Die grosse Sehnsucht nach Freiheit

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Endlich ein freier Mensch: Ich darf einfach sein
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«Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein!» Und unter den Wolken? Gibt es eine Freiheit, die auch die schönsten Ferien und das kühnste Abenteuer überdauert? Oder sind wir nur noch Sklaven unserer Zeit? Freiheit kann offensichtlich mehr sein.

Es war im Februar 1976, in einem Zimmer in Kandersteg. «I want to be free!» «Ich möchte frei sein!» Nur dieser eine Satz ging immer wieder über meine Lippen. Mein erster militärischer Wiederholungskurs lag vor mir. Welch grauenhafter Gedanke: Drei Wochen lang in seltsamen Kleidern und bei bitterer Kälte in der Gegend umherzuirren! Diese Gedanken liessen mich zivil ins Berner Oberland fahren. Die Waffe und die anderen Utensilien blieben im Keller. Es kam zu einigen Gesprächen. Schliesslich wurde mir folgender Vorschlag gemacht: entweder eine Uniform zu fassen und so gut es ging mitzumachen, oder für einige Monate «gesiebte Luft» zu atmen. Um besser entscheiden zu können, wurde ich für einige Zeit alleine in dieses Zimmer eingewiesen. Die Sehnsucht nach Freiheit, wie ich sie damals verstand, stieg beinahe ins Unermessliche. Ich rauchte eine Zigarette nach der andern. Einige Jahre später hatte ich eine Raucherlunge. Ich nahm mir die Freiheit zu rauchen. Aber ich konnte mit der Zeit nicht mehr richtig durchatmen.

Freiheit: Tun und Lassen wie man will?

Freiheit – was ist das überhaupt? Die Zitate nebenan lassen erahnen, dass das Verständnis dieses Begriffes sehr unterschiedlich ist. In meinem geschilderten Fall verstand ich Freiheit als Tun und Lassen, so wie ich es wollte: Niemand sollte mir dreinreden! Es geht dabei in Richtung Anarchie. Anarchie ist der Zustand der Herrschaftslosigkeit. Anarchie hat mit «Führerlosigkeit», aber auch mit «Zügellosigkeit» zu tun. Doch diese Art von Freiheit hat sich nicht bestätigt: Anarchie führt ins Chaos! Wo keine Führung, gar keine Zügel sind, da folgt das Chaos. Ich werde an die Geschichte erinnert, in der von Marionetten berichtet wird. Sie riefen zum Aufstand, zur absoluten Freiheit auf. Und sie gingen so weit, dass sie sich die Fäden durchschnitten. Sie hatten wohl die Freiheit, dies zu tun - aber es war nicht unbedingt förderlich für diese Marionetten...

Freiheit: Freier Sinn?

Es ist immer wieder spannend, nach den ursprünglichen Bedeutungen von Begriffen zu forschen. Das ist auch bei der Freiheit so. Der mittelhochdeutsche Begriff «Vriheit», beziehungsweise die althochdeutsche «Friheit» bedeutet soviel wie: «Freier Sinn», beziehungsweise «verliehenes Vorrecht». Unsere Sinne sind frei! Da können wir doch so richtig aufatmen. Doch halt, was bedeutet denn der Sinn? Es geht dabei primär um den Verstand und um die Wahrnehmung. Darin sind wir frei. Sinn ist mit dem althochdeutschen «sinnen» verwandt. Das bedeutet: «reisen, gehen», beziehungsweise Reise und Gang. Anders ausgedrückt: Wir sind frei, in unseren Gedankengängen; frei, unseren Verstand ein- und auch auszuschalten und zu benützen.

