"Eine Kollegin von mir entwirft Kleider", blickt Claudio zurück. "Diese sind recht trendy, darum sollte sie ihre Kollektion in einer Jugendsendung beim Schweizer Fernsehen vorführen. Dazu brauchte sie Models, ich war als einziger Mann dabei." Das war im Sommer 1999. "Ich war zuvor noch nie an einer Modeschau gelaufen und hatte noch kein einziges Modefoto aufgenommen. Deborah Siegenthaler, die Moderatorin der Sendung, sagte mir anschliessend aber: 'Du machst das stark. Du musst zu einer Agentur gehen!'" Da man einer Frau - zumindest bei solchen Aussagen - nicht widersprechen sollte, schaute sich Claudio um und kam bei der Agentur "Model Point" in Basel unter. Dort lebte der angehende Zollbeamte damals. Nach den ersten Aufträgen arbeitete er bereits zugleich für die Zürcher Agentur "Take That". Dank seiner Natürlichkeit und jugendlichem Elan gehörte Claudio, der neben Alkohol- und Zigaretten- auch auf Pelzwerbung verzichtete, zu den "leichtvermittelbaren" Outputs der Schönheitsindustrie. "Ich arbeitete ganze Wochen für Kleiderfirmen." Modeln sei für ihn kein Wertgewinn, versichert der ehemalige Mr. Schweiz: "Durch Gehen auf dem Laufsteg bin ich kein besserer Mensch. Es ist aber interessant, in eine andere Welt hineinzusehen, in eine Welt, in die viele hineinschauen wollen, aber keine Möglichkeit dazu haben. Daher fühle ich mich privilegiert. Ich begann rasch, mich bewusster zu kleiden, mehr auf gewisse Kleidermarken zu achten. Ob das gut ist, darüber kann man sich streiten. Mein Leben wollte ich aber nie auf den Model-Job gründen. So schnell wie die Schönheit gekommen ist, so schnell kann sie vergehen, von einem Tag auf den anderen. Plötzlich ist dein Aussehen nicht mehr gefragt, oder dir passiert ein Unfall. Ich wusste, dass ich nicht dem Model-Typ entspreche, der international gesucht wird. Grosse Chancen rechnete ich mir also nicht aus. Modeln sollte ein Hobby sein, mit dem ich sogar noch etwas verdienen kann. Auf Illusionen verzichtete ich gänzlich, damit ich nicht enttäuscht würde. Später 'mal davon zu leben, davon träumte ich nicht einmal." Enthüllungen über ausgenutzte Models sorgen regelmässig für Schlagzeilen. Geschichten über den Manager, der seine weiblichen Schützlinge am liebsten in horizontal Lage vor sich räkeln sieht und ihnen vor dem Gang in die Waagrechte eine Karriere in der Senkrechten verspricht, bis hin zu Lohndumping lassen die Modelszene nicht zur Ruhe kommen. "Sex mit dem Manager, der dafür den Karrierekick verspricht, gibt es in der Schweiz selten", weiss Claudio Minder. "Die Szene hier ist eher beschaulich." Anders sieht dies bei den Finanzen aus. "Dauernd wollten Kunden die Agentur umgehen, um uns Models gar nicht oder deutlich schlechter bezahlen zu müssen. Sie versprechen: Es wäre für dich eine gute Promotion. Etwas das man später vorweisen könne." Claudio wurde selbst oft mit solchen Versprechen geködert. "Eine gute Sache für dich, Schlag ein!" Schade, so Claudio, sei, dass es Leute gibt, die sich gerne ausnützen lassen, weil sie einen Sinn dahinter sähen. "Sie sind süchtig nach Erfolg. Oft höre ich, sie würden kaum honoriert. Aber sie machen's trotzdem, in der Hoffnung weiterzukommen. Einsteiger werden von einigen 'Kunden' wie eine Zitrone ausgequetscht. Anfangs ist es schwierig, diese 'Geschäfte' zu umgehen. Ich selbst kann mittlerweile davon leben. Dank dem Titel. Neben Fotos und Laufsteg werde ich für Anlässe aller Art gebucht, an die andere Models nicht gelangen können. Dies dank dem Titel, nicht dem Aussehen. Ohne dem Mr.