Aktion «Wirf Dein Killerspiel weg»

Der Streit darum, ob Computerspiele Jugendliche gewaltbereiter machen können, ist alt. Betroffene Familien der Opfer des Amoklaufs von Winnenden haben am letzten Samstag dazu aufgerufen, sogenannte "Killerspiele" öffentlich in einen Container in Stuttgart zu werfen. Kritiker bemängeln, damit werde erneut ein kausaler Zusammenhang zwischen Computerspiel und Amoklauf hergestellt, den es so nicht gebe.
Ausschnitt aus dem Plakat
Am 11. März wurden bei einem Amoklauf in Winnenden 15 Menschen getötet (Foto: AAW).

Das Wetter war am Samstag in Stuttgart nasskalt - trotzdem haben sich neben dem Container zahlreiche Gamer eingefunden, um mit den Mitgliedern des "Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden" (AAW) zu diskutieren. Auch wenn am Ende nicht sehr viele Spiele im Container gelandet sind, sei die Aktion trotzdem ein Erfolg gewesen, so das AAW. "Wir wollen, dass miteinander geredet wird und ein Zeichen setzen, dass Killerspiele aus den Kinderzimmern verbannt werden und Eltern sich dafür interessieren, was ihre Kinder tun", erklärte ein AAW-Sprecher.

Killerspiele verbieten, Waffenrecht verschärfen

Am 11. März 2009 hatte der 17-jährige Tim K. seinen Amoklauf in der Albertville-Realschule in Winnenden begangen. Dabei wurden 15 Menschen getötet, elf zum Teil schwer verletzt. Der Täter erschoss sich schliesslich selbst auf der Flucht vor der Polizei. Die betroffenen Familien des Amoklaufs hatten sich danach zum AAW zusammengeschlossen. Dieses hatte bereits öfters gefordert, dass "Computer-Killerspiele, die dazu dienen, Menschen zu ermorden", gesetzlich verboten werden. Eine weitere Forderung ist eine Verschärfung des Waffenrechts.

Direkter Zusammenhang umstritten

Über viele jugendliche Amoktäter wurde berichtet, dass sie regelmässig sogenannte Ego-Shooter gespielt hatten - so auch über Tim K. Ob es jedoch einen direkten Zusammenhang zwischen Computerspielen und Amoklauf gibt, darüber streiten Experten seit langem. Es sei völlig normal, dass die Jungen heutzutage regelmässig Ego-Shooter spielten, daher sei die Wahrscheinlichkeit gross, dass auch jugendliche Amokläufer dies taten, sagen einige Experten. Dass die Computerspiele die Täter in irgendeiner Weise zu ihrer Tat brachten, konnte bislang nicht nachgewiesen werden, ebenso wenig wie ein direkter Zusammenhang zwischen digitaler und realer Gewalt. Tim K. war zeitweise in psychologischer Behandlung und hatte in seinem Elternhaus einfachen Zugang zu Schusswaffen.

Erinnerung an Bücherverbrennungen

Im Internet stösst die Aktion des Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden denn auch auf reichlich Kritik. Wie die "Netzeitung" berichtet, nannten Nutzer des Netzwerks Twitter die Aktion "traurig", "seltsam" oder "weltfremd". Auf Spieler-Seiten wie giga.de oder eurogamer.de schrieben Leser in Kommentaren, dass sie sich an Bücherverbrennungen erinnert fühlten. Ein Spieler rief auf: "Man könnte ja auch seine Waffen abgeben und das Schusswaffengesetz verschärfen!" Viele beschwerten sich, dass die meisten Kritiker der so genannten "Killerspiele" über 50 Jahre alt seien und derartige Spiele nie selbst ausprobiert hätten. Ein User hinterliess den Kommentar: "Wahrscheinlich fühlen sich die Eltern danach noch richtig gut und gehen fröhlich nach Hause, um ihre Kinder weiterhin nicht zu beachten."

Das Aktionsbündnis hatte im Vorfeld der Aktion über 500 "zum Teil sehr unverschämte und beleidigende" E-Mails mit Androhungen erhalten. Umso mehr freuen sich die Initianten, dass es am Samstag friedlich blieb und die beiden Parteien fair miteinander umgegangen seien.

Datum: 21.10.2009
Quelle: Livenet / PRO

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