Achtung: Informationsflut und Alltagssorgen

Allerdings ist diese Freiheit gefährdet. Die tägliche Informationsflut, der wir moderne Menschen ausgesetzt sind, könnte unter Umständen zu einem Stau unserer Gedankengänge führen. Ist es da nicht grossartig, dass wir die Freiheit haben, auf gewisse Informationen zu verzichten? Wir kommen gerade von einigen wunderschönen Ferientagen im Burgund zurück. Es war so wohltuend, obwohl wir einige Tage ohne Zeitungen, ohne Fernseher und Radio auskamen. Wir überlebten diese medienlose Zeit nicht nur wunderbar, sondern konnten so richtig auftanken! Die Sinne wurden richtig frei. Freiheit für die Sinne, für den Verstand, die Gedanken – das ist wohltuend. Ob wir diese Art von Freiheit nicht mehr beanspruchen sollten? Könnte es sein, dass unsere Sinne zu fest mit Alltagssorgen belastet sind, die uns ein «freies Atmen» verunmöglichen?

Freiheit: Kein Sklave sein!

Interessant ist die Betrachtung des griechischen Begriffs für Freiheit. Diese Freiheit hatte ursprünglich einen stark politischen Charakter. Freiheit bedeutet: Ich bin nicht Sklave, sondern ich bin Vollbürger mit Rechten und auch mit Pflichten.

Was löst das wohl aus, wenn einem auf einer Galeere Geschindeten plötzlich mitgeteilt wird, dass die Ketten gesprengt werden, an Land gefahren wird und der bis anhin schwer Misshandelte und Ausgebeutete ein ganz neues Leben ohne Ketten beginnen kann? Die Freude muss wohl grenzenlos sein! Auch wenn nicht ganz sicher ist, ob es dann auch allen diesen Befreiten richtig wohl ist. Wer lange in Gefangenschaft ist, tut sich nachher oft schwer, sich frei zu bewegen.

Die grosse Befreiung

Wo stehen wir in Gefahr, Sklaven unserer Zeit zu sein? Eine mögliche Antwort, die sich da aufdrängt, ist unser Hang zum Perfektionismus und unser Leistungsdenken. An sich ist es ja positiv, wenn man etwas gut und zur Zufriedenheit aller Beteiligten erledigen will. Wo aber mein Selbstwertgefühl von der Zustimmung meiner Mitmenschen und vom Gelingen einer Aufgabe abhängig ist, da bin ich Sklave. Freiheit heisst in diesem Fall: Ich bin nicht wertvoll, weil ich Grossartiges leiste und alles perfekt mache, sondern ich bin wertvoll, weil ich wertvoll gemacht bin! Das zu erkennen, wurde schon für viele Menschen zur grossen Befreiung:

- «Ich muss nicht immer müssen!»
- «Ich muss mich nicht immer bestätigen.»
- «Ich muss nicht immer brillieren.»
- «Ich darf einfach sein!»

Wer sich so sehen kann, der scheint ein freier Mensch zu sein.

Freiheit: Selbst entscheiden dürfen!

König David hat einmal einen schönen Aspekt von Freiheit erwähnt, als er in Psalm 31,Vers 9 sagte: «Du hast meine Füsse auf weiten Raum gestellt.» Kennst du dieses weite Land, von dem David hier spricht? Es ist dieses Land, das uns einen Weitblick ermöglicht. Ein Land, in dem wir aufatmen können. Ein Land, in dem wir durch frisches Wasser aus der Lebensquelle erquickt werden.

Eine der grössten Freiheiten, die uns gegeben ist, ist die, dass wir uns entscheiden dürfen! Wir selber dürfen ja oder nein sagen. Das scheint ganz banal zu sein, ist es aber nicht. Es liegt zu einem grossen Teil an uns selber, in grosser Freiheit leben zu können. Dies geschieht in der Erkenntnis und dem persönlichen Ja dazu, dass uns der Sohn Gottes wirklich frei macht.

Wo Freiheit geschieht

Es war vor 25 Jahren. «I want to be free!» war das einzige, das über meine Lippen ging. Heute kann ich sagen: Ich bin frei! Ich bin frei geworden, als ich erkannte, dass Freiheit dort geschieht, wo ich in enger Beziehung mit dem Auferstandenen lebe.
Ich möchte mir meiner Freiheit mehr bewusst sein und auch dafür danken: Es tut gut, frei durchatmen zu können!

Datum: 17.01.2003
Autor: Thomas Prelicz
Quelle: Chrischona Magazin

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