-Schweiz-Aufhänger könnte ich auch heute wohl noch nicht davon leben." "Immerhin, meine Arbeitszeit am Zoll reduzierte ich von hundert auf achtzig Prozent. Im Sommer 1999 begann ich mit Modeln, und bis die Mister-Geschichte Anfang 2000 ins Rollen kam, hatte ich bereits etwa 50 Aufträge erledigt. Der längste davon dauerte zwei Wochen, die kürzesten zwei Stunden. Andere haben mehr Aufträge. Anfangs nahm ich die meisten Aufträge an, einiges würde ich heute nicht mehr tun. Platten legen zum Beispiel. Es war für mich schwer vorstellbar, dass eine Firma anstelle ihrer eigenen Arbeiter ein Model hinstellt, das die Abläufe simuliert. Statt eines rauhen Arbeiters mit rauhen Händen - von denen sogar die Platten im Fotostudio verlegt wurden - kommt der herausgeputzte Claudio. Zwar in Arbeitskleidern und mit Bartstoppeln, aber trotzdem irgendwie verdächtig. Ich dachte, das passt voll nicht ins Bild. Ebenfalls ein komisches Bild lieferte ich nach einem Auftrag der Firma 'Schwarzkopf'. In ihren Studios schulen sie Leute aus dem ganzen Friseur-Sektor. Ich war eines von zehn Haarmodels. Fünf Stunden sass ich an Ort und Stelle, und ständig fummelte mir jemand in den Haaren herum. Einer massierte hier ein Gel rein, dann musste ich da noch unter eine Haube, und zwischendurch präsentierte ich auf dem Laufsteg den Zwischenstand. Eine Vorher-, Während- bis Endprodukt-Show. Dreimal wurden meine Haare gebleicht und zum Schluss mit einer weissen, silbrig schillernden Farbe getönt. Zuletzt hatte ich weisse Haare. Das war der Hammer: ein junger, dunklerer Typ mit weissen Haaren. Die Leute schauten. Auf dem Laufsteg und später auf der Strasse. An diesem Tag arbeitete die Firma mit zwei Model-Schichten. Wir sollten durch zehn andere Models abgelöst werden. Ich war bei der ersten Schicht dabei. Mich haben sie gleich behalten und bei der zweiten eine zusätzliche Stelle geschaffen. Zwei Tage später hatte ich mein erstes richtige Foto-Shooting bei meiner Agentur in Zürich. Ich rückte mit weissen Haaren an. Es kam an. Sie meinten: 'Damit können wir dich gut vermarkten. Die Firma Schwarzkopf ist eine gute Referenz.' Während drei Wochen behielt ich meine Haare ganz in weiss. Danach färbte ich sie für einen Fernsehauftritt um. Sonst hätte sich jeder zweite "Joggel" gefragt, was der Claudio für ein komischer bunter Vogel ist. Ich bin vielleicht extrovertiert. Aber gar so extrem dann doch nicht." Das Buch «Gold in Sicht – mein Leben als Mr. Schweiz» ist unter www.claudiominder.ch bestellbar. Falls Sie neu Livenet- und Jesus.ch – Partnermitglied oder Junior-Member werden, erhalten Sie das Buch gratis - zusätzlich zum Dankeschön-Geschenk. Bitte bei der Anmeldung unter http://www.livenet.ch/Support/Mitgliedschaft.php unter Bemerkungen „Buch Claudio Minder“ vermerken. Zum Start der Serie Claudio Minder: http://www.livenet.ch/www/index.php/D/article/14/8721/ "Geringe Chance"
Sex und Betrug
Verdächtiger Claudio
Weisse Haare
Gold in Sicht
Datum: 13.08.2003
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch