Fraser, Professorin am King's College in London, untersuchte an Mäusespermien im Reagenzglas, wie drei Umwelt-Östrogene und ein natürliches Östrogen das letzte Entwicklungsstadium der Spermien beeinflussten, die so genannte Kapazitation, bei der die Spermien fähig werden, ein Ei zu befruchten. Bei den Umwelt-Östrogenen handelte es sich um Genistein, das in Soja und anderen Hülsenfrüchten vorkommt, 8-Prenylnaringenin, das in Hopfen vorkommt, sowie um Nonylphenol, das in Industrieprodukten wie synthetischen Reinigungsmitteln, Farben, Umwelt- und Insektenvertilgungsmitteln zu finden ist. Diese wurden mit dem natürlichen Östrogen Östradiol 17ß (E2), das in der Vagina der Frau bzw. im Spermaplasma (also die Flüssigkeit, die den Samen enthält) des Mannes vorkommt, verglichen. Bei den Spermien, die die Kapazitation noch nicht abgeschlossen hatten, beschleunigten alle Östrogene die Entwicklung, so dass diese rascher fruchtbar wurden. Die Östrogene regten die Beweglichkeit, Kapazitation und die Akrosomenreaktion an. Bei dieser Reaktion werden Enzyme freigesetzt, die es der Samenzelle ermöglichen, in das Ei einzudringen. Die Forscher stellten fest, dass Umwelt-Östrogene die Akrosomenreaktion deutlich stimulierten. "Auf den ersten Blick scheint es, dass insbesondere Umwelt-Östrogene die Fertilität fördern", so Fraser. Diese Reaktionen könnten aber langfristig negative Auswirkungen haben, da nicht kapazitierte Zellen noch ehe sie eine befruchtete Eizelle erreichen, den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht haben könnten. Im nächsten Schritt will Fraser herausfinden, was bei menschlichen Spermien in vivo geschieht und nach Verbindungen in der Samenflüssigkeit suchen, die den Wirkungen der Umwelt-Östrogene entgegenwirken. "Im wirklichen Leben ist es leicht möglich, dass wir mehr als einer dieser Verbindungen ausgesetzt sind, z.B. als Bier trinkender, vegetarischer Maler oder Bauer", erklärte Fraser, die nun die Auswirkungen einer Kombination von Umwelt-Östrogenen auf Spermien erforschen will. Die Reproduktionsmedizinerin hegt den Verdacht, dass eine Kombination von Umwelt-Östrogenen selbst in einer sehr geringen Menge eine deutliche Wirkung hervorrufen könnte.
Datum: 03.07.2002
Quelle: pte online