Hassen

Der Ausdruck »hassen« wird im Neuen Testament oft in dem uns geläufigen Sinn gebraucht: verabscheuen, anfeinden, als unleidlich bekämpfen, nach dem Leben trachten.

So ist das Wort überall da zu nehmen, wo von dem Hass die Rede ist, dem die Jünger Jesu ausgesetzt sein werden (zum Beispiel Matth. 5,44; 24,10; Luk. 6,22; Joh. 15,18. 19), den die Finsternis dem Licht entgegenbringt (Joh. 3,20), oder von der Haltung, die ein Christ den Werken der Finsternis gegenüber haben soll (Röm. 7,15; 12,9; Offb. 2,6).

Hassen bedeutet manchmal: verlassen, aufgeben

An einigen Stellen aber hat »hassen« eine andere Bedeutung; es steht in anderer Weise im Gegensatz zu »lieben«. Liebe bindet, verbindet; Hass scheidet, löst. Liebe ist Gemeinschaft, Hass ist Trennung.

In diesem Sinn meint es Jesus, wenn er sagt: es könne niemand sein Jünger sein, der nicht hasst Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern und dazu sein eigenes Leben (Luk. 14,26). Hassen bedeutet hier: sich lösen, verlassen, aufgeben (so übersetzt Albrecht).

Ein Jünger Jesu muss also im gegebenen Fall um des Dienstes willen seine nächsten Menschen verlassen. Mit der bürgerlichen Sicherheit, mit der unbedingten Bindung ans Familienleben ist es für ihn aus: er ist mobilisiert oder muss doch jeden Augenblick der Mobilmachung gewärtig sein. Hat er dann nicht die Kraft, sich von den Seinen zu lösen, so ist es erwiesen, dass er zum Dienst Jesu nicht taugt. Die grundsätzliche Stellung zur Familie wird in diesem Wort ebensowenig berührt wie die des Soldaten von einer militärischen Einberufung.

Sein Leben hassen heisst: sein Eigenleben aufgeben

Das eigene Leben hassen heisst: das Eigenleben aufgeben, seine privaten Neigungen, Beschäftigungen, Liebhabereien beiseite setzen, sich davon freimachen, wenn der Dienst es verlangt (Joh. 12,25). Das eine wie das andere (Aufgeben der Familie und Aufgeben der privaten Interessen) wird vom Einberufenen gefordert.

Die eben besprochene Stelle berührt sich sachlich mit der anderen: »Wer Häuser oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Kinder oder Äcker verlässt um meines Namens willen, der wird's hundertfältig empfangen« (Matth. 19,29).

Den Mammon hassen heisst: sich vom Geld unabhängig machen

Im Sinne von verlassen, sich lösen, ist hassen zu verstehen auch an der bekannten Stelle (Matth. 6,24): »Niemand kann zwei Herren dienen: entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.« Das bedeutet: Ein Knecht kann nicht gleichzeitig bei zwei Herren im Dienst stehen. Begibt er sich in ein neues Dienstverhältnis, so muss er das alte aufgeben; bindet er sich an einen Herrn, so löst er sich vom andern.

Oder, wenn er doch durchaus zweien gleichzeitig dienen will, wird er doch nicht beiden gleich dienen können: Der eine Dienst wird ihm wichtiger sein, der andere ein Beiwerk; den einen wird er ernst nehmen, den andern oberflächlich betreiben; der eine wird die Hauptsache sein, den andern wird er geringschätzen.

Darum ist ein solches doppeltes Dienstverhältnis als unwahr und unhaltbar zu liquidieren. Macht Ernst! So oder so! Warm oder kalt! Entweder der eine ist Herr oder der andere! Wollt ihr Gott dienen, so quittiert den Dienst des Mammon!

Dem Mammon dienen heisst: Schätze, Möbel, Kleider häufen oder seine Kraft aufreiben in Sorge um die Nahrung.

Datum: 10.12.2009
Autor: Ralf Luther
Quelle: Neutestamentliches Wörterbuch

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