Landis droht viel Ärger. Sein Arbeitgeber erklärt, dass man sich von Landis trennen werde, falls sich die A-Probe bestätigen sollte. Seine Mutter Arlene dazu: „Wenn es etwas Schlimmes war, hat er den Sieg nicht verdient.“ Landis Vorfahren waren Täufer aus der Schweiz, die wegen ihres Glaubens verfolgt und hingerichtet wurden. Floyd Landis zeigt sich total überrascht von dem Ergebnis. Er wird die Öffnung der B-Probe beantragen, um zu beweisen, dass es entweder ein natürlicher Prozess oder ein Fehler war, der dieses Ergebnis verursacht hat.“ Zwei Tage vor dem Tourstart unterzog sich Floyd Landis wie alle anderen Fahrer der medizinischen Untersuchung. Diese überstand er ohne Beanstandungen. Nur wenige Minuten nach Bekanntwerden der Positiv-Probe bei Landis kündigte das ZDF einen möglichen Ausstieg aus der Rad-Berichterstattung an. «Wir haben einen Fernsehvertrag über eine Sportveranstaltung und nicht über eine Pharma-Leistungsschau abgeschlossen», sagte ZDF-Chefredakteur Brender. Durchbeissen musste sich Landis schon in seiner Jugend. Er wuchs im Niemandsland von Pennsylvania in einer streng religiös geprägten Mennoniten-Familie auf. Sein Vater, ein Lastwagenfahrer, hielt nicht viel vom Radsport und verbot dem 15-jährigen Floyd das «unsinnige» Hobby. "Es gab keine Autos, kein Fernsehen, Sport galt als gotteslästerlich", erzählt Landis, "und Radfahren war nur gnadenhalber und nur mit züchtigen Baumwollhosen möglich." Doch Landis wollte Profi werden. «Also fing ich an, nachts zu fahren, ohne Licht, ohne Reflektoren. Geschlafen habe er dann in der Schule, witzelt er kürzlich. Das Fahrrad diente Floyd als Zeitmaschine, mit der der Teenager der Enge der religiösen Gemeinschaft entfliehen kann. „Ich liebte meine Eltern. Aber manche der Regeln erschienen mir einfach sinnlos. Interessiert es Gott wirklich, ob ich eine Radlerhose trage? Ich wollte aus dieser Enge ausbrechen“, erzählt Landis. Landis arbeitete weiter in einem Lebensmittelgeschäft und fuhr nebenbei Rad – 35´000 km im Jahr. Irgendwann entschloss er sich, das elterliche Haus zu verlassen. Er schaute auf die Landkarte und suchte die Stadt, die am weitesten von Lancaster entfernt ist. Er belud sein kleines Auto und fuhr los ins kalifornische San Diego. Die Landis stammen aus der Schweiz. Sie waren Täufer, verfolgt von der Regierung und von der Kirche. Der letzte Täufer, der in Zürich hingerichtet wurde, hiess – Hans Landis und stammte aus Hirzel. Viele Täufer flüchteten damals, im 16. und 17. Jahrhundert, nach Amerika. Dort konnten sie ihren Glauben frei leben. Hans Landis Nachfahre John Landis sprach im Jahr 2004 am Täufertag in der Schweiz. Mit Floyd Landis gewann nun ein Täufer-Sohn das prestigeträchtigste Radrennen. Während Floyd in Paris jubelte, blieb seine Familie in Farmersville, das zu Lancaster im US-Bundesstaat Pennsylvania gehört. Die Freude in Lancaster war riesig. Floyds Eltern Paul und Arlene jedoch sahen den Triumph ihres Sohnes nur mit Verspätung. Sie besitzen keinen Fernseher und schauten sich eine Aufzeichnung bei Freunden an. Ein Kuriosum am Wege: Während Floyd in Paris gewann, waren die Landis-Eltern selbst am Radeln. In Farmesville war Sonntagmorgen, und Paul und Arlene pedalten zu ihrer Kirche – gefolgt von einem Reporter und einem Lastwagen vom Fernsehen. Mama Arlene Landis sagt der Zeitung «Lancaster online», sie sei überwältigt. Die Leute würden sie auf der Strasse ansprechen. Fremde kämen an die Tür und gratulierten. Doch Vater Paul blieb auf dem Boden und verwies auf einen grösseren Helden – Jesus. An der Haustür heftete er eine Einladung zum Gottesdienst in der Martindale Mennonite Church. Tragisch: Inzwischen hatten seine Eltern ihren Frieden mit dem Profisport geschlossen. Doch sollte sich der Verdacht des Dopings bestätigen, bekommen die früheren Aussagen seiner Eltern über den Radsport wieder Gewicht. Sein Vater war der Auffassung, er würde sich damit dem Teufel und dem Höllenfeuer verschreiben. Ein Trost bleibt: Falls er schuldig ist, dann weiss Landis, dass er sich bei allen Beteiligten entschuldigen muss – auch bei Gott. Vielleicht findet Floyd Landis durch diese Vorkommisse zu seinen religiösen Wurzeln zurück. Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf Landis. Weiterführender Link: Autoren: Daniel Gerber / Bruno GraberVerbissen den Erfolg gesucht
Prominente Vorfahren
Landis fuhr zum Sieg – die Eltern zur Kirche
Die Freude war zunächst gross
Begegungstag in Zürich: Reformierte setzen Gedenktafel für verfolgte Täufer
Datum: 31.07.2006
Quelle: Livenet.ch