«Jeder kann die Welt zum Positiven verändern»
«Ich wünsche mir, dass vor allem junge Menschen sich ihres Einflussbereichs
bewusst werden, dass sie nicht egal oder unnötig sind.» Livenet unterhielt sich
mit Diana Ezerex über ihr musikalisches Schaffen.Diana Ezerex, vor einiger Zeit ist Ihre Single «Questions
& Answers» erschienen – was muss man über das Album wissen?
Diana Ezerex: Bei dem Song «Questions & Answers» wollte ich eine
Message an die junge Generation senden. Ich glaube, wir leben in einer Zeit, in der es zwar viele junge Leute gibt, die vorangehen, gleichzeitig aber zahlreiche
Jugendliche ihr Potential nicht erkennen oder unterschätzen, was in ihnen steckt,
und einfach so vor sich hinleben. Ich bin überzeugt
davon, dass jeder die Welt zum Positiven verändern kann und jeder auch eine
gewisse Verantwortung hat, genau das zu tun. In der zweiten Strophe
heisst es: «Nur, wenn du deinen Wert kennst, kannst du die Erde wirklich
wertschätzen. Nichts in dieser Welt ist wertlos, vergiss das nicht, nimm sie
nicht für selbstverständlich». Und ich glaube, genau da fängt es an: den
eigenen Wert zu kennen, sich bewusst zu machen, dass man nicht irgendwer ist,
sondern ein Weltveränderer. Jede Handlung, jeder Kauf, jede zwischenmenschliche
Interaktion hat Konsequenzen, löst einen Dominoeffekt aus.
Sie schreiben sehr viele Lieder – wann kommt das nächste
Album?
Wir arbeiten
derzeit an ganz vielen neuen Sachen. Viele der Songs, die wir bei Konzerten
spielen, sind schon ganz schön alt, auf ein Album wollen wir gerne
hauptsächlich neue Songs packen. Wir sind da auch sehr kritisch, selbst wenn
wir anfangs absolut Feuer und Flamme für einen Song waren, kann es sein, dass
er dann doch irgendwann von der Setlist fliegt, weil wir nichts mehr dabei «fühlen». Mein Output, was
Songs betrifft, ist zwar relativ gross, aber da ist auch viel Müll dabei
(lacht). Cool wäre es natürlich, wenn dieses Jahr das Album rauskommt, aber
gewiss ist das nicht. Doch wir arbeiten hart daran.
Sie sind auch schon im Gefängnis und Jugendgefängnis
aufgetreten – warum sind Ihnen diese Konzerte wichtig?
Dass ich in
Gefängnissen auftreten darf, ist ein absolutes Privileg für mich. Den Wunsch, im Gefängnis
aufzutreten oder auch mal ein Praktikum dort zu machen, hatte ich schon lang. Das erste Mal im
Jugendgefängnis war ich in Neustrelitz im Norden Deutschlands. Bei einem
«Adonia»-Konzert in der Nähe lernte ich den Gefängnisseelsorger kennen, der
mich kurzerhand einlud, den Himmelfahrtsgottesdienst gemeinsam mit ihm zu
gestalten, was eine tolle Erfahrung für mich war. Da ich schon viel offene
Jugendarbeit gemacht habe, wobei ich mehrere Jugendliche kennengelernt hatte,
die schon einmal im Gefängnis waren, war ich nicht nervös, sondern eher freudig
aufgeregt. Ich hatte tolle Gespräche mit den Jugendlichen, über ihre Pläne nach
der Entlassung, über die Menschen, die sie dann endlich wiedersehen dürfen. Daraufhin fing
ich an, zahlreiche Gefängnisse in Deutschland, der Schweiz und Österreich
anzuschreiben in der Hoffnung, noch mehr Konzerte geben zu dürfen.
Besonders begeistert mich das Wissen, dass ich den Alltag der Insassen wenigstens für eine kurze Zeit aufbrechen, sie in meine Gedanken und meine Geschichte mitnehmen kann. Das Leben in Gefängnissen ist wie eine Parallelwelt, man redet nicht gross drüber. Ich darf in diese Parallelwelt eintreten, in die Welt, in der Gewalt und Drogen etwas Normales sind oder waren, und einen Unterschied machen, einfach nur durch meine Anwesenheit, durch meine Musik und durch Zuhören, wenn sich die Möglichkeit zum Gespräch gibt.
Welche Feedbacks nach einem Auftritt bewegen Sie?
Besonders krass
fand ich es einmal im Jugendgefängnis, als danach einer auf uns zukam und
meinte, er habe «das erste Mal seit Langem wieder Freude gespürt». Da bekomme
ich heute noch Gänsehaut...
Je nachdem, wie das Setting ist, in dem wir spielen, rede ich mehr über Gott oder eben nicht. Ganz egal wie, ist es jedoch oft so, dass ich nach dem Konzert Rückmeldungen bekomme, ob ich nicht «irgendwie christlich» sei; sie stellen Fragen, erzählen von ihrer Vergangenheit, in der sie in die Gemeinde gingen oder mal in einer Lobpreisband gespielt haben, aber wo «das Leben» dann für eine Umstellung gesorgt hat. Unser Gebet vor jedem Konzert ist, dass Menschen verändert werden, dass Jesus das Konzert als Plattform nutzt, um sich gross zu machen.
Was ist Ihr persönliches Herzensanliegen?
Ich wünsche mir,
dass besonders viele Menschen durch meine Musik berührt werden und
dass vor allem junge Menschen sich ihres Einflussbereichs bewusstwerden, dass sie nicht egal oder unnötig sind. Es macht mich so
traurig zu sehen, wie sie sich teilweise mit so wenig zufriedengeben, wo in
ihnen so viel mehr steckt, sei es zum einen, weil sie es aus materiellen
Gründen nicht können, oder weil ihnen keiner sagt, dass sie alles haben, um
einen Unterschied zu machen. Niemand kann die
ganze Welt retten, aber wir können und müssen alle irgendwo anfangen. Sei es
durch ein Lächeln auf der Strasse. Oder das bewusstere Konsumieren. Überlegen,
wer die Kleidung genäht, den Kaffee oder die Bananen geerntet hat, die ich gerade kaufen will. Keinen Plastikdeckel für den To-Go-Kaffee zu nehmen, weil
der am Ende im Ozean landet. Es sind teilweise kleine Entscheidungen, die aber
einen krassen Effekt haben können. Mein Herzensanliegen ist, dass jeder irgendwo anfängt. Einfach in irgendeinem Bereich anfängt, eine
Entscheidung für das Liebevollere zu treffen. Eine Entscheidung für mehr
Geduld. Für mehr Fairness. Für den Weltfrieden. Für die Liebe.
Was sind Ihre nächsten Projekte?
Ich liebe Kooperationen
mit anderen Künstlern. Die Bevölkerung ist so unglaublich talentiert, meine
Güte, und wenn sich Talente ergänzen, dann kann das ja nur wie ein Feuerwerk
explodieren. Dazu verrate ich aber noch nicht mehr, es soll ja spannend bleiben.
Ausserdem steht die Arbeit am Album, an Konzerten, Touren und so weiter an. Up
to date bleibt ihr über die Webseite, Facebook, vor allem aber über Instagram.
Zur Webseite:
Diana Ezerex
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Datum: 15.03.2019
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet