welche Mittel wir tagaus, tagein zum Leben haben, nicht nur die für den Magen, sondern auch alle anderen. Und darum ermutigt das aktuelle Magazin «lebenslust», dankbar zu sein für das, was wir zum Leben haben – nicht nur einmal im Jahr. Da geben Familien zwischen Peru und Japan Einblicke in ihre vier Wände und wichtige Alltagsdinge. Eine Autorin und der Leiter eines internationalen Hilfswerks sprechen darüber, was die alte Bitte «Unser tägliches Brot gib uns heute» aus dem «Vaterunser»-Gebet im 21. Jahrhundert noch bedeutet. Das Heft steckt voller Impulse zum Geniessen, Danken und Nachdenken. Und es lädt zu einem grosszügigen und verantwortlichen Leben ein – und ist somit auch ein wertvolles Geschenk für Freunde, Nachbarinnen und Bekannte.
Erntedank-Gottesdienst
«Am Sonntag wurde in der Bergkirche in Hallau Erntedank gefeiert. Dazu hatte sich Pfarrerin Wiebke Suter gut vorbereitet und im Vorfeld verschiedene Landwirte angefragt, für was sie in diesem Jahr besonders dankbar seien», schreibt der «Klettgauer Bote». In Reiden beschrieb die Seelsorgerin Christa Kuster im Erntedankgottesdienst die verschiedenen Wachstumsstationen in der Natur und den Bezug dazu im alltäglichen Leben. Dabei stellte sie fest, dass der Mensch dazu neige, immer alles selbst in der Hand zu haben und machen zu müssen: «Es ist eben auch eine tiefe Wahrheit, dass wir das Entscheidende nicht selbst vollbringen können. Es ist geschenkt, ist Gnade. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott mitwirkt. Ein Gott, der Wachstum will und schenkt», schreibt das «Zofinger Tagblatt».
Der Erntedank-Gottesdienst ist eine wunderbare Möglichkeit, besonders die Menschen mit ihren Fragen und Nöten in den Blick zu nehmen, die Gott noch nicht kennen. Die Sehnsucht nach einem erfüllten Leben kennen alle. Gleichzeitig erleben viele, dass wir trotz aller Möglichkeiten wie vollautomatische Erntemaschinen und klimatisierte Supermärkte, moderne Medizin und digitale Vernetzung unser Leben letztlich nicht in der Hand haben. Im Erntedankgottesdienst kann die Perspektive geöffnet werden, dass über unser Schicksal ein gütiger Gott bestimmt, der sich als Vater ansprechen lässt. Dieser Vater hat uns mit dieser bunten, fantasievollen, verschwenderisch üppigen Natur ein unglaublich wertvolles Geschenk anvertraut. Angesichts der vielen Krisen rund um die Welt, begegnen uns im Alltag häufig schlechte Nachrichten. Mit einer Aktion zum Thema Dankbarkeit kann die Kirche den Menschen helfen, den Blick auf das Gute und auf Gott zu richten.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Dienstagsmail Nr. 893.
Zum Thema:
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Eine neue Tradition?: Erntedankfest im Emmental
Freude herrscht: Ernte sei Dank
Datum: 15.10.2025
Autor:
Markus Baumgartner
Quelle:
Dienstagsmail