„Glaube an Gott und binde dein Kamel fest!“

Was der Glaube ist, was er kann und soll - darüber gibt es verschiedene Vorstellungen. Es gibt Menschen, die erhoffen sich vom Glauben eine Belohnung. Sie denken, der Glaube an Gott verschone sie vor den Anfordernissen des Alltags. Wenn sie nur genug beten, werde sich Gott schon nach ihren Wünschen richten. Aus dem Islam wird dazu ein wunderschönes Gleichnis überliefert:

Die Gläubigen kamen in Scharen, um die Worte des Propheten Mohammed zu hören. Ein Mann hörte besonders aufmerksam und andächtig zu, betete mit gläubiger Inbrunst und verabschiedete sich schliesslich vom Propheten, als es Abend wurde. Kaum war er draussen, kam er wieder zurückgerannt und schrie mit sich überschlagender Stimme: „Oh, Herr! Heute morgen ritt ich auf meinem Kamel zu dir, um dich, den Propheten Gottes, zu hören. Jetzt ist das Kamel nicht mehr da. Weit und breit ist kein Kamel zu sehen. Ich war dir gehorsam, achtete auf jedes Wort deiner Rede und vertraute auf Gottes Allmacht. Jetzt, oh, Herr, ist mein Kamel fort. Ist das die göttliche Gerechtigkeit? Ist das die Belohnung meines Glaubens? Ist das der Dank für meine Gebete?“ Mohammed hörte sich diese verzweifelten Worte an und antwortete mit einem gütigen Lächeln: „Glaube an Gott und binde dein Kamel fest.“ (aus: Der Kaufmann und der Papagei von Nossrat Peseschkin)

Diese kleine Geschichte zeigt, dass der Glaube uns nicht entbindet vor dem Tun dessen, was uns der gesunde Menschenverstand sagt. An Gott glauben heisst nicht leichtsinnig durchs Leben zu gehen und am Schluss Gott für die Folgen der Leichtsinnigkeit verantwortlich zu machen. Gott lässt sich nicht instrumentalisieren. Die Geschichte ermutigt uns, beides zusammen zu bringen: das Vertrauen auf Gottes Hilfe und unser eigenes Dazutun. Mit Gott im Rücken vermögen wir uns den Herausforderungen des Alltags zu stellen. „Glaube an Gott und binde dein Kamel fest!“

Datum: 10.02.2007
Autor: Roman Angst
Quelle: Bahnhofkirche Zürich

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