Deutschland

Evangelische Kirche will Verantwortungsträger gewinnen.

Die evangelische Kirche will die Kontakte zu Eliten intensivieren. Mit Offenheit müsse die Distanz zu evangelischen Verantwortungseliten überbrückt werden, empfiehlt ein Positionspapier der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), das am 5. April in Berlin vorgestellt wurde.
Christian Wulff Deutscher Verantwortungsträger

Der protestantischen Milieuverengung müsse entgegengewirkt werden, sagte Alt-Bischof Wolfgang Huber bei der Präsentation. Am Eintreten der evangelischen Kirche für die Schwachen gebe es keine Abstriche, aber es dürfe nicht der Eindruck entstehen, gesellschaftliche Verantwortungsträger würden von der Botschaft des Evangeliums ausgeschlossen, heisst es in dem Text. Er wirbt für ein zeitgemässes Nachdenken über demokratische Eliten. Sie seien «ein dringliches Arbeitsfeld für die Kirche»; es gelte einen «frühzeitigen Zugang zu künftigen Eliten» zu finden.

Eliten willkommen

«In den vergangenen Jahren drohte ein falsch verstandener Egalitarismus in unserer Kirche zu verhindern, dass evangelische Verantwortungseliten ihre Kraft entfalten können», schreibt der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider im Vorwort. Protestanten in Eliten sollten sich in der Kirche willkommen fühlen und in ihrem Selbstverständnis als «Elite für andere» bestärkt werden.
Das Papier mit dem Titel «Evangelische Verantwortungseliten» wurde vorbereitet in einer Arbeitsgruppe unter Vorsitz von EKD-Ratsmitglied und Deutsche Bank-Direktorin Marlehn Thieme. Sie sagte bei der Vorstellung, es handle sich nicht um ein «Rückgewinnungsprogramm für ausgetretene Millionäre». Die Kirche müsse aber in allen Teilen der Gesellschaft wieder Bedeutung gewinnen. «Wenn die Kirche die Lebensstile nicht mehr kennt, wird sie in ihrem Handeln begrenzt.» Gerade die Funktionseliten hätten einen grossen Orientierungs- und Vergewisserungsbedarf, ergänzte Huber. Das müsse die Kirche ernst nehmen.

Was Gemeinden tun können

Das EKD-Papier enthält konkrete Vorschläge, wie sich Gemeinden und Kirchen für protestantische Elitenmilieus öffnen können. Beispielhaft genannt werden Angebote wie Auszeiten im «Kloster auf Zeit», musikalische Veranstaltungen, Netzwerke, Workshops oder persönliche Einladungen für Entscheidungsträger etwa zum «Bischofsdinner». Auch kirchliche Kinder- und Jugendarbeit fördere Verantwortungsethik und Sozialverhalten von späteren Eliten. Thematisiert werden auch Eliteversagen und -skepsis.

Orientierung um Gemeinwohl fördern

Zur evangelischen Verantwortungselite gehören dem Text zufolge evangelische Christen, die ihre gesellschaftliche Verantwortung aus christlicher Überzeugung wahrnehmen, ihre Fähigkeiten und Güter für andere und das Gemeinwesen einsetzen – etwa Entscheidungsträger aus Politik, Unternehmen, Gewerkschaften, Wissenschaft, Militär, Medien, Kultur und sozialen Bewegungen. «Ausgeschlossen werden damit Vorstellungen von Elite, die nur an Herkunft, Besitz oder Bildungsstand anknüpfen.»
Eliten könnten heute nur demokratisch orientiert sein, wird in dem Text hervorgehoben: «Sie müssen Eliten in der Demokratie und für die Demokratie sein." Zudem seien sie «Eliten auf Zeit» aufgrund von Leistung und durch überzeugende Arbeit und ethische Verantwortung.

Messlatte

«Wirtschaftliche Eliten sind keine guten Eliten, wenn sie nur das Wohl des jeweiligen Unternehmens oder der Wirtschaft im Auge haben. Eliten im Sport müssen die Verantwortung des Sports für Gesellschaft und Politik im Blick haben. Kirchliche Eliten dürfen sich nicht auf die Verwaltung des Religiösen beschränken», formuliert das EKD-Papier. Elitebildung setze zudem soziale Offenheit und sozialen Aufstieg voraus. Eliteförderung sei nur dann gerechtfertigt, wenn sie darauf abziele, dass die Schwächeren von heute die Elite von morgen sein können.

Zum Thema:
Das EKD-Papier «Evangelische Verantwortungseliten»

Datum: 11.04.2011
Quelle: Livenet / EKD / EPD

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