Auch wir erleben chaotische Situationen. Meist bewerten wir sie als negativ. Wir erleben sie als Zumutung, manchmal auch als Sinnlosigkeit. Es fällt uns schwer, ihnen etwas Gutes abzugewinnen. Dabei haben chaotische Situationen nicht nur eine unheilvolle Seite. Paradoxerweise schafft Gott gerade in chaotischen Situationen Neues. Gerade in ihnen kann sich Gottes schöpferisches Wirken in neuer Weise entfalten. Das Volk Israel wird zum Beispiel auf den Weg durch das Chaos der Wüste geschickt. Landlosigkeit, Hunger, feindliche Angriffe und unsichere Zukunft erfährt es als mühselig und bedrohlich. Zwischendurch murrt es. Aber die Israeliten erfahren, dass Gott ihnen durch die chaotische Situation hindurch neues Leben schenkt. Sie erreichen das Gelobte Land und erhalten neuen Lebensraum. Chaos-Situationen erfordern Geduld, ein feines Gespür und Aufmerksamkeit für das Neue, das sich anbahnt. Für eine neue Ordnung, ein neues Verhalten und einen neuen Lebenssinn müssen wir allmählich bereit werden. Diese Wahrheit drückt Thomas S. Eliot in einem Gedicht treffend aus: Ich sagte zu meiner Seele:
Sei still – und warte ohne Hoffnung zu haben:
Denn Hoffnung wäre Hoffnung für die falsche Sache.
Warte ohne Liebe,
denn Liebe wäre Liebe am falschen Ort.
Es gibt Glaube,
aber der Glaube und die Liebe und die Hoffnung
sind ganz im Warten.
Warte – ohne zu denken.
Denn du bist noch nicht bereit für den richtigen Gedanken.
Warte,
damit die Dunkelheit zum Licht wird
und die Stille zum Tanz!
Datum: 29.10.2004
Autor: Roman Angst
Quelle: Bahnhofkirche Zürich