EKD-Kirchenkonferenz

Wolfgang Huber ist neuer EKD-Ratsvorsitzender

Der berlin-brandenburgische Landesbischof Wolfgang Huber ist neuer Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die EKD-Synode und die Mitglieder der EKD-Kirchenkonferenz gaben dem 61-Jährigen gestern in Trier 121 von 135 Stimmen. Huber wird damit höchster Repräsentant von 26,5 Millionen Protestanten in Deutschland. Der bisherige Ratsvorsitzende Manfred Kock geht nach sechsjähriger Amtszeit in den Ruhestand. Huber hatte am Dienstag bei den Wahlen zum Rat der EKD den Einzug mit 104 von 144 Stimmen im ersten Wahlgang geschafft. Erst am späten Abend standen nach einem 13-stündigen Wahlmarathon die 15 Mitglieder des neuen EKD-Rates fest. Im Anschluss an die Wahl trat der neue Rat zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Dass dabei die Entscheidung fiel, den Berliner Bischof Wolfgang Huber als neuen Ratsvorsitzenden vorzuschlagen, war keine Überraschung. Huber war bereits im ersten Wahlgang - als einziger der im Vorfeld gehandelten Favoriten - mit grosser Stimmenmehrheit in den Rat gewählt worden. Synode und Kirchenkonferenz bestätigten den Vorschlag: Huber erhielt 121 von 135 Stimmen. Der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thueringen, Christoph Kähler, wurde mit 118 von 133 Stimmen zu Hubers Stellvertreter gewaehlt. Internetfernsehen von der Synodaltagung Premiere während der Synodaltagung: erstmals bietet die Internetarbeit der EKD auf ihrer Homepage Filmbeiträge an. Interviews, Ausschnitte von Vorträgen oder aus Pressekonferenzen - weltweit können so die Internetnutzer teilhaben am Synodengeschehen. Zwei Mitarbeiter der Evangelisches Medienhaus GmbH waren mit der Kamera unterwegs, geschnitten wurde direkt im Pressebüro. www.ekd.de/presse/397_pm209_2003_kamerablick.html www.ekd.de/synode2003/aufbau_filme_2003_nov.html Leicht wird die Aufgabe nicht Es ist das wichtigste Amt, das die Evangelische Kirche in Deutschland zu vergeben hat. Und doch gab es niemanden, der sich offiziell darum bewerben wollte. Schon bei der letzter Ratswahl schien Wolfgang Huber, das Amt schon beinahe sicher. Doch in letzter Minute und nach vielen Wahlgängen gewann ein Aussenseiter, einer, der ursprünglich gar nicht auf der Liste der Kandidaten gestanden hatte: Manfred Kock. Nun hat es doch geklappt: Wolfgang Huber ist seit 1994 Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg. Als Bischof in der Bundeshauptstadt zählt der 61-jährige Theologe zu den wichtigsten protestantischen Stimmen in Deutschland. Huber gilt als scharfer Analytiker und präziser Redner, der sich vernehmbar auch politisch zu Wort meldet. Der Bischof setzt sich für das Kirchenasyl ein und streitet für die Beibehaltung des Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach in Brandenburg. Der Theologieprofessor ist Mitglied im Nationalen Ethikrat. Der 61-jährige Huber profilierte sich in den vergangenen Jahren in der Funktion des Hauptstadtbischofs als Bindeglied zwischen Politik und Kirche. Als Mitglied des Nationalen Ethikrates schaltete er sich wiederholt in die Gentechnikdebatte ein und forderte etwa ein Einfuhrverbot von embryonalen Stammzellen. Bereits frühzeitig hatte Huber auch vor einem Irak-Krieg gewarnt. Zuletzt sprach er sich gegen das Kopftuch im Unterricht aus. Leicht ist die Aufgabe, die vor dem neuen Ratspräsidenten liegt, nicht. 24 lutherische, unierte und reformierte Landeskirchen muss er unter einen Hut bringen – schliesslich will die EKD am Ende ja mit einer Stimme sprechen. Der Aderlass der Kirchenaustritte hält an. Allein in der sechsjährigen Amtszeit von Kock als EKD-Ratschef verlor die evangelische Kirche etwa 1,2 Millionen Mitglieder. Hinzu kommen historisch bedingte Strukturprobleme; ausserdem gelten einige Landeskirchen als zu klein, Zusammenlegungen oder zumindest Konföderationen scheinen unvermeidbar. Auch die jüngste EKD- Mitgliederbefragung machte wenig Mut. Viele Mitglieder lassen sich danach nicht mehr für Engagement in der Kirche begeistern. Zudem wird vom Ratspräsidenten erwartet, die insgesamt 26,45 Millionen evangelischen Christen in der Öffentlichkeit zu vertreten. Er muss die Kirche gesellschaftlich wahrnehmbar machen, ohne in den Verdacht der Parteilichkeit zu geraten. Und das alles in einer Zeit, in der eine Mehrheit der evangelischen Christen die Kirche in erster Linie als Dienstleister sieht. Huber war der politischste Kandidat im Rennen. Immer wieder mischt er sich in die Tagespolitik ein - eine Zeitlang strebte er für die SPD ein Bundestagsmandat an. Allen Kandidaten für den Ratsvorsitz gemeinsam war, dass sie sich weder politisch noch theologisch als konservativ bezeichnen würden, wie es die Mehrheit der aktiven Kirchenmitglieder wohl ist. Bischof Dr. Wolfgang Huber Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, geboren 1942. Beruflicher Werdegang:
Der Favorit setzte sich durch: Landesbischof Wolfgang Huber, Berlin-Brandenburg, wurde als neuer EKD-Vorsitzender gewählt.

