Simon Gisin

Ist Jesus Christus stärker als der Zauberer?

Ist Jesus Christus wirklich so mächtig, dass er mich und meine Familie vor den Gefahren im Leben schützen kann? Oder brauchen wir einen Fetisch? – Diese Fragen treiben viele Afrikaner um.
Glaube in Frage gestellt: ein junger Pastor.
Wer schützt mein Kind und meine Familie? Die Zauberei macht dem Glauben Konkurrenz.
Zeugen einer Taufe: Mit dem Ja zu Jesus ist es nicht getan.

Simon Gisin, der von 2002 bis 2006 für die Schweizer Allianz Mission SAM im westafrikanischen Guinea gearbeitet hat, beschreibt dieses Ringen um Sicherheit und Heil:

"Er weht wie ein stürmischer Wind durch die Dörfer von Kissidougou (Region im Landesinneren von Guinea). Er verspricht Schutz vor Dieben und bösen Zauberern. Die Rede ist vom grossen Medizinmann "Gbassa" mit seinem gleichnamigen Fetisch „Gbassa“. Seine dunklen Machenschaften sind jedoch nicht ganz billig. Wer seinen Schutz haben will, muss tief in die Tasche greifen. Der Einstiegspreis übersteigt den normalen Jahreslohn eines Arbeiters. Liegt dieser Betrag bereit, kommt der Medizinmann mit zehn weiteren Helfern um seinen Fetisch zu „installieren“.

Kost und Logis

Diese Einweihungszeremonie dauert eine Woche. Während der Einweihungszeit muss das Dorf diese Gruppe verköstigen. Die Gruppe gibt sich aber nicht mit einem einfachen Teller Reis mit Sauce zufrieden, es müssen jeden Tag ein Schaf oder eine Ziege und einige Hühner angeboten werden. In einer Gesellschaft, in der diese Tiere Reichtum bedeuten, ist das nicht ein ganz billiges Unterfangen.

Wenn der Medizinmann seine Rituale vollzogen hat und die Zeremonie beendet ist, wird der Fetisch aktiv. Dieser Fetisch verspricht nun, jeden Dieb, der in diesem Dorf etwas stiehlt und jeden Zauberer, der Böses im Sinn hat, zu töten. Wenn bei einem Toten Blut aus der Nase rinnt, hat folglich der „Gbassa“ zugeschlagen. Die zuständige Familie muss nun den Fetisch besänftigen und den Dorfvertretern des Fetisches einen halben Monatslohn, zwei Ziegen und vier Hühner abgeben. Damit Gbassa aktiv bleibt, muss man seinen Standort alle sechs Monate wechseln. Auch das geht nicht ohne Kosten. Das Dorf muss einen halben Jahreslohn aufbringen. Der „Schutz“ kommt also sehr teuer zu stehen.

Angst vor dem Bösen

Doch trotz dieser hohen Kosten, scheint der Gbassa Erfolg zu haben. Viele Dörfer haben ihn schon geholt und die Anfragen häufen sich. In einer Gesellschaft, in der jeder für sein eigenes Überleben kämpfen muss und keine persönlichen Reserven hat, ist es umso erstaunlicher, dass die Menschen dennoch bereit sind, eine so hohe Summe für einen solchen Fetisch zu bezahlen. Das zeigt jedoch, wie tief die Angst vor dem Bösen in den Herzen der Menschen verwurzelt ist und dass man zu allen erdenklichen Mitteln greift, um geschützt zu sein. Fetische bieten da eine verlockende Alternative.

Damit das Dorf die finanziellen Mittel aufbringen kann, wird jeder Bewohner aufgefordert einen Beitrag zu bezahlen. Wer nicht mitmacht, wird stark unter Druck gesetzt, bedroht und schliesslich aus der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen. Da man auf die Anderen angewiesen ist ist dies ein schweres Los.

Schwierige Situation für Christen

Für die Christen ist das eine grosse Herausforderung. Wer nicht mitmacht, wird verfolgt. Wie sehr es hart auf hart geht sehen wir in einem Dorf, in dem sich der Pastor gegen den "Gbassa" gestellt hat. Die Dorfchefs wurden so wütend, dass sie ihn holen liessen, ihn bedrohten und ihn sogar schlugen. Leider haben wir auch gesehen, wie ganze Dörfer, die als "christlich" galten, und hunderte von Menschen hatten, die in die Gemeinde kamen, diesem "Gbassa" erlagen und sich vom Glauben abgewandt haben.

In einem Dorf erzählte mir der Pastor, er hätte hunderte von Leuten in der Kirche gehabt, bevor dieser Fetisch kam. Da ich vor zuvor dort gepredigt hatte kann ich dies bestätigen. Als das Dorf beschloss diesen Medizinmann zu holen blieben am Schluss nur noch fünf Familien in der Gemeinde, die sich dagegen wehrten. Für diese Familien ist das Leben schwierig geworden, da sich das ganze Dorf gegen sie stellt. Doch sie stehen fest, da sie wissen, was ihnen Jesus bedeutet. Es ist aber tragisch, dass eine so grosse Gemeinde innert kurzer Zeit einfach „umgeweht“ wurde.

