Nicht besser, aber besser dran

Ein schlauer Mensch hat mal gesagt: "Christen sind nicht besser, aber besser dran." - Damit soll ausgedrückt werden, dass Christen mitnichten automatisch die besseren Menschen sind, aber dass sie wissen, wie sie mit ihrem Versagen umgehen müssen. Wir sind nicht besser, aber besser dran.
Trotzdem: In mir sperrt sich was, wenn ich höre, dass ich besser dran sei als meine nichtgläubige Umgebung.

Ein paar Beispiele dazu: Was tue ich als Kind Gottes, wenn einer anfängt so richtig auf meinem frommen Gerede rumzuhacken und einfach nicht locker lässt? Also, ich würde diesen Typen manchmal am liebsten an die Gurgel gehen... - Oder was tue ich als Kind Gottes, wenn's in meiner Ehe krieselt und mir dann auch noch eine nette Blonde über den Weg läuft?

Weltmenschen haben da oft nicht so die Probleme. Dann setzt man halt die Ehe in den Sand. Lass ich mich scheiden, geht's mir wieder besser... Nur nicht die Christen, die beißen sich durch in Eheseminaren und Partner-Workshops. - Oder was tue ich als Kind Gottes, wenn ich das Gefühl hab, Gott kümmert sich um alle seine Schäfchen, aber mich lässt er verhungern?

Mein Glaube gerät ins Wanken, mein Lebensmut ist dahin, die Zweifel sprießen wie Unkraut... Da wird viel in sich reingefressen, oh ja. Längst nicht jeder Christ traut sich auch mal, Gott ne Standpauke zu halten - leider. Gott tät's aushalten, soviel steht fest. Das Korsett der Gebote Gottes, die für seine Kinder zum Leben gegeben sind, das kann einem manchmal richtig eng vorkommen und tierisch kneifen.

Auch der Beter in Psalm 34 wusste das. Da heißt es: Der Gerechte muss viel erleiden, aber aus alledem hilft ihm der Herr. (Psalm 34,20)
Der Gerechte muss viel erleiden, oh ja, das kenn ich. Druck von außen, Druck von innen, Druck aus den eigenen Reihen, und in all dem hab ich das Gefühl, Gott steht daneben und schaut zu.

Doch, Gottlob, wenn's dann wirklich einmal schief geht, wenn ich dem Druck nicht mehr standhalte, wenn also ein Joseph seine eigenen Brüder zum Geier wünscht, oder wenn ein David sich mit krimineller Energie an die Frau seines Nachbarn ran macht, oder wenn ein Petrus nicht nur mit Malchus redet, sondern ihm gleich das Ohr abhackt, wenn also Kinder Gottes sogar alle Stoppschilder überfahren, auch dann gilt der zweite Teil des Verses: "...aus alledem hilft ihm der Herr."

Und so blättere ich gleich weiter zu Psalm 42: "Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist." Ist also doch was dran: Wir sind nicht besser, wirklich nicht, aber vielleicht ja doch besser dran.

Datum: 29.10.2002
Autor: Kai Rinsland
Quelle: ERF Deutschland

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