1966 - 1968 Vikar und Pfarrer in Württemberg
1968 - 1980 Mitarbeiter und stellvertretender Leiter der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft in Heidelberg
1980 - 1984 Professor für Sozialethik in Marburg
1984 - 1994 Professor für Systematische Theologie in Heidelberg
1983 - 1985 Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages
1989 Lilly Visiting Professor an der Emory University in Atlanta/USA
1994 Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg

Veröffentlichungen (Auswahl)
-Konflikt und Konsens. Studien zur Ethik der Verantwortung, 1990
-Friedensethik, 1990 (zus. mit H.-R. Reuter)
-Kirche und Öffentlichkeit, 2. Aufl.1991
-Die Tägliche Gewalt. Gegen den Ausverkauf der Menschenwürde, 1993
-Gerechtigkeit und Recht, Grundlinien christlicher Rechtsethik, 1996
-Kirche in der Zeitenwende. Gesellschaftlicher Wandel und Erneuerung der Kirche, 1998
-Der gemachte Mensch. Christliche Ethik und Biotechnik, 2002

Evangelische Kirche Deutschland

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat drei wichtige Gremien: Die Synode, den Rat und die Kirchenkonferenz.

SYNODE: Das Kirchenparlament repräsentiert die evangelischen Christen in Deutschland. Die EKD-Synode zählt 120 Mitglieder. 100 Synodale werden von den Landeskirchen nach demokratischer Wahl entsandt. 20 Synodale darf der Rat der EKD berufen, meist Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Der Vorsitzende der Synode wird Präses genannt. Die EKD-Synode hat die Aufgabe, Angelegenheiten, die die EKD betreffen, zu beraten und zu beschliessen. Dazu gehören der EKD-Haushalt, Kirchengesetze und Anträge. Einmal im Jahr kommt die Synode zusammen. Die Amtszeit der Synodalen beträgt 6 Jahre.

RAT: Das kirchenpolitische EKD-Leitungsgremium gilt als «Regierung» und wird auf der Synode in Trier neu gewählt. 14 Ratsmitglieder werden gemeinsam von der Synode und der Kirchenkonferenz für sechs Jahre gewählt. Dabei ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. Synoden-Präses Barbara Rinke ist automatisch Ratsmitglied. Der EKD-Ratsvorsitzende steht als höchster Repräsentant besonders in der Öffentlichkeit. Er wird auf Vorschlag des Rates ebenfalls von Synode und Kirchenkonferenz gewählt. Der Rat soll für die Zusammenarbeit der kirchlichen Werke und Verbände sorgen, die evangelischen Christen vertreten und zu Fragen des religiösen und gesellschaftlichen Lebens Stellung nehmen.

KIRCHENKONFERENZ: Dieses Gremium wird von den Leitungen der Gliedkirchen gebildet. Hier nehmen die Landeskirchen direkt Einfluss. Die Kirchenkonferenz hat die Aufgabe, die Arbeit der EKD und der Gliedkirchen zu beraten. Sie kann dem Rat und der Synode Vorlagen zuleiten und Anregungen geben.

Dem neuen Rat der EKD gehören für die nächsten sechs Jahre an:
1. Margit Fleckenstein, Rechtsanwältin und vereidigte Buchprüferin, Mannheim
2. Dr. Johannes Friedrich, Landesbischof, München
3. Hermann Gröhe, MdB, Rechtsanwalt, Neuss
4. Peter Hahne, Fernsehredakteur, Berlin
5. Dr. Wolfgang Huber, Bischof, Berlin
6. Prof. Dr. Christoph Kähler, Landesbischof, Eisenach
7. Dr. Margot Käßmann, Landesbischöfin, Hannover
8. Gudrun Lindner, Vormundschaftliche Betreuerin, Weissbach
9. Gerrit Noltensmeier, Landessuperintendent, Detmold
10. Margit Rupp, Direktorin im Oberkirchenrat, Stuttgart
11. Dr. Beate Scheffler, Abteilungsleiterin in der Staatskanzlei des Landes NRW, Bochum
12. Nikolaus Schneider, Präses, Düsseldorf
13. Marlehn Thieme, ass.-jur., Direktorin der Deutschen Bank AG, Bad Soden
14. Klaus Winterhoff, Juristischer Vizepräsident, Bielefeld

sowie
15. Barbara Rinke, Oberbürgermeisterin, Nordhausen, als Präses der zehnten Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland

Quellen: EKD-Newsletter/ZDF/afp/Tagesspiegel/taz/

Datum: 06.11.2003

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