„Aktion drei für zwei“

Wenn Pfarrer, Sigrist und Organist in der Mehrheit sind

Der Herbst ist die Zeit der Kirchensynoden. Wenn die Parlamente der reformierten Kantonalkirchen tagen, kommt die Vielfalt der reformierten Kirchen zum Ausdruck, aber auch bedenkliche Trends. Manchmal dringen die Synoden in ihren Debatten gar zu wirklich heissen Eisen vor.
Place St. François mit ref. Kirche in Lausanne
Kirche Sacre Coeur in Sion

Im Baselbiet stand der Antrag einer kleinen Kirchgemeinde zur Debatte, mit einer Änderung der kantonalen Kirchenordnung pro Jahr maximal sechs Sonntage ohne Gottesdienst zu ermöglichen. Auf Wunsch würde die Kirchgemeinde einen Fahrdienst in Nachbardörfer anbieten. Laut dem Antragsteller stellen in der Ferienzeit, wenn der Dorfpfarrer abwesend ist, nicht selten Pfarrperson, Sigrist und Organist im Gottesdienst die Mehrheit: Er wird von bloss zwei Gemeindemitgliedern besucht. Der Pfarrer von Wintersingen, der den Antrag seiner Kirchenpflege vorbrachte, sprach von einer „Aktion drei für zwei“.

BL: Gottesdienste nicht ersatzlos streichen

Die Synodalen wollten jedoch Gottesdienste nicht ersatzlos streichen. «‹Kirche heute geschlossen› ist ein schlechtes Signal, und ich frage mich, ob wir uns das heute überhaupt noch leisten können», erklärte Kirchenratspräsident Markus Christ. Der Kirchenrat wurde von der Synode beauftragt, kreative Alternativen zu suchen.

AG: Homosexualität…

Die Aargauer reformierte Kirchensynode befasste sich nochmals mit der Homosexualität. 1998 hatte sie nach kontroverser Diskussion die grundsätzliche Gleichstellung homosexuell lebender Menschen in der reformierten Landeskirche beschlossen und eine Kommission für gleichgeschlechtliche Lebensformen eingesetzt. Sie hält nun in ihrem Schlussbericht fest, dass homosexuelle Paare nur selten eine kirchliche Segnungsfeier wünschten. Seit 2001 können reformierte PfarrerInnen im Aargau eine solche Feier nach Absprache mit der Kirchenpflege durchführen. Die Kommission wurde aufgelöst; es hiess, das Thema sei nun erschöpfend behandelt und fortbestehende Meinungsunterschiede könnten nicht aufgelöst werden.

…und Rechtsschutz

Weiter wählte die Synode Urs Karlen aus Magden zum Kirchenrat. Sie verabschiedete Reglemente für das Rekursgericht und die neue, dem Kirchenrat vorgelagerte Schlichtungskommission. Die beiden Gremien sollen den Rechtsschutz in der Kirche gewährleisten. Für die Eglise Française, die rund 1400 französischsprachige Reformierte anspricht, wird eine 80-Prozent-Pfarrstelle geschaffen. Nächstes Jahr feiert die Aargauer Kirche mit den Zürchern den 500. Geburtstag des Reformators Heinrich Bullinger; er stammte aus dem Städtchen Bremgarten.

GL: Mitgliederschwund

Die Glarner Synodalen debattierten darüber, wie auf den Mitgliederschwund und den markanten Einbruch an Steuereinnahmen zu reagieren wäre. Von 1990 bis 2000 verloren die 16 Kirchgemeinden 13 Prozent ihrer Mitglieder wegen Abwanderung, Austritten und wenig Geburten. Kirchenrat und Synode wollen die Zusammenarbeit unter Nachbargemeinden intensivieren. Ein Antrag, die Pfarrstellenprozente sogleich zu reduzieren, scheiterte nur knapp. Der Finanzchef der Landeskirche sagte, es sei unumgänglich, die Ausgaben drastisch zu reduzieren.

FR: mehr Geld für den Kirchenbund

An der Freiburger Synode wurde Besorgnis laut angesichts der ständig steigenden Beiträge, welche an den Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund (neuer Verteilschlüssel), die Konferenz der Westschweizer Kirchen und die Kirchenkonferenz Kiko zu leisten sind. Auch die Beiträge an die Bibelgesellschaft und an die Reformierten Medien gaben zu reden.

VS, TI: Regionalisierung, Laiensonntag

Die Walliser Reformierten wollen die Lasten unter den 12 Kirchgemeinden besser ausgleichen und drei Regionen bilden (Unter-, Mittel- und Oberwallis). Ein Projektpapier für ein Leitbild wurde gutgeheissen. Im Tessin stand die Einführung eines Laiensonntags zur Diskussion einführen. An einem Sonntag pro Jahr sollen Laien den Gottesdienst gestalten und leiten. Die Synode will aber erst nächstes Jahr darüber entscheiden.

VD: Evangelische Buchhandlung muss schliessen

Die Synode der Waadtländer Reformierten hat die Schliessung der evangelischen Buchhandlung de l’Ale beschlossen. Die Buchhandlung bewegte sich seit 1998 stets am Rande des Konkurses. Nun soll ein Abkommen mit der führenden Buchhandlung Payot in ihren Läden einen Platz für christliche und religiöse Literatur sichern. Die Macher der Kirchenzeitung ‚Bonne Nouvelle’, die zehnmal jährlich an die Haushaltungen des Kantons geht, wurden ermahnt, das christliche und protestantische Profil des Blatts zu betonen. - Die Synoden der beiden grossen Landeskirchen Bern-Jura-Solothurn und Zürich tagen in den nächsten Wochen.

Nähere Infos und Links zu den Kantonalkirchen: www.ref.ch

Datum: 22.11.2003
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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