Vom Animismus geprägt

Das lässt uns fragen: Warum geschieht dies? Wo liegt die Wurzel dieses Problems? Die Leute sind sehr stark vom Animismus geprägt. Die ganze Familien- und Dorfgemeinschaft ist darauf aufgebaut und eingestellt. Die Furcht vor bösen Geistern und bösen Zauberern, ist sehr gross. Dagegen muss man sich schützen. Demzufolge muss man einen Zauberer engagieren, der mit seinen okkulten Kräften anderen überlegen ist und Schutz bietet. Wenn es nicht funktioniert und dennoch Krankheit, Tod oder Unglück über die Familie hereinbricht, sucht man weiter, bis man einen stärkeren Schutz gefunden hat.

Wenn nun das Evangelium oberflächlich verkündet wird und die Leute nicht erfahren haben und glauben können, dass Jesus alleine Sieger ist und nur er alleine ihnen helfen kann, ist für sie die Versuchung gross, nach anderen Schutzangeboten Ausschau zu halten. Sie haben keine wirkliche Bekehrung erlebt und leben immer noch in Angst vor bösen Mächten, gegen die sie sich mit allen Mitteln schützen müssen. Dazu kommt der Druck der Dorfgemeinschaft und des ungläubigen Teils der Familie. Dieser Druck kann sehr gross werden und es wird schwierig ihm zu widerstehen, wenn man sich nicht hundertprozentig an Jesus hält.

Das Evangelium verständlich verkünden

Wie kann man also das Evangelium verkündigen, damit Veränderung von Innen heraus geschieht und nachhaltig bleibt? Das ist eine entscheidende Frage und eine grosse Herausforderung zugleich. Das Wichtigste ist, das Evangelium so weiter zu geben, dass die Zuhörer es wirklich verstehen. Dies nennt man kontextualisieren. Man muss Begriffe und Bilder verwenden, mit denen die Zuhörer etwas anfangen können, die in ihre Kultur und in ihren Kontext passen und dort hinein reden.

In meinen Predigten versuche ich meistens eine biblische Geschichte als Basis zu nehmen. Die Leute hier hören unglaublich gerne Geschichten und da die Geschichten aus der Bibel der hiesigen Kultur sehr nahe sind, verstehen sie diese und können daraus etwas über Gott und das Leben mit Gott lernen. Die Begriffe Sünde, Vergebung und Gnade müssen tiefer erfasst und erklärt werden.

Doppelt genäht hält besser…?

Viele haben die Vorstellung, dass Gott eine billige Gnade anbietet. Sie meinen, sie könnten in einem Gebet Jesus das Leben übergeben (wie mit einer magischen Formel) und seien dann gerettet. Und sie denken: Was dann in meinem Leben geschieht, geht Gott nichts mehr an. Ich kann weiter so leben wie bisher und bin durch das Übergabegebet geschützt. Dann spielt es auch keine grosse Rolle, wenn ich noch einen Fetisch dazunehme. Es ist ja besser doppelt geschützt zu sein. Gott ist gut genug, um mich zu retten, hat aber keinen Einfluss auf mein Leben.

Gegen diese Haltung muss angekämpft werden und es muss gezeigt werden, dass Gott Herr in meinem Leben sein will, über mein Leben bestimmt und keine anderen Götter neben sich duldet. Diese Ansichten lassen sich auch vielfach auf eine zu oberflächliche Bekehrung zurückführen.

Persönlich miterlebt

Ich habe bei manchen Evangelisationseinsätzen mitgemacht und es haben sich einige bekehrt. Doch was heisst Bekehrung bei diesen Einsätzen? Derjenige, der sich bekehren will, kommt nach vorne. Er nennt seinen Namen und spricht das Übergabegebet nach. Nachdem der Pastor noch ein Segensgebet für ihn gesprochen hat, ist die Sache erledigt. Er ist jetzt Christ und ein neues Mitglied der Gemeinde. Doch wo bleibt das Sündenbekenntnis? Die wirkliche Umkehr, das Absagen vom Bösen und das sich Hinwenden zum Guten?

In vielen Bibelstellen wird uns dieser Zusammenhang deutlich vor Augen geführt ( beispielsweise bei der Jonageschichte): Bekehrung heisst, die Sündenvergebung in Anspruch nehmen und sich von den bösen Taten abwenden. Die Bekehrung muss eine Auswirkung im Leben des Gläubigen haben. Dieser Aspekt fehlt vielfach und so bleibt sie ein oberflächliches Lippenbekenntnis, das nicht tiefer greift. Bei Bekehrungen muss viel sorgfältiger gearbeitet und zum Beispiel anhand der zehn Gebote Busse getan werden.

Jesus stärker als alle Mächte

Weiter muss Jesus als Sieger über alle Mächte der Finsternis dargestellt werden. Die Leute sollen sehen und erleben, dass er sie beschützt, ihnen in schwierigen Situationen hilft und sie keine Angst mehr vor bösen Geistern und Zauberern haben müssen. So haben sie es nicht mehr nötig, andere Hilfen und Beschützer oder den Fetisch „Gbassa“, zu suchen. Das Wichtigste aber bleibt das Gebet. Wir können nichts ohne die Hilfe Jesu tun. Wir können nur tun, was in unserer Macht steht: so gut wie möglich kontextualisieren und bei Bekehrungen und Predigten aufmerksam und wachsam sein, doch schlussendlich ist es allein der Heilige Geist, der verändert und erneuert. Dafür muss man beten!"

Homepage der Schweizer Allianz Mission SAM

Autor: Simon Gisin
Bearbeitung Livenet

Datum: 08.06.2007
Quelle: SAM

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